Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857.

Bild:
<< vorherige Seite

Stübchen in ihrer Nähe. Man staunte das schöne,
und wie man sich ausdrückte, vornehme Mädchen an,
und ich gewann sichtbar an Ansehen, da ich eine solche
Schwester hatte. Alle, die ein Ruder führen konnten,
oder die geübt waren, Steigeisen anzulegen und einen
Alpenstock zu gebrauchen, kamen herzu, und bothen
ihre Dienste an. Ich sagte, daß ich sie rufen werde,
wenn wir sie bedürfen, und daß wir uns dann ihrer
Gesellschaft sehr erfreuen würden.

Zuerst machte ich Klotilden ein wenig in ihrem
Zimmerchen wohnhaft. Ich zeigte ihr bedeutsame
Stellen, die sie aus ihren Fenstern sehen konnte, und
nannte ihr dieselben. Ich zeigte ihr, wie ich in ver¬
schiedenen Richtungen auf dem See gefahren war,
um seine Tiefe zu messen, und wie wir uns bald auf
dieser bald auf jener Stelle des Wassers festsezen mu߬
ten. Sie richtete sich Farben und Zeichnungsgeräthe
zurechte, um zu versuchen, ob sie nicht auch nach der
unmittelbaren Anschauung von den Räumen ihres
Zimmerchens aus etwas von den Gestaltungen, die
sie hier sehen konnte, auf das Papier zu übertragen
vermöchte.

Die folgenden Tage brachten wir damit zu, in
den Umgebungen des Seehauses Spaziergänge zu

Stübchen in ihrer Nähe. Man ſtaunte das ſchöne,
und wie man ſich ausdrückte, vornehme Mädchen an,
und ich gewann ſichtbar an Anſehen, da ich eine ſolche
Schweſter hatte. Alle, die ein Ruder führen konnten,
oder die geübt waren, Steigeiſen anzulegen und einen
Alpenſtock zu gebrauchen, kamen herzu, und bothen
ihre Dienſte an. Ich ſagte, daß ich ſie rufen werde,
wenn wir ſie bedürfen, und daß wir uns dann ihrer
Geſellſchaft ſehr erfreuen würden.

Zuerſt machte ich Klotilden ein wenig in ihrem
Zimmerchen wohnhaft. Ich zeigte ihr bedeutſame
Stellen, die ſie aus ihren Fenſtern ſehen konnte, und
nannte ihr dieſelben. Ich zeigte ihr, wie ich in ver¬
ſchiedenen Richtungen auf dem See gefahren war,
um ſeine Tiefe zu meſſen, und wie wir uns bald auf
dieſer bald auf jener Stelle des Waſſers feſtſezen mu߬
ten. Sie richtete ſich Farben und Zeichnungsgeräthe
zurechte, um zu verſuchen, ob ſie nicht auch nach der
unmittelbaren Anſchauung von den Räumen ihres
Zimmerchens aus etwas von den Geſtaltungen, die
ſie hier ſehen konnte, auf das Papier zu übertragen
vermöchte.

Die folgenden Tage brachten wir damit zu, in
den Umgebungen des Seehauſes Spaziergänge zu

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0141" n="127"/>
Stübchen in ihrer Nähe. Man &#x017F;taunte das &#x017F;chöne,<lb/>
und wie man &#x017F;ich ausdrückte, vornehme Mädchen an,<lb/>
und ich gewann &#x017F;ichtbar an An&#x017F;ehen, da ich eine &#x017F;olche<lb/>
Schwe&#x017F;ter hatte. Alle, die ein Ruder führen konnten,<lb/>
oder die geübt waren, Steigei&#x017F;en anzulegen und einen<lb/>
Alpen&#x017F;tock zu gebrauchen, kamen herzu, und bothen<lb/>
ihre Dien&#x017F;te an. Ich &#x017F;agte, daß ich &#x017F;ie rufen werde,<lb/>
wenn wir &#x017F;ie bedürfen, und daß wir uns dann ihrer<lb/>
Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft &#x017F;ehr erfreuen würden.</p><lb/>
        <p>Zuer&#x017F;t machte ich Klotilden ein wenig in ihrem<lb/>
Zimmerchen wohnhaft. Ich zeigte ihr bedeut&#x017F;ame<lb/>
Stellen, die &#x017F;ie aus ihren Fen&#x017F;tern &#x017F;ehen konnte, und<lb/>
nannte ihr die&#x017F;elben. Ich zeigte ihr, wie ich in ver¬<lb/>
&#x017F;chiedenen Richtungen auf dem See gefahren war,<lb/>
um &#x017F;eine Tiefe zu me&#x017F;&#x017F;en, und wie wir uns bald auf<lb/>
die&#x017F;er bald auf jener Stelle des Wa&#x017F;&#x017F;ers fe&#x017F;t&#x017F;ezen mu߬<lb/>
ten. Sie richtete &#x017F;ich Farben und Zeichnungsgeräthe<lb/>
zurechte, um zu ver&#x017F;uchen, ob &#x017F;ie nicht auch nach der<lb/>
unmittelbaren An&#x017F;chauung von den Räumen ihres<lb/>
Zimmerchens aus etwas von den Ge&#x017F;taltungen, die<lb/>
&#x017F;ie hier &#x017F;ehen konnte, auf das Papier zu übertragen<lb/>
vermöchte.</p><lb/>
        <p>Die folgenden Tage brachten wir damit zu, in<lb/>
den Umgebungen des Seehau&#x017F;es Spaziergänge zu<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[127/0141] Stübchen in ihrer Nähe. Man ſtaunte das ſchöne, und wie man ſich ausdrückte, vornehme Mädchen an, und ich gewann ſichtbar an Anſehen, da ich eine ſolche Schweſter hatte. Alle, die ein Ruder führen konnten, oder die geübt waren, Steigeiſen anzulegen und einen Alpenſtock zu gebrauchen, kamen herzu, und bothen ihre Dienſte an. Ich ſagte, daß ich ſie rufen werde, wenn wir ſie bedürfen, und daß wir uns dann ihrer Geſellſchaft ſehr erfreuen würden. Zuerſt machte ich Klotilden ein wenig in ihrem Zimmerchen wohnhaft. Ich zeigte ihr bedeutſame Stellen, die ſie aus ihren Fenſtern ſehen konnte, und nannte ihr dieſelben. Ich zeigte ihr, wie ich in ver¬ ſchiedenen Richtungen auf dem See gefahren war, um ſeine Tiefe zu meſſen, und wie wir uns bald auf dieſer bald auf jener Stelle des Waſſers feſtſezen mu߬ ten. Sie richtete ſich Farben und Zeichnungsgeräthe zurechte, um zu verſuchen, ob ſie nicht auch nach der unmittelbaren Anſchauung von den Räumen ihres Zimmerchens aus etwas von den Geſtaltungen, die ſie hier ſehen konnte, auf das Papier zu übertragen vermöchte. Die folgenden Tage brachten wir damit zu, in den Umgebungen des Seehauſes Spaziergänge zu

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/141
Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/141>, abgerufen am 22.11.2024.