ich es auch mit den andern. Ich lernte sehr fleißig, und nach und nach war ich schier den ganzen Tag in der Stube beschäftigt. Wenn ich eine freie Zeit hatte, so saß ich gerne nieder, nahm das Buch in die Hand, welches mir mein Lehrer zum Angedenken gegeben hatte, und dachte an den Mann, der damals bei uns gewesen war."
"In der Stube war alles geblieben, wie es einst gewesen war. Der große eichene Tisch stand noch in der Mitte, er hatte noch die Male, die wir entweder absichtlich mit dem Messer oder zufällig mit andern Werkzeugen in sein Holz gebracht hatten, er zeigte noch die vertrokneten Tintenbäche, welche entstanden waren, wenn mit dem Tintengefäße ein Unglük ge¬ schehen war, und wenn mit allem Waschen und Rei¬ ben keine Abhilfe mehr gebracht werden konnte. Ich zog die Fächer heraus. Da lagen noch in den meinigen meine Lehrbücher mit dem Röthel- oder Bleifederzei¬ chen in ihrem Innern, wie weit wir zu lernen hätten; es lagen noch die Papierhefte darinnen, in welchen die Ausarbeitungen unserer Aufgaben geschrieben waren, und es leuchteten die mit rother Dinte ge¬ machten Striche des Lehrers hervor, die unsere Fehler bedeuteten; es lagen noch die veralteten bestaubten Federn und Bleistiften darinnen. Eben so war es in
ich es auch mit den andern. Ich lernte ſehr fleißig, und nach und nach war ich ſchier den ganzen Tag in der Stube beſchäftigt. Wenn ich eine freie Zeit hatte, ſo ſaß ich gerne nieder, nahm das Buch in die Hand, welches mir mein Lehrer zum Angedenken gegeben hatte, und dachte an den Mann, der damals bei uns geweſen war.“
„In der Stube war alles geblieben, wie es einſt geweſen war. Der große eichene Tiſch ſtand noch in der Mitte, er hatte noch die Male, die wir entweder abſichtlich mit dem Meſſer oder zufällig mit andern Werkzeugen in ſein Holz gebracht hatten, er zeigte noch die vertrokneten Tintenbäche, welche entſtanden waren, wenn mit dem Tintengefäße ein Unglük ge¬ ſchehen war, und wenn mit allem Waſchen und Rei¬ ben keine Abhilfe mehr gebracht werden konnte. Ich zog die Fächer heraus. Da lagen noch in den meinigen meine Lehrbücher mit dem Röthel– oder Bleifederzei¬ chen in ihrem Innern, wie weit wir zu lernen hätten; es lagen noch die Papierhefte darinnen, in welchen die Ausarbeitungen unſerer Aufgaben geſchrieben waren, und es leuchteten die mit rother Dinte ge¬ machten Striche des Lehrers hervor, die unſere Fehler bedeuteten; es lagen noch die veralteten beſtaubten Federn und Bleiſtiften darinnen. Eben ſo war es in
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ich es auch mit den andern. Ich lernte ſehr fleißig,
und nach und nach war ich ſchier den ganzen Tag in
der Stube beſchäftigt. Wenn ich eine freie Zeit hatte,
ſo ſaß ich gerne nieder, nahm das Buch in die Hand,
welches mir mein Lehrer zum Angedenken gegeben
hatte, und dachte an den Mann, der damals bei uns
geweſen war.“
„In der Stube war alles geblieben, wie es einſt
geweſen war. Der große eichene Tiſch ſtand noch in
der Mitte, er hatte noch die Male, die wir entweder
abſichtlich mit dem Meſſer oder zufällig mit andern
Werkzeugen in ſein Holz gebracht hatten, er zeigte
noch die vertrokneten Tintenbäche, welche entſtanden
waren, wenn mit dem Tintengefäße ein Unglük ge¬
ſchehen war, und wenn mit allem Waſchen und Rei¬
ben keine Abhilfe mehr gebracht werden konnte. Ich
zog die Fächer heraus. Da lagen noch in den meinigen
meine Lehrbücher mit dem Röthel– oder Bleifederzei¬
chen in ihrem Innern, wie weit wir zu lernen hätten;
es lagen noch die Papierhefte darinnen, in welchen
die Ausarbeitungen unſerer Aufgaben geſchrieben
waren, und es leuchteten die mit rother Dinte ge¬
machten Striche des Lehrers hervor, die unſere Fehler
bedeuteten; es lagen noch die veralteten beſtaubten
Federn und Bleiſtiften darinnen. Eben ſo war es in
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Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 1. Pest u. a., 1853, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine01_1853/168>, abgerufen am 25.11.2024.
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