gen, ließ neue Thränen nicht mehr hervorquellen, richtete sich empor, strich sich die Haare ein wenig zurecht, und sagte: ""Gehen wir in das Haus.""
"Sie richtete sich mit diesen Worten zum Gehen gegen den Weinlaubengang, und ich ging neben ihr. Das Blut an meiner Hand konnte sie nicht sehen. Ich unternahm es nicht mehr, sie zu trösten, ich sah, daß ihre Verfassung dafür nicht empfänglich war. Auch erkannte ich, daß sie im Zorne gegen mich ihren Schmerz leichter ertrage, als wenn dieser Zorn nicht gewesen wäre. Wir gingen schweigend in das Haus. Dort gingen wir in das Zimmer der Mutter. Ma¬ thilde warf sich ihrer Mutter an das Herz. Ich küßte der Frau die Hand, und entfernte mich."
"Den ganzen übrigen Theil des Tages verbrachte ich damit, meine Habe zu packen, um morgen dieses Haus verlassen zu können. Mathildens Vater besuchte mich einmal, und sagte: ""Kränket euch nicht zu sehr, es wird vielleicht noch alles gut.""
"Im Übrigen waren seine Gründe, die er freund¬ lich und sanft sagte, die nehmlichen wie die seiner Gattin. Auch Mathildens Mutter kam einmal zu mir herüber, lächelte trübsinnig bei meinem Treiben, und gab mir die Hand. Meine Hoffnungen waren düste¬
gen, ließ neue Thränen nicht mehr hervorquellen, richtete ſich empor, ſtrich ſich die Haare ein wenig zurecht, und ſagte: „„Gehen wir in das Haus.““
„Sie richtete ſich mit dieſen Worten zum Gehen gegen den Weinlaubengang, und ich ging neben ihr. Das Blut an meiner Hand konnte ſie nicht ſehen. Ich unternahm es nicht mehr, ſie zu tröſten, ich ſah, daß ihre Verfaſſung dafür nicht empfänglich war. Auch erkannte ich, daß ſie im Zorne gegen mich ihren Schmerz leichter ertrage, als wenn dieſer Zorn nicht geweſen wäre. Wir gingen ſchweigend in das Haus. Dort gingen wir in das Zimmer der Mutter. Ma¬ thilde warf ſich ihrer Mutter an das Herz. Ich küßte der Frau die Hand, und entfernte mich.“
„Den ganzen übrigen Theil des Tages verbrachte ich damit, meine Habe zu packen, um morgen dieſes Haus verlaſſen zu können. Mathildens Vater beſuchte mich einmal, und ſagte: „„Kränket euch nicht zu ſehr, es wird vielleicht noch alles gut.““
„Im Übrigen waren ſeine Gründe, die er freund¬ lich und ſanft ſagte, die nehmlichen wie die ſeiner Gattin. Auch Mathildens Mutter kam einmal zu mir herüber, lächelte trübſinnig bei meinem Treiben, und gab mir die Hand. Meine Hoffnungen waren düſte¬
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0340"n="326"/>
gen, ließ neue Thränen nicht mehr hervorquellen,<lb/>
richtete ſich empor, ſtrich ſich die Haare ein wenig<lb/>
zurecht, und ſagte: „„Gehen wir in das Haus.““</p><lb/><p>„Sie richtete ſich mit dieſen Worten zum Gehen<lb/>
gegen den Weinlaubengang, und ich ging neben ihr.<lb/>
Das Blut an meiner Hand konnte ſie nicht ſehen.<lb/>
Ich unternahm es nicht mehr, ſie zu tröſten, ich ſah,<lb/>
daß ihre Verfaſſung dafür nicht empfänglich war.<lb/>
Auch erkannte ich, daß ſie im Zorne gegen mich ihren<lb/>
Schmerz leichter ertrage, als wenn dieſer Zorn nicht<lb/>
geweſen wäre. Wir gingen ſchweigend in das Haus.<lb/>
Dort gingen wir in das Zimmer der Mutter. Ma¬<lb/>
thilde warf ſich ihrer Mutter an das Herz. Ich küßte<lb/>
der Frau die Hand, und entfernte mich.“</p><lb/><p>„Den ganzen übrigen Theil des Tages verbrachte<lb/>
ich damit, meine Habe zu packen, um morgen dieſes<lb/>
Haus verlaſſen zu können. Mathildens Vater beſuchte<lb/>
mich einmal, und ſagte: „„Kränket euch nicht zu ſehr,<lb/>
es wird vielleicht noch alles gut.““</p><lb/><p>„Im Übrigen waren ſeine Gründe, die er freund¬<lb/>
lich und ſanft ſagte, die nehmlichen wie die ſeiner<lb/>
Gattin. Auch Mathildens Mutter kam einmal zu mir<lb/>
herüber, lächelte trübſinnig bei meinem Treiben, und<lb/>
gab mir die Hand. Meine Hoffnungen waren düſte¬<lb/></p></div></body></text></TEI>
[326/0340]
gen, ließ neue Thränen nicht mehr hervorquellen,
richtete ſich empor, ſtrich ſich die Haare ein wenig
zurecht, und ſagte: „„Gehen wir in das Haus.““
„Sie richtete ſich mit dieſen Worten zum Gehen
gegen den Weinlaubengang, und ich ging neben ihr.
Das Blut an meiner Hand konnte ſie nicht ſehen.
Ich unternahm es nicht mehr, ſie zu tröſten, ich ſah,
daß ihre Verfaſſung dafür nicht empfänglich war.
Auch erkannte ich, daß ſie im Zorne gegen mich ihren
Schmerz leichter ertrage, als wenn dieſer Zorn nicht
geweſen wäre. Wir gingen ſchweigend in das Haus.
Dort gingen wir in das Zimmer der Mutter. Ma¬
thilde warf ſich ihrer Mutter an das Herz. Ich küßte
der Frau die Hand, und entfernte mich.“
„Den ganzen übrigen Theil des Tages verbrachte
ich damit, meine Habe zu packen, um morgen dieſes
Haus verlaſſen zu können. Mathildens Vater beſuchte
mich einmal, und ſagte: „„Kränket euch nicht zu ſehr,
es wird vielleicht noch alles gut.““
„Im Übrigen waren ſeine Gründe, die er freund¬
lich und ſanft ſagte, die nehmlichen wie die ſeiner
Gattin. Auch Mathildens Mutter kam einmal zu mir
herüber, lächelte trübſinnig bei meinem Treiben, und
gab mir die Hand. Meine Hoffnungen waren düſte¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857, S. 326. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/340>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.