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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857.

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beschäftigt. Dies war besonders der Fall, wenn die
Vormittagssonne die Luft durchwürzte, und doch noch
nicht so viel Kraft hatte, die Mauern zu erhizen und
den Aufenthalt an ihnen zu verleiden. Auch wurden
die manigfaltigen Bänkchen auf dem Rasenplaze, vor
welche man Tischchen stellte, und das Innere des Ro¬
senhauses benüzt. Zuweilen wurden größere Spazier¬
gänge verabredet. An solchen Tagen waren keine Lehr¬
stunden, man bestimmte die Zeit, in welcher fortge¬
gangen werden sollte, alle mußten gerüstet sein, und
mit dem betreffenden Glockenschlage wurde aufgebro¬
chen. Wir besuchten zuweilen einen Berg einen Wald,
oder gingen durch schöne ansprechende Gründe. Man¬
ches Mal war es auch eine Ortschaft, in welche wir
uns begaben. Um das Haus lagen in geringen Ent¬
fernungen Besizthümer von Familien, mit denen die
Bewohner von Heinbach Umgang pflegten. Öfter
fuhr ein Wagen vor unserem Hause vor, öfter fuhr
der unsere in die Nachbarschaft. Die Kinder mischten
sich zur Geselligkeit, und ältere traten zusammen. Die
Mutter Alfreds sah es gerne, wie sie mir sagte, wenn
eine Freundin Mathildens bei ihr durch längere Zeit
verweilte, sie aber konnte sich nie entschließen, ihre
Tochter zu anderen Leuten auf Besuch zu geben. Sie

Stifter, Nachsommer. III. 18

beſchäftigt. Dies war beſonders der Fall, wenn die
Vormittagsſonne die Luft durchwürzte, und doch noch
nicht ſo viel Kraft hatte, die Mauern zu erhizen und
den Aufenthalt an ihnen zu verleiden. Auch wurden
die manigfaltigen Bänkchen auf dem Raſenplaze, vor
welche man Tiſchchen ſtellte, und das Innere des Ro¬
ſenhauſes benüzt. Zuweilen wurden größere Spazier¬
gänge verabredet. An ſolchen Tagen waren keine Lehr¬
ſtunden, man beſtimmte die Zeit, in welcher fortge¬
gangen werden ſollte, alle mußten gerüſtet ſein, und
mit dem betreffenden Glockenſchlage wurde aufgebro¬
chen. Wir beſuchten zuweilen einen Berg einen Wald,
oder gingen durch ſchöne anſprechende Gründe. Man¬
ches Mal war es auch eine Ortſchaft, in welche wir
uns begaben. Um das Haus lagen in geringen Ent¬
fernungen Beſizthümer von Familien, mit denen die
Bewohner von Heinbach Umgang pflegten. Öfter
fuhr ein Wagen vor unſerem Hauſe vor, öfter fuhr
der unſere in die Nachbarſchaft. Die Kinder miſchten
ſich zur Geſelligkeit, und ältere traten zuſammen. Die
Mutter Alfreds ſah es gerne, wie ſie mir ſagte, wenn
eine Freundin Mathildens bei ihr durch längere Zeit
verweilte, ſie aber konnte ſich nie entſchließen, ihre
Tochter zu anderen Leuten auf Beſuch zu geben. Sie

Stifter, Nachſommer. III. 18
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[273/0287] beſchäftigt. Dies war beſonders der Fall, wenn die Vormittagsſonne die Luft durchwürzte, und doch noch nicht ſo viel Kraft hatte, die Mauern zu erhizen und den Aufenthalt an ihnen zu verleiden. Auch wurden die manigfaltigen Bänkchen auf dem Raſenplaze, vor welche man Tiſchchen ſtellte, und das Innere des Ro¬ ſenhauſes benüzt. Zuweilen wurden größere Spazier¬ gänge verabredet. An ſolchen Tagen waren keine Lehr¬ ſtunden, man beſtimmte die Zeit, in welcher fortge¬ gangen werden ſollte, alle mußten gerüſtet ſein, und mit dem betreffenden Glockenſchlage wurde aufgebro¬ chen. Wir beſuchten zuweilen einen Berg einen Wald, oder gingen durch ſchöne anſprechende Gründe. Man¬ ches Mal war es auch eine Ortſchaft, in welche wir uns begaben. Um das Haus lagen in geringen Ent¬ fernungen Beſizthümer von Familien, mit denen die Bewohner von Heinbach Umgang pflegten. Öfter fuhr ein Wagen vor unſerem Hauſe vor, öfter fuhr der unſere in die Nachbarſchaft. Die Kinder miſchten ſich zur Geſelligkeit, und ältere traten zuſammen. Die Mutter Alfreds ſah es gerne, wie ſie mir ſagte, wenn eine Freundin Mathildens bei ihr durch längere Zeit verweilte, ſie aber konnte ſich nie entſchließen, ihre Tochter zu anderen Leuten auf Beſuch zu geben. Sie Stifter, Nachſommer. III. 18

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/287>, abgerufen am 24.11.2024.