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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857.

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trat ich in der Nacht dieses Tages, der für mich in
meinem bisherigen Leben am merkwürdigsten gewor¬
den war, an das Fenster, und blickte gegen den Him¬
mel. Es stand kein Mond an demselben und keine
Wolke, aber in der milden Nacht brannten so viele
Sterne, als wäre der Himmel mit ihnen angefüllt,
und als berührten sie sich gleichsam mit ihren Spizen.
Die Feierlichkeit traf mich erhebender, und die Pracht
des Himmels war mir eindringender als sonst, wenn
ich sie auch mit großer Aufmerksamkeit betrachtet
hatte. Ich mußte mich in der neuen Welt erst zurecht
finden. Ich sah lange mit einem sehr tiefen Gefühle
zu dem sternbedeckten Gewölbe hinauf. Mein Ge¬
müth war so ernst, wie es nie in meinem ganzen
Leben gewesen war. Es lag ein fernes unbekanntes
Land vor mir. Ich ging zu dem Lichte, das auf
meinem Tische brannte, und stellte meinen undurch¬
sichtigen Schirm vor dasselbe, daß seine Helle nur in
die hinteren Theile des Zimmers falle, und mir den
Schein des Sternenhimmels nicht beirre. Dann ging
ich wieder zu dem Fenster, und blieb vor demselben.
Die Zeit verfloß, und die Nachtfeier ging indessen
fort. Wie es sonderbar ist, dachte ich, daß in der
Zeit, in der die kleinen wenn auch vieltausendfältigen

trat ich in der Nacht dieſes Tages, der für mich in
meinem bisherigen Leben am merkwürdigſten gewor¬
den war, an das Fenſter, und blickte gegen den Him¬
mel. Es ſtand kein Mond an demſelben und keine
Wolke, aber in der milden Nacht brannten ſo viele
Sterne, als wäre der Himmel mit ihnen angefüllt,
und als berührten ſie ſich gleichſam mit ihren Spizen.
Die Feierlichkeit traf mich erhebender, und die Pracht
des Himmels war mir eindringender als ſonſt, wenn
ich ſie auch mit großer Aufmerkſamkeit betrachtet
hatte. Ich mußte mich in der neuen Welt erſt zurecht
finden. Ich ſah lange mit einem ſehr tiefen Gefühle
zu dem ſternbedeckten Gewölbe hinauf. Mein Ge¬
müth war ſo ernſt, wie es nie in meinem ganzen
Leben geweſen war. Es lag ein fernes unbekanntes
Land vor mir. Ich ging zu dem Lichte, das auf
meinem Tiſche brannte, und ſtellte meinen undurch¬
ſichtigen Schirm vor dasſelbe, daß ſeine Helle nur in
die hinteren Theile des Zimmers falle, und mir den
Schein des Sternenhimmels nicht beirre. Dann ging
ich wieder zu dem Fenſter, und blieb vor demſelben.
Die Zeit verfloß, und die Nachtfeier ging indeſſen
fort. Wie es ſonderbar iſt, dachte ich, daß in der
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[4/0018] trat ich in der Nacht dieſes Tages, der für mich in meinem bisherigen Leben am merkwürdigſten gewor¬ den war, an das Fenſter, und blickte gegen den Him¬ mel. Es ſtand kein Mond an demſelben und keine Wolke, aber in der milden Nacht brannten ſo viele Sterne, als wäre der Himmel mit ihnen angefüllt, und als berührten ſie ſich gleichſam mit ihren Spizen. Die Feierlichkeit traf mich erhebender, und die Pracht des Himmels war mir eindringender als ſonſt, wenn ich ſie auch mit großer Aufmerkſamkeit betrachtet hatte. Ich mußte mich in der neuen Welt erſt zurecht finden. Ich ſah lange mit einem ſehr tiefen Gefühle zu dem ſternbedeckten Gewölbe hinauf. Mein Ge¬ müth war ſo ernſt, wie es nie in meinem ganzen Leben geweſen war. Es lag ein fernes unbekanntes Land vor mir. Ich ging zu dem Lichte, das auf meinem Tiſche brannte, und ſtellte meinen undurch¬ ſichtigen Schirm vor dasſelbe, daß ſeine Helle nur in die hinteren Theile des Zimmers falle, und mir den Schein des Sternenhimmels nicht beirre. Dann ging ich wieder zu dem Fenſter, und blieb vor demſelben. Die Zeit verfloß, und die Nachtfeier ging indeſſen fort. Wie es ſonderbar iſt, dachte ich, daß in der Zeit, in der die kleinen wenn auch vieltauſendfältigen

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/18>, abgerufen am 25.11.2024.