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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857.

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meinen Männerjahren mir Starrsinn vorwarf. Das
hinderte aber nicht, daß ich dort, wo mir ein Fremdes
durch Gründe und hohe Triebfedern unterstüzt gege¬
ben wurde, dasselbe als mein Eigenes aufnahm, und
mit der tiefsten Begeisterung durchführte. Das habe
ich einmal in meinem Leben gegen meine stärkste Nei¬
gung, die ich hatte, gethan, um der Ehre und der
Pflicht zu genügen. Ich werde es euch später erzäh¬
len. Daraus folgt, daß ich eigensinnig der Bedeu¬
tung des Wortes, wie man es gewöhnlich nimmt,
nicht gewesen bin, und es auch im Alter, in dem
man überhaupt immer milder wird, gewiß nicht bin.
Eine zweite Eigenschaft von mir war, daß ich sehr
gerne die Erfolge meiner Handlungen abgesondert
von jedem Fremdartigen vor mir haben wollte, um
klar den Zusammenhang des Gewollten und Gewirk¬
ten überschauen und mein Thun für die Zukunft regeln
zu können. Eine Handlung, die nur gesezt wird, um
einer Vorschrift zu genügen oder eine Fassung zu voll¬
enden, konnte mir Pein erregen. Daraus folgte, daß
ich Thaten, deren lezter Zweck ferne lag oder mir nicht
deutlich war, nur lässig zu vollführen geneigt war,
während ich Handlungen, wenn ihr Ziel auch sehr
schwer und nur durch viele Mittelglieder zu erreichen

meinen Männerjahren mir Starrſinn vorwarf. Das
hinderte aber nicht, daß ich dort, wo mir ein Fremdes
durch Gründe und hohe Triebfedern unterſtüzt gege¬
ben wurde, dasſelbe als mein Eigenes aufnahm, und
mit der tiefſten Begeiſterung durchführte. Das habe
ich einmal in meinem Leben gegen meine ſtärkſte Nei¬
gung, die ich hatte, gethan, um der Ehre und der
Pflicht zu genügen. Ich werde es euch ſpäter erzäh¬
len. Daraus folgt, daß ich eigenſinnig der Bedeu¬
tung des Wortes, wie man es gewöhnlich nimmt,
nicht geweſen bin, und es auch im Alter, in dem
man überhaupt immer milder wird, gewiß nicht bin.
Eine zweite Eigenſchaft von mir war, daß ich ſehr
gerne die Erfolge meiner Handlungen abgeſondert
von jedem Fremdartigen vor mir haben wollte, um
klar den Zuſammenhang des Gewollten und Gewirk¬
ten überſchauen und mein Thun für die Zukunft regeln
zu können. Eine Handlung, die nur geſezt wird, um
einer Vorſchrift zu genügen oder eine Faſſung zu voll¬
enden, konnte mir Pein erregen. Daraus folgte, daß
ich Thaten, deren lezter Zweck ferne lag oder mir nicht
deutlich war, nur läſſig zu vollführen geneigt war,
während ich Handlungen, wenn ihr Ziel auch ſehr
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[212/0226] meinen Männerjahren mir Starrſinn vorwarf. Das hinderte aber nicht, daß ich dort, wo mir ein Fremdes durch Gründe und hohe Triebfedern unterſtüzt gege¬ ben wurde, dasſelbe als mein Eigenes aufnahm, und mit der tiefſten Begeiſterung durchführte. Das habe ich einmal in meinem Leben gegen meine ſtärkſte Nei¬ gung, die ich hatte, gethan, um der Ehre und der Pflicht zu genügen. Ich werde es euch ſpäter erzäh¬ len. Daraus folgt, daß ich eigenſinnig der Bedeu¬ tung des Wortes, wie man es gewöhnlich nimmt, nicht geweſen bin, und es auch im Alter, in dem man überhaupt immer milder wird, gewiß nicht bin. Eine zweite Eigenſchaft von mir war, daß ich ſehr gerne die Erfolge meiner Handlungen abgeſondert von jedem Fremdartigen vor mir haben wollte, um klar den Zuſammenhang des Gewollten und Gewirk¬ ten überſchauen und mein Thun für die Zukunft regeln zu können. Eine Handlung, die nur geſezt wird, um einer Vorſchrift zu genügen oder eine Faſſung zu voll¬ enden, konnte mir Pein erregen. Daraus folgte, daß ich Thaten, deren lezter Zweck ferne lag oder mir nicht deutlich war, nur läſſig zu vollführen geneigt war, während ich Handlungen, wenn ihr Ziel auch ſehr ſchwer und nur durch viele Mittelglieder zu erreichen

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/226>, abgerufen am 22.11.2024.