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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857.

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allein aus ihren Augen stürzten Thränen, und ihr
Mund zitterte vor starker Bewegung. Sie stand auf,
und wollte reden; aber sie konnte nicht, und reichte
nur ihre Hand an Risach. Dieser ging um den Tisch
-- denn eine Ecke desselben trennte sie -- drückte Ma¬
thilden sanft in ihren Siz nieder, küßte sie sachte auf
die Stirne, und strich einmal mit seiner Hand über
ihre Haare, die sie glatt gescheitelt über der feinen
Stirne hatte.

Mein Vater nahm hierauf, da Risach wieder an
seinem Plaze war, das Wort, und sprach: "Es ist
noch ein Vater da, welcher auch einige Worte reden
und einige Bedingungen stellen möchte. Vor allem,
Freiherr von Risach, empfanget den innigsten Dank
von mir im Namen meiner Familie, daß ihr ein Mit¬
glied derselben zu einem Mitgliede der eurigen aufzu¬
nehmen für würdig erachtet habt. Unserer Familie ist
dadurch eine Ehre erzeigt worden, und mein Sohn
Heinrich wird sich sicherlich bestreben, sich alle jene
Eigenschaften zu erwerben, welche ihm zur Erfüllung
seiner neuen Pflichten und zur Darstellung jener
Menschenwürde überhaupt nöthig sind, ohne welche
man ein Theil der besseren menschlichen Gesellschaft
nicht sein kann. Ich hoffe, daß ich hierin für meinen

allein aus ihren Augen ſtürzten Thränen, und ihr
Mund zitterte vor ſtarker Bewegung. Sie ſtand auf,
und wollte reden; aber ſie konnte nicht, und reichte
nur ihre Hand an Riſach. Dieſer ging um den Tiſch
— denn eine Ecke desſelben trennte ſie — drückte Ma¬
thilden ſanft in ihren Siz nieder, küßte ſie ſachte auf
die Stirne, und ſtrich einmal mit ſeiner Hand über
ihre Haare, die ſie glatt geſcheitelt über der feinen
Stirne hatte.

Mein Vater nahm hierauf, da Riſach wieder an
ſeinem Plaze war, das Wort, und ſprach: „Es iſt
noch ein Vater da, welcher auch einige Worte reden
und einige Bedingungen ſtellen möchte. Vor allem,
Freiherr von Riſach, empfanget den innigſten Dank
von mir im Namen meiner Familie, daß ihr ein Mit¬
glied derſelben zu einem Mitgliede der eurigen aufzu¬
nehmen für würdig erachtet habt. Unſerer Familie iſt
dadurch eine Ehre erzeigt worden, und mein Sohn
Heinrich wird ſich ſicherlich beſtreben, ſich alle jene
Eigenſchaften zu erwerben, welche ihm zur Erfüllung
ſeiner neuen Pflichten und zur Darſtellung jener
Menſchenwürde überhaupt nöthig ſind, ohne welche
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[383/0397] allein aus ihren Augen ſtürzten Thränen, und ihr Mund zitterte vor ſtarker Bewegung. Sie ſtand auf, und wollte reden; aber ſie konnte nicht, und reichte nur ihre Hand an Riſach. Dieſer ging um den Tiſch — denn eine Ecke desſelben trennte ſie — drückte Ma¬ thilden ſanft in ihren Siz nieder, küßte ſie ſachte auf die Stirne, und ſtrich einmal mit ſeiner Hand über ihre Haare, die ſie glatt geſcheitelt über der feinen Stirne hatte. Mein Vater nahm hierauf, da Riſach wieder an ſeinem Plaze war, das Wort, und ſprach: „Es iſt noch ein Vater da, welcher auch einige Worte reden und einige Bedingungen ſtellen möchte. Vor allem, Freiherr von Riſach, empfanget den innigſten Dank von mir im Namen meiner Familie, daß ihr ein Mit¬ glied derſelben zu einem Mitgliede der eurigen aufzu¬ nehmen für würdig erachtet habt. Unſerer Familie iſt dadurch eine Ehre erzeigt worden, und mein Sohn Heinrich wird ſich ſicherlich beſtreben, ſich alle jene Eigenſchaften zu erwerben, welche ihm zur Erfüllung ſeiner neuen Pflichten und zur Darſtellung jener Menſchenwürde überhaupt nöthig ſind, ohne welche man ein Theil der beſſeren menſchlichen Geſellſchaft nicht ſein kann. Ich hoffe, daß ich hierin für meinen

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857, S. 383. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/397>, abgerufen am 22.11.2024.