voll von Kristallen hängen, oder wenn sie bereift sind, und ein feines Gitterwerk über ihren Stämmen und Ästen tragen. Oft ist es sogar, als wenn sich auch der Reif in der Luft befände, und sie mit ihm erfüllt wäre. Ein feiner Duft schwebt in ihr, daß man die nächsten Dinge nur wie in einen Rauch gehüllt sehen kann. Ein anderes Mal ist der Himmel wieder so klar, daß man alles deutlich erblickt. Er spannt sich dunkelblau über die Gefilde, die in der Sonne glänzen, und wenn wir auf die Höhe der Felder kom¬ men, können wir von ihr den ganzen Zug der Gebirge sehen. Im Winter ist die Landschaft sehr still, weil die Menschen sich in ihren Häusern halten, so viel sie können, weil die Singvögel Abschied genom¬ men haben, weil das Wild in die tieferen Wälder zurück gegangen ist, und weil selbst ein Gespann nicht den tönenden Hufschlag und das Rollen der Räder hören läßt, sondern nur der einfache Klang der Pferdeglocke, die man hier hat, anzeigt, daß irgend Wo jemand durch die Stille des Winters fährt. Wir gehen auf der klaren Bahn dahin, die Mutter leitet die Gespräche auf verschiedene Dinge, und das Ziel unserer Wanderung ist gewöhnlich die Stelle, wo der Weg in das Thal hinabzugehen anfängt. In
2 *
voll von Kriſtallen hängen, oder wenn ſie bereift ſind, und ein feines Gitterwerk über ihren Stämmen und Äſten tragen. Oft iſt es ſogar, als wenn ſich auch der Reif in der Luft befände, und ſie mit ihm erfüllt wäre. Ein feiner Duft ſchwebt in ihr, daß man die nächſten Dinge nur wie in einen Rauch gehüllt ſehen kann. Ein anderes Mal iſt der Himmel wieder ſo klar, daß man alles deutlich erblickt. Er ſpannt ſich dunkelblau über die Gefilde, die in der Sonne glänzen, und wenn wir auf die Höhe der Felder kom¬ men, können wir von ihr den ganzen Zug der Gebirge ſehen. Im Winter iſt die Landſchaft ſehr ſtill, weil die Menſchen ſich in ihren Häuſern halten, ſo viel ſie können, weil die Singvögel Abſchied genom¬ men haben, weil das Wild in die tieferen Wälder zurück gegangen iſt, und weil ſelbſt ein Geſpann nicht den tönenden Hufſchlag und das Rollen der Räder hören läßt, ſondern nur der einfache Klang der Pferdeglocke, die man hier hat, anzeigt, daß irgend Wo jemand durch die Stille des Winters fährt. Wir gehen auf der klaren Bahn dahin, die Mutter leitet die Geſpräche auf verſchiedene Dinge, und das Ziel unſerer Wanderung iſt gewöhnlich die Stelle, wo der Weg in das Thal hinabzugehen anfängt. In
2 *
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0033"n="19"/>
voll von Kriſtallen hängen, oder wenn ſie bereift ſind,<lb/>
und ein feines Gitterwerk über ihren Stämmen und<lb/>
Äſten tragen. Oft iſt es ſogar, als wenn ſich auch<lb/>
der Reif in der Luft befände, und ſie mit ihm erfüllt<lb/>
wäre. Ein feiner Duft ſchwebt in ihr, daß man die<lb/>
nächſten Dinge nur wie in einen Rauch gehüllt ſehen<lb/>
kann. Ein anderes Mal iſt der Himmel wieder ſo<lb/>
klar, daß man alles deutlich erblickt. Er ſpannt<lb/>ſich dunkelblau über die Gefilde, die in der Sonne<lb/>
glänzen, und wenn wir auf die Höhe der Felder kom¬<lb/>
men, können wir von ihr den ganzen Zug der Gebirge<lb/>ſehen. Im Winter iſt die Landſchaft ſehr ſtill, weil<lb/>
die Menſchen ſich in ihren Häuſern halten, ſo<lb/>
viel ſie können, weil die Singvögel Abſchied genom¬<lb/>
men haben, weil das Wild in die tieferen Wälder<lb/>
zurück gegangen iſt, und weil ſelbſt ein Geſpann nicht<lb/>
den tönenden Hufſchlag und das Rollen der Räder<lb/>
hören läßt, ſondern nur der einfache Klang der<lb/>
Pferdeglocke, die man hier hat, anzeigt, daß irgend<lb/>
Wo jemand durch die Stille des Winters fährt.<lb/>
Wir gehen auf der klaren Bahn dahin, die Mutter<lb/>
leitet die Geſpräche auf verſchiedene Dinge, und das<lb/>
Ziel unſerer Wanderung iſt gewöhnlich die Stelle,<lb/>
wo der Weg in das Thal hinabzugehen anfängt. In<lb/><fwplace="bottom"type="sig">2 *<lb/></fw></p></div></body></text></TEI>
[19/0033]
voll von Kriſtallen hängen, oder wenn ſie bereift ſind,
und ein feines Gitterwerk über ihren Stämmen und
Äſten tragen. Oft iſt es ſogar, als wenn ſich auch
der Reif in der Luft befände, und ſie mit ihm erfüllt
wäre. Ein feiner Duft ſchwebt in ihr, daß man die
nächſten Dinge nur wie in einen Rauch gehüllt ſehen
kann. Ein anderes Mal iſt der Himmel wieder ſo
klar, daß man alles deutlich erblickt. Er ſpannt
ſich dunkelblau über die Gefilde, die in der Sonne
glänzen, und wenn wir auf die Höhe der Felder kom¬
men, können wir von ihr den ganzen Zug der Gebirge
ſehen. Im Winter iſt die Landſchaft ſehr ſtill, weil
die Menſchen ſich in ihren Häuſern halten, ſo
viel ſie können, weil die Singvögel Abſchied genom¬
men haben, weil das Wild in die tieferen Wälder
zurück gegangen iſt, und weil ſelbſt ein Geſpann nicht
den tönenden Hufſchlag und das Rollen der Räder
hören läßt, ſondern nur der einfache Klang der
Pferdeglocke, die man hier hat, anzeigt, daß irgend
Wo jemand durch die Stille des Winters fährt.
Wir gehen auf der klaren Bahn dahin, die Mutter
leitet die Geſpräche auf verſchiedene Dinge, und das
Ziel unſerer Wanderung iſt gewöhnlich die Stelle,
wo der Weg in das Thal hinabzugehen anfängt. In
2 *
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/33>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.