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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857.

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"Da heute unser Wettkampf unentschieden geblie¬
ben ist," sagte Risach zu meinem Vater, "so wollen
wir nun sehen, wer mit geringerem Aufwande seinen
Siz zu einem größeren Kunstwerke machen kann, du
deinen Drenhof, oder wenn du ihn lieber Gusterhof
nennen willst, oder ich meinen Asperhof."

"Du bist schon im Vorsprunge," entgegnete mein
Vater, "und hast gute Zeichner bei dir: ich fange erst
an, und mein Zeichner liefert mir wahrscheinlich keine
Zeichnung mehr."

"Wenn es uns im Asperhofe an Arbeit fehlt, so
werden wir in den Drenhof hinüber geliehen," sagte
Eustach.

"Auch dann, wenn wir hier Arbeit haben," erwie¬
derte Risach, "ich will dem Feinde Waffen liefern."

Der Nachmittag war ziemlich vorgerückt, und es
fehlte nicht mehr viel zum Abende. Das Mahl war
schon längst aus, und man saß nur mehr, wie es
öfter geschieht, im Gespräche um den Tisch.

Mir war schon länger her das Benehmen des Gärt¬
ners Simon aufgefallen; denn er, so wie die vorzüg¬
licheren Diener des Hauses und Meierhofes war zu
Tische geladen worden. Die andern hatten in dem
Meierhofe ein Mahl. Ich hatte ihm am Morgen zur

„Da heute unſer Wettkampf unentſchieden geblie¬
ben iſt,“ ſagte Riſach zu meinem Vater, „ſo wollen
wir nun ſehen, wer mit geringerem Aufwande ſeinen
Siz zu einem größeren Kunſtwerke machen kann, du
deinen Drenhof, oder wenn du ihn lieber Guſterhof
nennen willſt, oder ich meinen Asperhof.“

„Du biſt ſchon im Vorſprunge,“ entgegnete mein
Vater, „und haſt gute Zeichner bei dir: ich fange erſt
an, und mein Zeichner liefert mir wahrſcheinlich keine
Zeichnung mehr.“

„Wenn es uns im Asperhofe an Arbeit fehlt, ſo
werden wir in den Drenhof hinüber geliehen,“ ſagte
Euſtach.

„Auch dann, wenn wir hier Arbeit haben,“ erwie¬
derte Riſach, „ich will dem Feinde Waffen liefern.“

Der Nachmittag war ziemlich vorgerückt, und es
fehlte nicht mehr viel zum Abende. Das Mahl war
ſchon längſt aus, und man ſaß nur mehr, wie es
öfter geſchieht, im Geſpräche um den Tiſch.

Mir war ſchon länger her das Benehmen des Gärt¬
ners Simon aufgefallen; denn er, ſo wie die vorzüg¬
licheren Diener des Hauſes und Meierhofes war zu
Tiſche geladen worden. Die andern hatten in dem
Meierhofe ein Mahl. Ich hatte ihm am Morgen zur

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[424/0438] „Da heute unſer Wettkampf unentſchieden geblie¬ ben iſt,“ ſagte Riſach zu meinem Vater, „ſo wollen wir nun ſehen, wer mit geringerem Aufwande ſeinen Siz zu einem größeren Kunſtwerke machen kann, du deinen Drenhof, oder wenn du ihn lieber Guſterhof nennen willſt, oder ich meinen Asperhof.“ „Du biſt ſchon im Vorſprunge,“ entgegnete mein Vater, „und haſt gute Zeichner bei dir: ich fange erſt an, und mein Zeichner liefert mir wahrſcheinlich keine Zeichnung mehr.“ „Wenn es uns im Asperhofe an Arbeit fehlt, ſo werden wir in den Drenhof hinüber geliehen,“ ſagte Euſtach. „Auch dann, wenn wir hier Arbeit haben,“ erwie¬ derte Riſach, „ich will dem Feinde Waffen liefern.“ Der Nachmittag war ziemlich vorgerückt, und es fehlte nicht mehr viel zum Abende. Das Mahl war ſchon längſt aus, und man ſaß nur mehr, wie es öfter geſchieht, im Geſpräche um den Tiſch. Mir war ſchon länger her das Benehmen des Gärt¬ ners Simon aufgefallen; denn er, ſo wie die vorzüg¬ licheren Diener des Hauſes und Meierhofes war zu Tiſche geladen worden. Die andern hatten in dem Meierhofe ein Mahl. Ich hatte ihm am Morgen zur

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857, S. 424. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/438>, abgerufen am 25.11.2024.