Rechtlichkeit Sitte und Lebenswandel sich auszeichnen. Ein anderer wurde in unserem Hause zu dieser Stelle gar nicht genommen. Er hatte die besondere Aufsicht über die Lehrlinge, weil diese noch einer Erziehung bedurften. Zum Lager erhielten wir ein Bett wie die Lehrlinge, und zur Bekleidung hatten wir das Kleid aller unserer Arbeiter."
"So begann die Sache. Aber auch hier war es genau wieder so, wie es in allen vorhergegangenen Dingen gewesen war. Der Bruder arbeitete schnell, und seine Arbeitsstüke waren schön. Ich machte es genau so, wie der Lehrmeister es angab, aber meine Stüke wurden nicht so, wie sie sein mußten, und wur¬ den nicht so schön wie die meines Bruders. Ich war aber außerordentlich fleißig. Des Abends saßen wir oft in der großen Gesprächstube der Arbeiter, und hörten ihren Reden zu. Es kamen auch böse Beispiele von Arbeitern vor, aber sie sollten uns nicht verloken, sondern sie sollten uns befestigen, und einen Abscheu einflößen. Der Vater sagte, wer leben soll, muß das Leben ken¬ nen, das Gute und das Böse davon, muß aber von dem Lezteren nicht angegriffen sondern gestärkt werden. An solchen Abenden holte ich den Arbeitern gerne Dinge, um welche sie mich schikten, Wein Käse und andere Ge¬ genstände. Sie hatten mich deßhalb auch sehr lieb."
Rechtlichkeit Sitte und Lebenswandel ſich auszeichnen. Ein anderer wurde in unſerem Hauſe zu dieſer Stelle gar nicht genommen. Er hatte die beſondere Aufſicht über die Lehrlinge, weil dieſe noch einer Erziehung bedurften. Zum Lager erhielten wir ein Bett wie die Lehrlinge, und zur Bekleidung hatten wir das Kleid aller unſerer Arbeiter.“
„So begann die Sache. Aber auch hier war es genau wieder ſo, wie es in allen vorhergegangenen Dingen geweſen war. Der Bruder arbeitete ſchnell, und ſeine Arbeitsſtüke waren ſchön. Ich machte es genau ſo, wie der Lehrmeiſter es angab, aber meine Stüke wurden nicht ſo, wie ſie ſein mußten, und wur¬ den nicht ſo ſchön wie die meines Bruders. Ich war aber außerordentlich fleißig. Des Abends ſaßen wir oft in der großen Geſprächſtube der Arbeiter, und hörten ihren Reden zu. Es kamen auch böſe Beiſpiele von Arbeitern vor, aber ſie ſollten uns nicht verloken, ſondern ſie ſollten uns befeſtigen, und einen Abſcheu einflößen. Der Vater ſagte, wer leben ſoll, muß das Leben ken¬ nen, das Gute und das Böſe davon, muß aber von dem Lezteren nicht angegriffen ſondern geſtärkt werden. An ſolchen Abenden holte ich den Arbeitern gerne Dinge, um welche ſie mich ſchikten, Wein Käſe und andere Ge¬ genſtände. Sie hatten mich deßhalb auch ſehr lieb.“
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0165"n="152"/>
Rechtlichkeit Sitte und Lebenswandel ſich auszeichnen.<lb/>
Ein anderer wurde in unſerem Hauſe zu dieſer Stelle<lb/>
gar nicht genommen. Er hatte die beſondere Aufſicht<lb/>
über die Lehrlinge, weil dieſe noch einer Erziehung<lb/>
bedurften. Zum Lager erhielten wir ein Bett wie die<lb/>
Lehrlinge, und zur Bekleidung hatten wir das Kleid<lb/>
aller unſerer Arbeiter.“</p><lb/><p>„So begann die Sache. Aber auch hier war es<lb/>
genau wieder ſo, wie es in allen vorhergegangenen<lb/>
Dingen geweſen war. Der Bruder arbeitete ſchnell,<lb/>
und ſeine Arbeitsſtüke waren ſchön. Ich machte es<lb/>
genau ſo, wie der Lehrmeiſter es angab, aber meine<lb/>
Stüke wurden nicht ſo, wie ſie ſein mußten, und wur¬<lb/>
den nicht ſo ſchön wie die meines Bruders. Ich war<lb/>
aber außerordentlich fleißig. Des Abends ſaßen wir<lb/>
oft in der großen Geſprächſtube der Arbeiter, und<lb/>
hörten ihren Reden zu. Es kamen auch böſe Beiſpiele von<lb/>
Arbeitern vor, aber ſie ſollten uns nicht verloken, ſondern<lb/>ſie ſollten uns befeſtigen, und einen Abſcheu einflößen.<lb/>
Der Vater ſagte, wer leben ſoll, muß das Leben ken¬<lb/>
nen, das Gute und das Böſe davon, muß aber von<lb/>
dem Lezteren nicht angegriffen ſondern geſtärkt werden.<lb/>
An ſolchen Abenden holte ich den Arbeitern gerne Dinge,<lb/>
um welche ſie mich ſchikten, Wein Käſe und andere Ge¬<lb/>
genſtände. Sie hatten mich deßhalb auch ſehr lieb.“<lb/></p></div></body></text></TEI>
[152/0165]
Rechtlichkeit Sitte und Lebenswandel ſich auszeichnen.
Ein anderer wurde in unſerem Hauſe zu dieſer Stelle
gar nicht genommen. Er hatte die beſondere Aufſicht
über die Lehrlinge, weil dieſe noch einer Erziehung
bedurften. Zum Lager erhielten wir ein Bett wie die
Lehrlinge, und zur Bekleidung hatten wir das Kleid
aller unſerer Arbeiter.“
„So begann die Sache. Aber auch hier war es
genau wieder ſo, wie es in allen vorhergegangenen
Dingen geweſen war. Der Bruder arbeitete ſchnell,
und ſeine Arbeitsſtüke waren ſchön. Ich machte es
genau ſo, wie der Lehrmeiſter es angab, aber meine
Stüke wurden nicht ſo, wie ſie ſein mußten, und wur¬
den nicht ſo ſchön wie die meines Bruders. Ich war
aber außerordentlich fleißig. Des Abends ſaßen wir
oft in der großen Geſprächſtube der Arbeiter, und
hörten ihren Reden zu. Es kamen auch böſe Beiſpiele von
Arbeitern vor, aber ſie ſollten uns nicht verloken, ſondern
ſie ſollten uns befeſtigen, und einen Abſcheu einflößen.
Der Vater ſagte, wer leben ſoll, muß das Leben ken¬
nen, das Gute und das Böſe davon, muß aber von
dem Lezteren nicht angegriffen ſondern geſtärkt werden.
An ſolchen Abenden holte ich den Arbeitern gerne Dinge,
um welche ſie mich ſchikten, Wein Käſe und andere Ge¬
genſtände. Sie hatten mich deßhalb auch ſehr lieb.“
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 1. Pest u. a., 1853, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine01_1853/165>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.