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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857.

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sem Boden, sei tausend Mal gegrüßt, und halte dieses
Haus für deines.""

"Ich war mit diesen Worten zu ihr hinzugetreten,
hatte ihre Hand gefaßt, und hatte sie auf den Mund
geküßt."

"Sie ließ meine Hand nicht los, drückte sie stark,
und ihr Schluchzen wurde so heftig, daß ich meinte,
ihre mir noch immer so theuere Brust müsse zer¬
springen."

""Mathilde,"" sagte ich sanft, ""erhole dich.""

""Führe mich in das Haus,"" sprach sie leise."

"Ich rief erst durch mein Glöckchen, welches ich
immer bei mir trage, meinen Hausverwalter herzu,
und befahl ihm, Wagen und Pferde unterzubringen.
Dann faßte ich Mathildens Arm, und führte sie in
das Haus. Als wir in dem Speisezimmer angelangt
waren, sagte ich zu dem Knaben: ""Seze dich hier
nieder, und warte, bis ich mit deiner Mutter gespro¬
chen, und die Thränen, die ihr jezt so weh thun, ge¬
mildert habe.""

"Der Knabe sah mich traulich an, und gehorchte.
Ich führte Mathilde in das Wartezimmer, und both
ihr einen Siz an. Als sie sich in die weichen Kissen
niedergelassen hatte, nahm ich ihr gegenüber auf

ſem Boden, ſei tauſend Mal gegrüßt, und halte dieſes
Haus für deines.““

„Ich war mit dieſen Worten zu ihr hinzugetreten,
hatte ihre Hand gefaßt, und hatte ſie auf den Mund
geküßt.“

„Sie ließ meine Hand nicht los, drückte ſie ſtark,
und ihr Schluchzen wurde ſo heftig, daß ich meinte,
ihre mir noch immer ſo theuere Bruſt müſſe zer¬
ſpringen.“

„„Mathilde,““ ſagte ich ſanft, „„erhole dich.““

„„Führe mich in das Haus,““ ſprach ſie leiſe.“

„Ich rief erſt durch mein Glöckchen, welches ich
immer bei mir trage, meinen Hausverwalter herzu,
und befahl ihm, Wagen und Pferde unterzubringen.
Dann faßte ich Mathildens Arm, und führte ſie in
das Haus. Als wir in dem Speiſezimmer angelangt
waren, ſagte ich zu dem Knaben: „„Seze dich hier
nieder, und warte, bis ich mit deiner Mutter geſpro¬
chen, und die Thränen, die ihr jezt ſo weh thun, ge¬
mildert habe.““

„Der Knabe ſah mich traulich an, und gehorchte.
Ich führte Mathilde in das Wartezimmer, und both
ihr einen Siz an. Als ſie ſich in die weichen Kiſſen
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[340/0354] ſem Boden, ſei tauſend Mal gegrüßt, und halte dieſes Haus für deines.““ „Ich war mit dieſen Worten zu ihr hinzugetreten, hatte ihre Hand gefaßt, und hatte ſie auf den Mund geküßt.“ „Sie ließ meine Hand nicht los, drückte ſie ſtark, und ihr Schluchzen wurde ſo heftig, daß ich meinte, ihre mir noch immer ſo theuere Bruſt müſſe zer¬ ſpringen.“ „„Mathilde,““ ſagte ich ſanft, „„erhole dich.““ „„Führe mich in das Haus,““ ſprach ſie leiſe.“ „Ich rief erſt durch mein Glöckchen, welches ich immer bei mir trage, meinen Hausverwalter herzu, und befahl ihm, Wagen und Pferde unterzubringen. Dann faßte ich Mathildens Arm, und führte ſie in das Haus. Als wir in dem Speiſezimmer angelangt waren, ſagte ich zu dem Knaben: „„Seze dich hier nieder, und warte, bis ich mit deiner Mutter geſpro¬ chen, und die Thränen, die ihr jezt ſo weh thun, ge¬ mildert habe.““ „Der Knabe ſah mich traulich an, und gehorchte. Ich führte Mathilde in das Wartezimmer, und both ihr einen Siz an. Als ſie ſich in die weichen Kiſſen niedergelaſſen hatte, nahm ich ihr gegenüber auf

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857, S. 340. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/354>, abgerufen am 25.11.2024.