Wolken über dem bleichen Gefilde unbekümmert um Menschenthun und Menschenwerke dahin zogen.
Ich richtete endlich in der Tiefe der Wiesen mei¬ nen Weg nordwärts gegen den Meierhof hinauf. Als ich dort angelangt war, erfuhr ich, daß der Herr, wie man hier meinen Gastfreund kurzweg nannte, heute auch schon da gewesen aber bereits wieder fortgegan¬ gen sei. Er hatte Mehreres besichtigt, und Mehreres angeordnet. Ich fragte, ob er heute auch barhäuptig gewesen sei, und es wurde bejaht. Da ich den Meier¬ hof besehen hatte, und in verschiedenen Räumen des¬ selben herum gegangen war, sah ich erst recht, was ein wohleingerichtetes Haus sei. Der Regen fiel auf dasselbe nieder wie auf einen Stein, in den er nicht eindringen, und von dem er äußerlich nur in Jahr¬ hunderten etwas herab waschen könne. Keine Rize zeigte sich für das Einlassen des Wassers bereit, und kein Theilchen der Bekleidung schickte sich zur Los¬ lösung an. Im Innern wurden die Arbeiten gethan wie an jedem Tage. Die Knechte reinigten Getreide mit der sogenannten Getreidepuzmühle, schaufelten es seitwärts, und massen es in Säcke, damit es auf den Schüttboden gebracht werde. Der Meier war dabei beschäftigt, ordnete an, und prüfte die Reinheit. Ein
Wolken über dem bleichen Gefilde unbekümmert um Menſchenthun und Menſchenwerke dahin zogen.
Ich richtete endlich in der Tiefe der Wieſen mei¬ nen Weg nordwärts gegen den Meierhof hinauf. Als ich dort angelangt war, erfuhr ich, daß der Herr, wie man hier meinen Gaſtfreund kurzweg nannte, heute auch ſchon da geweſen aber bereits wieder fortgegan¬ gen ſei. Er hatte Mehreres beſichtigt, und Mehreres angeordnet. Ich fragte, ob er heute auch barhäuptig geweſen ſei, und es wurde bejaht. Da ich den Meier¬ hof beſehen hatte, und in verſchiedenen Räumen des¬ ſelben herum gegangen war, ſah ich erſt recht, was ein wohleingerichtetes Haus ſei. Der Regen fiel auf dasſelbe nieder wie auf einen Stein, in den er nicht eindringen, und von dem er äußerlich nur in Jahr¬ hunderten etwas herab waſchen könne. Keine Rize zeigte ſich für das Einlaſſen des Waſſers bereit, und kein Theilchen der Bekleidung ſchickte ſich zur Los¬ löſung an. Im Innern wurden die Arbeiten gethan wie an jedem Tage. Die Knechte reinigten Getreide mit der ſogenannten Getreidepuzmühle, ſchaufelten es ſeitwärts, und maſſen es in Säcke, damit es auf den Schüttboden gebracht werde. Der Meier war dabei beſchäftigt, ordnete an, und prüfte die Reinheit. Ein
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0200"n="186"/>
Wolken über dem bleichen Gefilde unbekümmert um<lb/>
Menſchenthun und Menſchenwerke dahin zogen.</p><lb/><p>Ich richtete endlich in der Tiefe der Wieſen mei¬<lb/>
nen Weg nordwärts gegen den Meierhof hinauf. Als<lb/>
ich dort angelangt war, erfuhr ich, daß der Herr, wie<lb/>
man hier meinen Gaſtfreund kurzweg nannte, heute<lb/>
auch ſchon da geweſen aber bereits wieder fortgegan¬<lb/>
gen ſei. Er hatte Mehreres beſichtigt, und Mehreres<lb/>
angeordnet. Ich fragte, ob er heute auch barhäuptig<lb/>
geweſen ſei, und es wurde bejaht. Da ich den Meier¬<lb/>
hof beſehen hatte, und in verſchiedenen Räumen des¬<lb/>ſelben herum gegangen war, ſah ich erſt recht, was<lb/>
ein wohleingerichtetes Haus ſei. Der Regen fiel auf<lb/>
dasſelbe nieder wie auf einen Stein, in den er nicht<lb/>
eindringen, und von dem er äußerlich nur in Jahr¬<lb/>
hunderten etwas herab waſchen könne. Keine Rize<lb/>
zeigte ſich für das Einlaſſen des Waſſers bereit, und<lb/>
kein Theilchen der Bekleidung ſchickte ſich zur Los¬<lb/>
löſung an. Im Innern wurden die Arbeiten gethan<lb/>
wie an jedem Tage. Die Knechte reinigten Getreide<lb/>
mit der ſogenannten Getreidepuzmühle, ſchaufelten es<lb/>ſeitwärts, und maſſen es in Säcke, damit es auf den<lb/>
Schüttboden gebracht werde. Der Meier war dabei<lb/>
beſchäftigt, ordnete an, und prüfte die Reinheit. Ein<lb/></p></div></body></text></TEI>
[186/0200]
Wolken über dem bleichen Gefilde unbekümmert um
Menſchenthun und Menſchenwerke dahin zogen.
Ich richtete endlich in der Tiefe der Wieſen mei¬
nen Weg nordwärts gegen den Meierhof hinauf. Als
ich dort angelangt war, erfuhr ich, daß der Herr, wie
man hier meinen Gaſtfreund kurzweg nannte, heute
auch ſchon da geweſen aber bereits wieder fortgegan¬
gen ſei. Er hatte Mehreres beſichtigt, und Mehreres
angeordnet. Ich fragte, ob er heute auch barhäuptig
geweſen ſei, und es wurde bejaht. Da ich den Meier¬
hof beſehen hatte, und in verſchiedenen Räumen des¬
ſelben herum gegangen war, ſah ich erſt recht, was
ein wohleingerichtetes Haus ſei. Der Regen fiel auf
dasſelbe nieder wie auf einen Stein, in den er nicht
eindringen, und von dem er äußerlich nur in Jahr¬
hunderten etwas herab waſchen könne. Keine Rize
zeigte ſich für das Einlaſſen des Waſſers bereit, und
kein Theilchen der Bekleidung ſchickte ſich zur Los¬
löſung an. Im Innern wurden die Arbeiten gethan
wie an jedem Tage. Die Knechte reinigten Getreide
mit der ſogenannten Getreidepuzmühle, ſchaufelten es
ſeitwärts, und maſſen es in Säcke, damit es auf den
Schüttboden gebracht werde. Der Meier war dabei
beſchäftigt, ordnete an, und prüfte die Reinheit. Ein
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/200>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.