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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857.

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Da ich gegen das Ende des Ganges und in die
Nähe der Treppe gekommen war, sah ich eine Thür
offen stehen, von der ich vermuthete, daß sie zu den
Zimmern der Frauen führen müsse. War die Thür
offen, weil man fortgehen wollte, oder weil man
eben gekommen war? Oder hatte eine Dienerin in der
Eile offen gelassen, oder war irgend ein anderer
Grund? Ich zauderte, ob ich vorbeigehen sollte; allein
da ich wußte, daß die Thür doch nur in einen Vor¬
saal ging, und da die Treppe schon so nahe war, die
mich ins Freie führen sollte, so beschloß ich, vorbei
zu gehen, und meine Schritte zu beschleunigen. Ich
schritt auf dem weichen Teppiche fort, und trat nur
behutsamer auf. Da ich an der Thür angekommen
war, sah ich hinein. Was ich vermuthet hatte, be¬
stätigte sich, die Thür ging in einen Vorsaal. Derselbe
war nur klein und mit gewöhnlichen Geräthen ver¬
sehen. Aber nicht blos in den Vorsaal konnte ich
blicken, sondern auch in ein weiteres Zimmer, das
mit einer großen Glasthür an den Vorsaal stieß,
welche Glasthür noch überdies halb geöffnet war. In
diesem Zimmer aber stand Natalie. An den Wänden
hinter ihr erhoben sich edle mittelalterliche Schreine.
Sie stand fast mitten in dem Gemache vor einem

Da ich gegen das Ende des Ganges und in die
Nähe der Treppe gekommen war, ſah ich eine Thür
offen ſtehen, von der ich vermuthete, daß ſie zu den
Zimmern der Frauen führen müſſe. War die Thür
offen, weil man fortgehen wollte, oder weil man
eben gekommen war? Oder hatte eine Dienerin in der
Eile offen gelaſſen, oder war irgend ein anderer
Grund? Ich zauderte, ob ich vorbeigehen ſollte; allein
da ich wußte, daß die Thür doch nur in einen Vor¬
ſaal ging, und da die Treppe ſchon ſo nahe war, die
mich ins Freie führen ſollte, ſo beſchloß ich, vorbei
zu gehen, und meine Schritte zu beſchleunigen. Ich
ſchritt auf dem weichen Teppiche fort, und trat nur
behutſamer auf. Da ich an der Thür angekommen
war, ſah ich hinein. Was ich vermuthet hatte, be¬
ſtätigte ſich, die Thür ging in einen Vorſaal. Derſelbe
war nur klein und mit gewöhnlichen Geräthen ver¬
ſehen. Aber nicht blos in den Vorſaal konnte ich
blicken, ſondern auch in ein weiteres Zimmer, das
mit einer großen Glasthür an den Vorſaal ſtieß,
welche Glasthür noch überdies halb geöffnet war. In
dieſem Zimmer aber ſtand Natalie. An den Wänden
hinter ihr erhoben ſich edle mittelalterliche Schreine.
Sie ſtand faſt mitten in dem Gemache vor einem

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[8/0022] Da ich gegen das Ende des Ganges und in die Nähe der Treppe gekommen war, ſah ich eine Thür offen ſtehen, von der ich vermuthete, daß ſie zu den Zimmern der Frauen führen müſſe. War die Thür offen, weil man fortgehen wollte, oder weil man eben gekommen war? Oder hatte eine Dienerin in der Eile offen gelaſſen, oder war irgend ein anderer Grund? Ich zauderte, ob ich vorbeigehen ſollte; allein da ich wußte, daß die Thür doch nur in einen Vor¬ ſaal ging, und da die Treppe ſchon ſo nahe war, die mich ins Freie führen ſollte, ſo beſchloß ich, vorbei zu gehen, und meine Schritte zu beſchleunigen. Ich ſchritt auf dem weichen Teppiche fort, und trat nur behutſamer auf. Da ich an der Thür angekommen war, ſah ich hinein. Was ich vermuthet hatte, be¬ ſtätigte ſich, die Thür ging in einen Vorſaal. Derſelbe war nur klein und mit gewöhnlichen Geräthen ver¬ ſehen. Aber nicht blos in den Vorſaal konnte ich blicken, ſondern auch in ein weiteres Zimmer, das mit einer großen Glasthür an den Vorſaal ſtieß, welche Glasthür noch überdies halb geöffnet war. In dieſem Zimmer aber ſtand Natalie. An den Wänden hinter ihr erhoben ſich edle mittelalterliche Schreine. Sie ſtand faſt mitten in dem Gemache vor einem

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/22>, abgerufen am 22.11.2024.