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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857.

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zusagten. Meine Mutter konnte mir mit keinem Rathe
beistehen. Ich hatte mir ein kleines Sümmchen durch
außerordentliche Sparsamkeit zusammengelegt. Mit
diesem und tausend Segenswünschen der Mutter ver¬
sehen und mit den Abschiedsthränen der geliebten
Schwester benezt begab ich mich auf die Reise in die
Stadt. Zu Fusse wanderte ich durch unser Thal hin¬
aus, und suchte durch allerlei Betrachtungen die Thrä¬
nen zu ersticken, welche mir immer in die Augen stei¬
gen wollten. Als unsere Wäldergestalten hinter mir
lagen, als die Herbstsonne schon auf ganz andere
Felder schien, als ich durch meine Jugend hindurch
gesehen hatte, wurde mein Gemüth nach und nach
leichter, und ich durfte nicht mehr fürchten, daß mir
jeder, der mir begegnete, ansehen könne, daß mir das
Weinen so nahe sei. Die Entschlossenheit, welche
mir eingegeben hatte, in die große Stadt zu gehen,
und dort mein Heil in dem Berufe eines Staats¬
dieners zu suchen, ließ mich immer fester und rascher
meinen Weg verfolgen, und tausend glänzende Schlös¬
ser in die Luft bauen. Als ich an jenem Rande ange¬
kommen war, wo unser höheres Land in großen Ab¬
säzen gegen den Strom hinabgeht, und ganz andere
Gestaltungen anfangen, sah ich noch einmal um,

zuſagten. Meine Mutter konnte mir mit keinem Rathe
beiſtehen. Ich hatte mir ein kleines Sümmchen durch
außerordentliche Sparſamkeit zuſammengelegt. Mit
dieſem und tauſend Segenswünſchen der Mutter ver¬
ſehen und mit den Abſchiedsthränen der geliebten
Schweſter benezt begab ich mich auf die Reiſe in die
Stadt. Zu Fuſſe wanderte ich durch unſer Thal hin¬
aus, und ſuchte durch allerlei Betrachtungen die Thrä¬
nen zu erſticken, welche mir immer in die Augen ſtei¬
gen wollten. Als unſere Wäldergeſtalten hinter mir
lagen, als die Herbſtſonne ſchon auf ganz andere
Felder ſchien, als ich durch meine Jugend hindurch
geſehen hatte, wurde mein Gemüth nach und nach
leichter, und ich durfte nicht mehr fürchten, daß mir
jeder, der mir begegnete, anſehen könne, daß mir das
Weinen ſo nahe ſei. Die Entſchloſſenheit, welche
mir eingegeben hatte, in die große Stadt zu gehen,
und dort mein Heil in dem Berufe eines Staats¬
dieners zu ſuchen, ließ mich immer feſter und raſcher
meinen Weg verfolgen, und tauſend glänzende Schlöſ¬
ſer in die Luft bauen. Als ich an jenem Rande ange¬
kommen war, wo unſer höheres Land in großen Ab¬
ſäzen gegen den Strom hinabgeht, und ganz andere
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[233/0247] zuſagten. Meine Mutter konnte mir mit keinem Rathe beiſtehen. Ich hatte mir ein kleines Sümmchen durch außerordentliche Sparſamkeit zuſammengelegt. Mit dieſem und tauſend Segenswünſchen der Mutter ver¬ ſehen und mit den Abſchiedsthränen der geliebten Schweſter benezt begab ich mich auf die Reiſe in die Stadt. Zu Fuſſe wanderte ich durch unſer Thal hin¬ aus, und ſuchte durch allerlei Betrachtungen die Thrä¬ nen zu erſticken, welche mir immer in die Augen ſtei¬ gen wollten. Als unſere Wäldergeſtalten hinter mir lagen, als die Herbſtſonne ſchon auf ganz andere Felder ſchien, als ich durch meine Jugend hindurch geſehen hatte, wurde mein Gemüth nach und nach leichter, und ich durfte nicht mehr fürchten, daß mir jeder, der mir begegnete, anſehen könne, daß mir das Weinen ſo nahe ſei. Die Entſchloſſenheit, welche mir eingegeben hatte, in die große Stadt zu gehen, und dort mein Heil in dem Berufe eines Staats¬ dieners zu ſuchen, ließ mich immer feſter und raſcher meinen Weg verfolgen, und tauſend glänzende Schlöſ¬ ſer in die Luft bauen. Als ich an jenem Rande ange¬ kommen war, wo unſer höheres Land in großen Ab¬ ſäzen gegen den Strom hinabgeht, und ganz andere Geſtaltungen anfangen, ſah ich noch einmal um,

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/247>, abgerufen am 24.11.2024.