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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857.

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früher verlassen solltest als wir dich, keine Verände¬
rung in allem, wie es sich in dem Hause und in der
Besizung vorfindet, machen wollen, damit dein theu¬
res Andenken bestehe und forterbe," sagten wir.

"Da thut ihr zu viel," antwortete er, "ihr ver¬
sprecht etwas, dessen Größe ihr nicht kennt. Diese
Bande darf ich nicht um euren Willen und eure Ver¬
hältnisse legen, sie könnten von den übelsten Folgen
sein. Wollt ihr mein Gedächtniß in manigfachem
Bestehenlassen ehren, thut es, und pflanzt auch euren
Nachkommen diesen Sinn ein, sonst ändert, wie ihr
wünscht, und wie es noth thut. Wir wollen, so lange
ich lebe, selber noch mit einander ändern verschönern
bauen; ich will noch eine Freude haben, und mit euch
zu ändern und zu wirken ist mir lieber, als wenn ich
es allein thue."

"Aber der Erlenbach muß als Denkmal der schö¬
nen Geräthe bestehen bleiben."

"Sezt eine Urkunde auf, daß ihm nichts angethan
werde von Geschlecht zu Geschlecht, bis seine Reste
vermodern, oder ein Wolkenguß ihn von seiner Stelle
feget."

Er küßte Natalien, wie er gerne that, auf die
Stirne, mir reichte er die Hand.

früher verlaſſen ſollteſt als wir dich, keine Verände¬
rung in allem, wie es ſich in dem Hauſe und in der
Beſizung vorfindet, machen wollen, damit dein theu¬
res Andenken beſtehe und forterbe,“ ſagten wir.

„Da thut ihr zu viel,“ antwortete er, „ihr ver¬
ſprecht etwas, deſſen Größe ihr nicht kennt. Dieſe
Bande darf ich nicht um euren Willen und eure Ver¬
hältniſſe legen, ſie könnten von den übelſten Folgen
ſein. Wollt ihr mein Gedächtniß in manigfachem
Beſtehenlaſſen ehren, thut es, und pflanzt auch euren
Nachkommen dieſen Sinn ein, ſonſt ändert, wie ihr
wünſcht, und wie es noth thut. Wir wollen, ſo lange
ich lebe, ſelber noch mit einander ändern verſchönern
bauen; ich will noch eine Freude haben, und mit euch
zu ändern und zu wirken iſt mir lieber, als wenn ich
es allein thue.“

„Aber der Erlenbach muß als Denkmal der ſchö¬
nen Geräthe beſtehen bleiben.“

„Sezt eine Urkunde auf, daß ihm nichts angethan
werde von Geſchlecht zu Geſchlecht, bis ſeine Reſte
vermodern, oder ein Wolkenguß ihn von ſeiner Stelle
feget.“

Er küßte Natalien, wie er gerne that, auf die
Stirne, mir reichte er die Hand.

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[440/0454] früher verlaſſen ſollteſt als wir dich, keine Verände¬ rung in allem, wie es ſich in dem Hauſe und in der Beſizung vorfindet, machen wollen, damit dein theu¬ res Andenken beſtehe und forterbe,“ ſagten wir. „Da thut ihr zu viel,“ antwortete er, „ihr ver¬ ſprecht etwas, deſſen Größe ihr nicht kennt. Dieſe Bande darf ich nicht um euren Willen und eure Ver¬ hältniſſe legen, ſie könnten von den übelſten Folgen ſein. Wollt ihr mein Gedächtniß in manigfachem Beſtehenlaſſen ehren, thut es, und pflanzt auch euren Nachkommen dieſen Sinn ein, ſonſt ändert, wie ihr wünſcht, und wie es noth thut. Wir wollen, ſo lange ich lebe, ſelber noch mit einander ändern verſchönern bauen; ich will noch eine Freude haben, und mit euch zu ändern und zu wirken iſt mir lieber, als wenn ich es allein thue.“ „Aber der Erlenbach muß als Denkmal der ſchö¬ nen Geräthe beſtehen bleiben.“ „Sezt eine Urkunde auf, daß ihm nichts angethan werde von Geſchlecht zu Geſchlecht, bis ſeine Reſte vermodern, oder ein Wolkenguß ihn von ſeiner Stelle feget.“ Er küßte Natalien, wie er gerne that, auf die Stirne, mir reichte er die Hand.

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857, S. 440. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/454>, abgerufen am 24.11.2024.