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Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 1. Pest u. a., 1853.

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"Nun an jener Tafel bin ich auch gesessen," sagte
ich, "und habe Euer Ehrwürden heute sogleich er¬
kannt."

"Das ist zu verwundern -- nach so vielen Jahren,"
sagte er.

"Mein Beruf bringt es mit sich," erwiederte ich,
"daß ich mit vielen Menschen verkehre, und sie mir
merke, und da habe ich denn im Merken eine solche
Fertigkeit erlangt, daß ich auch Menschen wieder
erkenne, die ich vor Jahren und auch nur ein einziges
Mal gesehen habe. Und in dieser abscheulichen Gegend
haben wir uns wieder gefunden."

"Sie ist, wie sie Gott erschaffen hat," antwortete
er, "es wachsen hier nicht so viele Bäume wie in
Schauendorf, aber manches Mal ist sie auch schön,
und zuweilen ist sie schöner als alle andern in der
Welt."

Ich fragte ihn, ob er in der Gegend ansässig sei,
und er antwortete, daß er sieben und zwanzig Jahre
Pfarrer in dem Kar sei. Ich erzählte ihm, daß ich
hieher gesendet worden sei, um die Gegend zu ver¬
messen, daß ich die Hügel und Thäler aufnehme, um
sie auf dem Papiere verkleinert darzustellen, und daß
ich in der Hochstrasse draußen wohne. Als ich ihn
fragte, ob er oft hieher komme, erwiederte er: "ich

„Nun an jener Tafel bin ich auch geſeſſen,“ ſagte
ich, „und habe Euer Ehrwürden heute ſogleich er¬
kannt.“

„Das iſt zu verwundern — nach ſo vielen Jahren,“
ſagte er.

„Mein Beruf bringt es mit ſich,“ erwiederte ich,
„daß ich mit vielen Menſchen verkehre, und ſie mir
merke, und da habe ich denn im Merken eine ſolche
Fertigkeit erlangt, daß ich auch Menſchen wieder
erkenne, die ich vor Jahren und auch nur ein einziges
Mal geſehen habe. Und in dieſer abſcheulichen Gegend
haben wir uns wieder gefunden.“

„Sie iſt, wie ſie Gott erſchaffen hat,“ antwortete
er, „es wachſen hier nicht ſo viele Bäume wie in
Schauendorf, aber manches Mal iſt ſie auch ſchön,
und zuweilen iſt ſie ſchöner als alle andern in der
Welt.“

Ich fragte ihn, ob er in der Gegend anſäſſig ſei,
und er antwortete, daß er ſieben und zwanzig Jahre
Pfarrer in dem Kar ſei. Ich erzählte ihm, daß ich
hieher geſendet worden ſei, um die Gegend zu ver¬
meſſen, daß ich die Hügel und Thäler aufnehme, um
ſie auf dem Papiere verkleinert darzuſtellen, und daß
ich in der Hochſtraſſe draußen wohne. Als ich ihn
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[93/0106] „Nun an jener Tafel bin ich auch geſeſſen,“ ſagte ich, „und habe Euer Ehrwürden heute ſogleich er¬ kannt.“ „Das iſt zu verwundern — nach ſo vielen Jahren,“ ſagte er. „Mein Beruf bringt es mit ſich,“ erwiederte ich, „daß ich mit vielen Menſchen verkehre, und ſie mir merke, und da habe ich denn im Merken eine ſolche Fertigkeit erlangt, daß ich auch Menſchen wieder erkenne, die ich vor Jahren und auch nur ein einziges Mal geſehen habe. Und in dieſer abſcheulichen Gegend haben wir uns wieder gefunden.“ „Sie iſt, wie ſie Gott erſchaffen hat,“ antwortete er, „es wachſen hier nicht ſo viele Bäume wie in Schauendorf, aber manches Mal iſt ſie auch ſchön, und zuweilen iſt ſie ſchöner als alle andern in der Welt.“ Ich fragte ihn, ob er in der Gegend anſäſſig ſei, und er antwortete, daß er ſieben und zwanzig Jahre Pfarrer in dem Kar ſei. Ich erzählte ihm, daß ich hieher geſendet worden ſei, um die Gegend zu ver¬ meſſen, daß ich die Hügel und Thäler aufnehme, um ſie auf dem Papiere verkleinert darzuſtellen, und daß ich in der Hochſtraſſe draußen wohne. Als ich ihn fragte, ob er oft hieher komme, erwiederte er: „ich

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 1. Pest u. a., 1853, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine01_1853/106>, abgerufen am 24.11.2024.