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Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 1. Pest u. a., 1853.

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Art, dann an der Wand eine hölzerne Bank und zwei
gelbangestrichene Schreine. Sonst war nichts vor¬
handen, man müßte nur ein kleines sehr schön aus
Birnholz geschniztes mittelalterliches Crucifix hieher
rechnen, das über dem ebenfalls kleinen Weihbrunnen¬
kessel an dem Thürpfosten hing.

Bei diesen Besuchen machte ich eine seltsame Ent-
dekung. Ich hatte schon in Schauendorf bemerkt, daß
der arme Pfarrer immer heimlich die Handkrausen
seines Hemdes in die Rokärmel zurük schiebe, als
hätte er sich ihrer zu schämen. Dasselbe that er auch
jezt immer. Ich machte daher genauere Beobachtungen,
und kam darauf, daß er sich seiner Handkrausen kei¬
neswegs zu schämen habe, sondern daß er, wie mich
auch andere Einblike in seine Kleidung belehrten, die
feinste und schönste Wäsche trug, welche ich jemals
auf Erden gesehen hatte. Diese Wäsche war auch
immer in der untadelhaftesten Weiße und Reinheit,
wie man es nach dem Zustande seiner Kleider nie ver¬
muthet hätte. Er mußte also auf die Besorgung die¬
ses Theiles die größte Sorgfalt verwenden. Da er
nie davon sprach, schwieg ich auch darüber, wie sich
wohl von selber versteht.

Unter diesem Verkehre ging ein Theil des Som¬
mers dahin.

Art, dann an der Wand eine hölzerne Bank und zwei
gelbangeſtrichene Schreine. Sonſt war nichts vor¬
handen, man müßte nur ein kleines ſehr ſchön aus
Birnholz geſchniztes mittelalterliches Crucifix hieher
rechnen, das über dem ebenfalls kleinen Weihbrunnen¬
keſſel an dem Thürpfoſten hing.

Bei dieſen Beſuchen machte ich eine ſeltſame Ent-
dekung. Ich hatte ſchon in Schauendorf bemerkt, daß
der arme Pfarrer immer heimlich die Handkrauſen
ſeines Hemdes in die Rokärmel zurük ſchiebe, als
hätte er ſich ihrer zu ſchämen. Dasſelbe that er auch
jezt immer. Ich machte daher genauere Beobachtungen,
und kam darauf, daß er ſich ſeiner Handkrauſen kei¬
neswegs zu ſchämen habe, ſondern daß er, wie mich
auch andere Einblike in ſeine Kleidung belehrten, die
feinſte und ſchönſte Wäſche trug, welche ich jemals
auf Erden geſehen hatte. Dieſe Wäſche war auch
immer in der untadelhafteſten Weiße und Reinheit,
wie man es nach dem Zuſtande ſeiner Kleider nie ver¬
muthet hätte. Er mußte alſo auf die Beſorgung die¬
ſes Theiles die größte Sorgfalt verwenden. Da er
nie davon ſprach, ſchwieg ich auch darüber, wie ſich
wohl von ſelber verſteht.

Unter dieſem Verkehre ging ein Theil des Som¬
mers dahin.

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[98/0111] Art, dann an der Wand eine hölzerne Bank und zwei gelbangeſtrichene Schreine. Sonſt war nichts vor¬ handen, man müßte nur ein kleines ſehr ſchön aus Birnholz geſchniztes mittelalterliches Crucifix hieher rechnen, das über dem ebenfalls kleinen Weihbrunnen¬ keſſel an dem Thürpfoſten hing. Bei dieſen Beſuchen machte ich eine ſeltſame Ent- dekung. Ich hatte ſchon in Schauendorf bemerkt, daß der arme Pfarrer immer heimlich die Handkrauſen ſeines Hemdes in die Rokärmel zurük ſchiebe, als hätte er ſich ihrer zu ſchämen. Dasſelbe that er auch jezt immer. Ich machte daher genauere Beobachtungen, und kam darauf, daß er ſich ſeiner Handkrauſen kei¬ neswegs zu ſchämen habe, ſondern daß er, wie mich auch andere Einblike in ſeine Kleidung belehrten, die feinſte und ſchönſte Wäſche trug, welche ich jemals auf Erden geſehen hatte. Dieſe Wäſche war auch immer in der untadelhafteſten Weiße und Reinheit, wie man es nach dem Zuſtande ſeiner Kleider nie ver¬ muthet hätte. Er mußte alſo auf die Beſorgung die¬ ſes Theiles die größte Sorgfalt verwenden. Da er nie davon ſprach, ſchwieg ich auch darüber, wie ſich wohl von ſelber verſteht. Unter dieſem Verkehre ging ein Theil des Som¬ mers dahin.

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 1. Pest u. a., 1853, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine01_1853/111>, abgerufen am 24.11.2024.