worden, aber, wie ich glaube, gemilderter und sanfter. Ja sogar in seinen Augen, die noch glänzender gewor¬ den sind, erscheint mir etwas, das beinahe wie das Schmachten bei einem Mädchen ist."
"Es freut mich, daß ihr das auch bemerkt habt," sagte mein Gastfreund, "es ist so, und es ist sehr gut, wenn auch gefährlich, daß es so ist. Gerade bei sehr kraftvollen Jünglingen, deren Herz von keinem bösen Hauche angeweht worden ist, tritt in gewissen Jahren ein Schmachten ein, das noch holder wirkt als bei heranblühenden Mädchen. Es ist dies nicht Schwäche sondern gerade Überfülle von Kraft, die so reizend wirkt, wenn sie aus den meistens dunkeln sanftschim¬ mernden Augen blickt, und gleichsam wie ein Juwel an den unschuldigen Wimpern hängt. Solche Jüng¬ linge dulden aber auch, wenn böse Schicksalstage kommen, mit einem Starkmuthe, der der Krone eines Märtirers werth wäre, und wenn das Vaterland Opfer heischt, legen sie ihr junges Leben einfach und gut auf den Altar. Sie können aber auch zu falscher Begeisterung getrieben und mißbraucht werden, und wenn ein solches Jünglingsauge zu rechter Zeit in das rechte Mädchenauge schaut, so flammt die plöz¬ lichste heißeste aber oft auch unglücklichste Liebe em¬
worden, aber, wie ich glaube, gemilderter und ſanfter. Ja ſogar in ſeinen Augen, die noch glänzender gewor¬ den ſind, erſcheint mir etwas, das beinahe wie das Schmachten bei einem Mädchen iſt.“
„Es freut mich, daß ihr das auch bemerkt habt,“ ſagte mein Gaſtfreund, „es iſt ſo, und es iſt ſehr gut, wenn auch gefährlich, daß es ſo iſt. Gerade bei ſehr kraftvollen Jünglingen, deren Herz von keinem böſen Hauche angeweht worden iſt, tritt in gewiſſen Jahren ein Schmachten ein, das noch holder wirkt als bei heranblühenden Mädchen. Es iſt dies nicht Schwäche ſondern gerade Überfülle von Kraft, die ſo reizend wirkt, wenn ſie aus den meiſtens dunkeln ſanftſchim¬ mernden Augen blickt, und gleichſam wie ein Juwel an den unſchuldigen Wimpern hängt. Solche Jüng¬ linge dulden aber auch, wenn böſe Schickſalstage kommen, mit einem Starkmuthe, der der Krone eines Märtirers werth wäre, und wenn das Vaterland Opfer heiſcht, legen ſie ihr junges Leben einfach und gut auf den Altar. Sie können aber auch zu falſcher Begeiſterung getrieben und mißbraucht werden, und wenn ein ſolches Jünglingsauge zu rechter Zeit in das rechte Mädchenauge ſchaut, ſo flammt die plöz¬ lichſte heißeſte aber oft auch unglücklichſte Liebe em¬
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0420"n="406"/>
worden, aber, wie ich glaube, gemilderter und ſanfter.<lb/>
Ja ſogar in ſeinen Augen, die noch glänzender gewor¬<lb/>
den ſind, erſcheint mir etwas, das beinahe wie das<lb/>
Schmachten bei einem Mädchen iſt.“</p><lb/><p>„Es freut mich, daß ihr das auch bemerkt habt,“<lb/>ſagte mein Gaſtfreund, „es iſt ſo, und es iſt ſehr gut,<lb/>
wenn auch gefährlich, daß es ſo iſt. Gerade bei ſehr<lb/>
kraftvollen Jünglingen, deren Herz von keinem böſen<lb/>
Hauche angeweht worden iſt, tritt in gewiſſen Jahren<lb/>
ein Schmachten ein, das noch holder wirkt als bei<lb/>
heranblühenden Mädchen. Es iſt dies nicht Schwäche<lb/>ſondern gerade Überfülle von Kraft, die ſo reizend<lb/>
wirkt, wenn ſie aus den meiſtens dunkeln ſanftſchim¬<lb/>
mernden Augen blickt, und gleichſam wie ein Juwel<lb/>
an den unſchuldigen Wimpern hängt. Solche Jüng¬<lb/>
linge dulden aber auch, wenn böſe Schickſalstage<lb/>
kommen, mit einem Starkmuthe, der der Krone eines<lb/>
Märtirers werth wäre, und wenn das Vaterland<lb/>
Opfer heiſcht, legen ſie ihr junges Leben einfach und<lb/>
gut auf den Altar. Sie können aber auch zu falſcher<lb/>
Begeiſterung getrieben und mißbraucht werden, und<lb/>
wenn ein ſolches Jünglingsauge zu rechter Zeit in<lb/>
das rechte Mädchenauge ſchaut, ſo flammt die plöz¬<lb/>
lichſte heißeſte aber oft auch unglücklichſte Liebe em¬<lb/></p></div></body></text></TEI>
[406/0420]
worden, aber, wie ich glaube, gemilderter und ſanfter.
Ja ſogar in ſeinen Augen, die noch glänzender gewor¬
den ſind, erſcheint mir etwas, das beinahe wie das
Schmachten bei einem Mädchen iſt.“
„Es freut mich, daß ihr das auch bemerkt habt,“
ſagte mein Gaſtfreund, „es iſt ſo, und es iſt ſehr gut,
wenn auch gefährlich, daß es ſo iſt. Gerade bei ſehr
kraftvollen Jünglingen, deren Herz von keinem böſen
Hauche angeweht worden iſt, tritt in gewiſſen Jahren
ein Schmachten ein, das noch holder wirkt als bei
heranblühenden Mädchen. Es iſt dies nicht Schwäche
ſondern gerade Überfülle von Kraft, die ſo reizend
wirkt, wenn ſie aus den meiſtens dunkeln ſanftſchim¬
mernden Augen blickt, und gleichſam wie ein Juwel
an den unſchuldigen Wimpern hängt. Solche Jüng¬
linge dulden aber auch, wenn böſe Schickſalstage
kommen, mit einem Starkmuthe, der der Krone eines
Märtirers werth wäre, und wenn das Vaterland
Opfer heiſcht, legen ſie ihr junges Leben einfach und
gut auf den Altar. Sie können aber auch zu falſcher
Begeiſterung getrieben und mißbraucht werden, und
wenn ein ſolches Jünglingsauge zu rechter Zeit in
das rechte Mädchenauge ſchaut, ſo flammt die plöz¬
lichſte heißeſte aber oft auch unglücklichſte Liebe em¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857, S. 406. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/420>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.