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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857.

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ter, könne er nicht entfernt aufweisen, nur einige sei¬
ner alten geschnittenen Steine könnten neben dieser
Gestalt noch besehen werden. Der Marmorsaal gefiel
ihm sehr, und der Gedanke ein solches Gemach zu
bauen, erschien ihm als ein äußerst glücklicher. Er
pries die Geduld meines Gastfreundes im Suchen
des Marmors, und lobte die, welche die Zusammen¬
stellung entworfen hatten, daß etwas so Reines und
Großartiges zu Stande gekommen sei. Die alten
Geräthe die Bilder die Bücher die Kupferstiche be¬
schäftigten meinen Vater auf das Lebhafteste, er sah
alles genau an, und sprach als Liebhaber und auch
als Kenner über vieles. Mein Gastfreund verstän¬
digte sich leicht mit ihm, ihre Ansichten trafen häufig
zusammen, und ergänzten sich häufig, in so ferne man
überhaupt Ansichten in einer Gesellschaft, in welcher
man sich kurz fassen mußte, aussprechen konnte. Meine
Mutter freute sich innig über die Freude des Vaters.
So war es denn also doch in Erfüllung gegangen,
was sie so oft gewünscht hatte, daß mein Vater das
Haus meines Gastfreundes besuchte, und es war
auf eine liebe Art in Erfüllung gegangen, die sie
sich gewiß einstens nicht gedacht hatte. Rolands Bild
betrachtete der Vater sehr aufmerksam, er hielt es für

ter, könne er nicht entfernt aufweiſen, nur einige ſei¬
ner alten geſchnittenen Steine könnten neben dieſer
Geſtalt noch beſehen werden. Der Marmorſaal gefiel
ihm ſehr, und der Gedanke ein ſolches Gemach zu
bauen, erſchien ihm als ein äußerſt glücklicher. Er
pries die Geduld meines Gaſtfreundes im Suchen
des Marmors, und lobte die, welche die Zuſammen¬
ſtellung entworfen hatten, daß etwas ſo Reines und
Großartiges zu Stande gekommen ſei. Die alten
Geräthe die Bilder die Bücher die Kupferſtiche be¬
ſchäftigten meinen Vater auf das Lebhafteſte, er ſah
alles genau an, und ſprach als Liebhaber und auch
als Kenner über vieles. Mein Gaſtfreund verſtän¬
digte ſich leicht mit ihm, ihre Anſichten trafen häufig
zuſammen, und ergänzten ſich häufig, in ſo ferne man
überhaupt Anſichten in einer Geſellſchaft, in welcher
man ſich kurz faſſen mußte, ausſprechen konnte. Meine
Mutter freute ſich innig über die Freude des Vaters.
So war es denn alſo doch in Erfüllung gegangen,
was ſie ſo oft gewünſcht hatte, daß mein Vater das
Haus meines Gaſtfreundes beſuchte, und es war
auf eine liebe Art in Erfüllung gegangen, die ſie
ſich gewiß einſtens nicht gedacht hatte. Rolands Bild
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[392/0406] ter, könne er nicht entfernt aufweiſen, nur einige ſei¬ ner alten geſchnittenen Steine könnten neben dieſer Geſtalt noch beſehen werden. Der Marmorſaal gefiel ihm ſehr, und der Gedanke ein ſolches Gemach zu bauen, erſchien ihm als ein äußerſt glücklicher. Er pries die Geduld meines Gaſtfreundes im Suchen des Marmors, und lobte die, welche die Zuſammen¬ ſtellung entworfen hatten, daß etwas ſo Reines und Großartiges zu Stande gekommen ſei. Die alten Geräthe die Bilder die Bücher die Kupferſtiche be¬ ſchäftigten meinen Vater auf das Lebhafteſte, er ſah alles genau an, und ſprach als Liebhaber und auch als Kenner über vieles. Mein Gaſtfreund verſtän¬ digte ſich leicht mit ihm, ihre Anſichten trafen häufig zuſammen, und ergänzten ſich häufig, in ſo ferne man überhaupt Anſichten in einer Geſellſchaft, in welcher man ſich kurz faſſen mußte, ausſprechen konnte. Meine Mutter freute ſich innig über die Freude des Vaters. So war es denn alſo doch in Erfüllung gegangen, was ſie ſo oft gewünſcht hatte, daß mein Vater das Haus meines Gaſtfreundes beſuchte, und es war auf eine liebe Art in Erfüllung gegangen, die ſie ſich gewiß einſtens nicht gedacht hatte. Rolands Bild betrachtete der Vater ſehr aufmerkſam, er hielt es für

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857, S. 392. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/406>, abgerufen am 23.11.2024.