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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857.

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öde, und die Felder waren noch nicht grün, außer
dort, wo sie die Wintersaaten trugen."

"Obwohl es draußen sehr unwirthlich war, wenn
man den äußerst freundlichen blauen Himmel abrech¬
net, so war es in dem Hause sehr heimisch. Alles
war auf das Reinlichste gepuzt und zu dem Empfange
der Bewohner hergerichtet. Die Zimmer glänzten,
die Fenster spiegelten, durch die Vorhänge schien eine
helle Märzsonne herein, und in den Kaminen brannte
ein behagliches Feuer. Meine zwei Gemächer waren
um ein sehr liebliches Eckzimmerchen vermehrt wor¬
den, und man hatte mir schönere und bequemere Ge¬
räthe in meine Wohnung gestellt. Ich traf jezt die
Veranstaltung, daß die Thür von meiner Wohnung
in Alfreds Zimmer immer offen war, daß beide Woh¬
nungen eine bildeten, und daß ich gleichsam neben
einem jüngeren Bruder lebte. Hatte ich eine Arbeit
vor, bei der eine Störung hindernd gewesen wäre, so
ging ich in mein Eckzimmer."

"Das Leben in dem Landhause begann jezt wieder
wie in dem vorigen Sommer. Wenn auch noch kein
Laub auf den Bäumen war, wenn sich das Grün der
Wiesen noch dürftig zeigte, und auf den Feldern für
die Sommerfrucht noch die nackte Scholle lag, so gin¬

öde, und die Felder waren noch nicht grün, außer
dort, wo ſie die Winterſaaten trugen.“

„Obwohl es draußen ſehr unwirthlich war, wenn
man den äußerſt freundlichen blauen Himmel abrech¬
net, ſo war es in dem Hauſe ſehr heimiſch. Alles
war auf das Reinlichſte gepuzt und zu dem Empfange
der Bewohner hergerichtet. Die Zimmer glänzten,
die Fenſter ſpiegelten, durch die Vorhänge ſchien eine
helle Märzſonne herein, und in den Kaminen brannte
ein behagliches Feuer. Meine zwei Gemächer waren
um ein ſehr liebliches Eckzimmerchen vermehrt wor¬
den, und man hatte mir ſchönere und bequemere Ge¬
räthe in meine Wohnung geſtellt. Ich traf jezt die
Veranſtaltung, daß die Thür von meiner Wohnung
in Alfreds Zimmer immer offen war, daß beide Woh¬
nungen eine bildeten, und daß ich gleichſam neben
einem jüngeren Bruder lebte. Hatte ich eine Arbeit
vor, bei der eine Störung hindernd geweſen wäre, ſo
ging ich in mein Eckzimmer.“

„Das Leben in dem Landhauſe begann jezt wieder
wie in dem vorigen Sommer. Wenn auch noch kein
Laub auf den Bäumen war, wenn ſich das Grün der
Wieſen noch dürftig zeigte, und auf den Feldern für
die Sommerfrucht noch die nackte Scholle lag, ſo gin¬

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[281/0295] öde, und die Felder waren noch nicht grün, außer dort, wo ſie die Winterſaaten trugen.“ „Obwohl es draußen ſehr unwirthlich war, wenn man den äußerſt freundlichen blauen Himmel abrech¬ net, ſo war es in dem Hauſe ſehr heimiſch. Alles war auf das Reinlichſte gepuzt und zu dem Empfange der Bewohner hergerichtet. Die Zimmer glänzten, die Fenſter ſpiegelten, durch die Vorhänge ſchien eine helle Märzſonne herein, und in den Kaminen brannte ein behagliches Feuer. Meine zwei Gemächer waren um ein ſehr liebliches Eckzimmerchen vermehrt wor¬ den, und man hatte mir ſchönere und bequemere Ge¬ räthe in meine Wohnung geſtellt. Ich traf jezt die Veranſtaltung, daß die Thür von meiner Wohnung in Alfreds Zimmer immer offen war, daß beide Woh¬ nungen eine bildeten, und daß ich gleichſam neben einem jüngeren Bruder lebte. Hatte ich eine Arbeit vor, bei der eine Störung hindernd geweſen wäre, ſo ging ich in mein Eckzimmer.“ „Das Leben in dem Landhauſe begann jezt wieder wie in dem vorigen Sommer. Wenn auch noch kein Laub auf den Bäumen war, wenn ſich das Grün der Wieſen noch dürftig zeigte, und auf den Feldern für die Sommerfrucht noch die nackte Scholle lag, ſo gin¬

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/295>, abgerufen am 23.11.2024.