Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857.

Bild:
<< vorherige Seite

zu machen, und ihren Dank darzubringen. Wirklich,
wenn man die schlanken edlen Gestaltungen der Kirche
ansah, welche da einsam auf ihrem Hügel in einem
abgelegenen Theile des Landes stand, in dem man sie
gar nicht gesucht hätte, und die schon geschehenen Ver¬
besserungen betrachtete, welche ihre feinen Glieder wie¬
der zu Ansehn und Geltung brachten, so konnte man
nicht umhin, sich zu freuen, daß die reinen blauen Lüfte
wieder den reinen einfachen Bau umfächelten, wie sie
ihn umfächelt hatten, als er nach dem Haupte des längst
verstorbenen Meisters aus den Händen der Arbeitsleute
hervor gegangen war. Und wirklich mußte man sich
auch zum Danke verpflichtet fühlen, daß es einen Mann
gab, wie mein Gastfreund war, der aus Liebe zu schönen
Dingen, und ich muß wohl auch hinzufügen, aus Liebe
zur Menschheit, einen Theil seines Einkommens seiner
Zeit und seiner Einsicht opfert, um manch Edles dem
Verfalle zu entreißen, und vor die Augen der Menschen
wohlgebildete und hohe Gestaltungen zu bringen, daß
sie sich daran, wenn sie dessen fähig sind und den Willen
haben, erheben und erbauen können.

Das alles wußten aber die Gemeindeglieder nicht,
sie dankten nur, weil sie meinten, daß es ihre Schul¬
digkeit sei.

zu machen, und ihren Dank darzubringen. Wirklich,
wenn man die ſchlanken edlen Geſtaltungen der Kirche
anſah, welche da einſam auf ihrem Hügel in einem
abgelegenen Theile des Landes ſtand, in dem man ſie
gar nicht geſucht hätte, und die ſchon geſchehenen Ver¬
beſſerungen betrachtete, welche ihre feinen Glieder wie¬
der zu Anſehn und Geltung brachten, ſo konnte man
nicht umhin, ſich zu freuen, daß die reinen blauen Lüfte
wieder den reinen einfachen Bau umfächelten, wie ſie
ihn umfächelt hatten, als er nach dem Haupte des längſt
verſtorbenen Meiſters aus den Händen der Arbeitsleute
hervor gegangen war. Und wirklich mußte man ſich
auch zum Danke verpflichtet fühlen, daß es einen Mann
gab, wie mein Gaſtfreund war, der aus Liebe zu ſchönen
Dingen, und ich muß wohl auch hinzufügen, aus Liebe
zur Menſchheit, einen Theil ſeines Einkommens ſeiner
Zeit und ſeiner Einſicht opfert, um manch Edles dem
Verfalle zu entreißen, und vor die Augen der Menſchen
wohlgebildete und hohe Geſtaltungen zu bringen, daß
ſie ſich daran, wenn ſie deſſen fähig ſind und den Willen
haben, erheben und erbauen können.

Das alles wußten aber die Gemeindeglieder nicht,
ſie dankten nur, weil ſie meinten, daß es ihre Schul¬
digkeit ſei.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0092" n="78"/>
zu machen, und ihren Dank darzubringen. Wirklich,<lb/>
wenn man die &#x017F;chlanken edlen Ge&#x017F;taltungen der Kirche<lb/>
an&#x017F;ah, welche da ein&#x017F;am auf ihrem Hügel in einem<lb/>
abgelegenen Theile des Landes &#x017F;tand, in dem man &#x017F;ie<lb/>
gar nicht ge&#x017F;ucht hätte, und die &#x017F;chon ge&#x017F;chehenen Ver¬<lb/>
be&#x017F;&#x017F;erungen betrachtete, welche ihre feinen Glieder wie¬<lb/>
der zu An&#x017F;ehn und Geltung brachten, &#x017F;o konnte man<lb/>
nicht umhin, &#x017F;ich zu freuen, daß die reinen blauen Lüfte<lb/>
wieder den reinen einfachen Bau umfächelten, wie &#x017F;ie<lb/>
ihn umfächelt hatten, als er nach dem Haupte des läng&#x017F;t<lb/>
ver&#x017F;torbenen Mei&#x017F;ters aus den Händen der Arbeitsleute<lb/>
hervor gegangen war. Und wirklich mußte man &#x017F;ich<lb/>
auch zum Danke verpflichtet fühlen, daß es einen Mann<lb/>
gab, wie mein Ga&#x017F;tfreund war, der aus Liebe zu &#x017F;chönen<lb/>
Dingen, und ich muß wohl auch hinzufügen, aus Liebe<lb/>
zur Men&#x017F;chheit, einen Theil &#x017F;eines Einkommens &#x017F;einer<lb/>
Zeit und &#x017F;einer Ein&#x017F;icht opfert, um manch Edles dem<lb/>
Verfalle zu entreißen, und vor die Augen der Men&#x017F;chen<lb/>
wohlgebildete und hohe Ge&#x017F;taltungen zu bringen, daß<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;ich daran, wenn &#x017F;ie de&#x017F;&#x017F;en fähig &#x017F;ind und den Willen<lb/>
haben, erheben und erbauen können.</p><lb/>
        <p>Das alles wußten aber die Gemeindeglieder nicht,<lb/>
&#x017F;ie dankten nur, weil &#x017F;ie meinten, daß es ihre Schul¬<lb/>
digkeit &#x017F;ei.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[78/0092] zu machen, und ihren Dank darzubringen. Wirklich, wenn man die ſchlanken edlen Geſtaltungen der Kirche anſah, welche da einſam auf ihrem Hügel in einem abgelegenen Theile des Landes ſtand, in dem man ſie gar nicht geſucht hätte, und die ſchon geſchehenen Ver¬ beſſerungen betrachtete, welche ihre feinen Glieder wie¬ der zu Anſehn und Geltung brachten, ſo konnte man nicht umhin, ſich zu freuen, daß die reinen blauen Lüfte wieder den reinen einfachen Bau umfächelten, wie ſie ihn umfächelt hatten, als er nach dem Haupte des längſt verſtorbenen Meiſters aus den Händen der Arbeitsleute hervor gegangen war. Und wirklich mußte man ſich auch zum Danke verpflichtet fühlen, daß es einen Mann gab, wie mein Gaſtfreund war, der aus Liebe zu ſchönen Dingen, und ich muß wohl auch hinzufügen, aus Liebe zur Menſchheit, einen Theil ſeines Einkommens ſeiner Zeit und ſeiner Einſicht opfert, um manch Edles dem Verfalle zu entreißen, und vor die Augen der Menſchen wohlgebildete und hohe Geſtaltungen zu bringen, daß ſie ſich daran, wenn ſie deſſen fähig ſind und den Willen haben, erheben und erbauen können. Das alles wußten aber die Gemeindeglieder nicht, ſie dankten nur, weil ſie meinten, daß es ihre Schul¬ digkeit ſei.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/92
Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/92>, abgerufen am 24.11.2024.