ergözten. Diesen Ort besuchte ich gerne. Da war der eine oder der andere Schauspieler von der Hof¬ bühne oder von der Oper, da war ein Maler, dessen Namen damals hoch gepriesen wurde, da waren Ton¬ künstler, so wohl ausübende als dichtende, da waren Bildhauer und Baumeister, vorzüglich aber waren es Schriftsteller und Dichter, und es befanden sich darunter auch Vorstände und Mitarbeiter an Zei¬ tungsanstalten. Von anderen Personen waren hö¬ here Staatsdiener Bürger Kaufleute und überhaupt solche vorhanden, die einen Antheil an Kunst und Wissenschaft und an einem dahin abzielenden Umgange nahmen. Wenn auch eigentlich nur eine ungezwun¬ gene Heiterkeit herrschte, wenn auch nur Spiele zu körperlicher Bewegung und daneben das Schachspiel vorzuherrschen schienen, so waren doch auch Gespräche, und wie es bei solchen Männern zu erwarten war, Gespräche sehr lebhafter Natur im Gange, und waren doch im Grunde die Hauptsache. Da konnte man in leichten Worten den tiefen Geist des Einen sehen, oder den ruhigen, der alles zersezt, und in seine Bestandtheile auflöst, oder den lebhaften, der darüber weggeht, oder den leichtfertigen, der alles verlacht, oder den, dessen Sitten selbst ein wenig bedenklich waren. Oft war
ergözten. Dieſen Ort beſuchte ich gerne. Da war der eine oder der andere Schauſpieler von der Hof¬ bühne oder von der Oper, da war ein Maler, deſſen Namen damals hoch geprieſen wurde, da waren Ton¬ künſtler, ſo wohl ausübende als dichtende, da waren Bildhauer und Baumeiſter, vorzüglich aber waren es Schriftſteller und Dichter, und es befanden ſich darunter auch Vorſtände und Mitarbeiter an Zei¬ tungsanſtalten. Von anderen Perſonen waren hö¬ here Staatsdiener Bürger Kaufleute und überhaupt ſolche vorhanden, die einen Antheil an Kunſt und Wiſſenſchaft und an einem dahin abzielenden Umgange nahmen. Wenn auch eigentlich nur eine ungezwun¬ gene Heiterkeit herrſchte, wenn auch nur Spiele zu körperlicher Bewegung und daneben das Schachſpiel vorzuherrſchen ſchienen, ſo waren doch auch Geſpräche, und wie es bei ſolchen Männern zu erwarten war, Geſpräche ſehr lebhafter Natur im Gange, und waren doch im Grunde die Hauptſache. Da konnte man in leichten Worten den tiefen Geiſt des Einen ſehen, oder den ruhigen, der alles zerſezt, und in ſeine Beſtandtheile auflöſt, oder den lebhaften, der darüber weggeht, oder den leichtfertigen, der alles verlacht, oder den, deſſen Sitten ſelbſt ein wenig bedenklich waren. Oft war
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0096"n="82"/>
ergözten. Dieſen Ort beſuchte ich gerne. Da war<lb/>
der eine oder der andere Schauſpieler von der Hof¬<lb/>
bühne oder von der Oper, da war ein Maler, deſſen<lb/>
Namen damals hoch geprieſen wurde, da waren Ton¬<lb/>
künſtler, ſo wohl ausübende als dichtende, da waren<lb/>
Bildhauer und Baumeiſter, vorzüglich aber waren<lb/>
es Schriftſteller und Dichter, und es befanden ſich<lb/>
darunter auch Vorſtände und Mitarbeiter an Zei¬<lb/>
tungsanſtalten. Von anderen Perſonen waren hö¬<lb/>
here Staatsdiener Bürger Kaufleute und überhaupt<lb/>ſolche vorhanden, die einen Antheil an Kunſt und<lb/>
Wiſſenſchaft und an einem dahin abzielenden Umgange<lb/>
nahmen. Wenn auch eigentlich nur eine ungezwun¬<lb/>
gene Heiterkeit herrſchte, wenn auch nur Spiele zu<lb/>
körperlicher Bewegung und daneben das Schachſpiel<lb/>
vorzuherrſchen ſchienen, ſo waren doch auch Geſpräche,<lb/>
und wie es bei ſolchen Männern zu erwarten war,<lb/>
Geſpräche ſehr lebhafter Natur im Gange, und waren<lb/>
doch im Grunde die Hauptſache. Da konnte man in<lb/>
leichten Worten den tiefen Geiſt des Einen ſehen, oder<lb/>
den ruhigen, der alles zerſezt, und in ſeine Beſtandtheile<lb/>
auflöſt, oder den lebhaften, der darüber weggeht, oder<lb/>
den leichtfertigen, der alles verlacht, oder den, deſſen<lb/>
Sitten ſelbſt ein wenig bedenklich waren. Oft war<lb/></p></div></body></text></TEI>
[82/0096]
ergözten. Dieſen Ort beſuchte ich gerne. Da war
der eine oder der andere Schauſpieler von der Hof¬
bühne oder von der Oper, da war ein Maler, deſſen
Namen damals hoch geprieſen wurde, da waren Ton¬
künſtler, ſo wohl ausübende als dichtende, da waren
Bildhauer und Baumeiſter, vorzüglich aber waren
es Schriftſteller und Dichter, und es befanden ſich
darunter auch Vorſtände und Mitarbeiter an Zei¬
tungsanſtalten. Von anderen Perſonen waren hö¬
here Staatsdiener Bürger Kaufleute und überhaupt
ſolche vorhanden, die einen Antheil an Kunſt und
Wiſſenſchaft und an einem dahin abzielenden Umgange
nahmen. Wenn auch eigentlich nur eine ungezwun¬
gene Heiterkeit herrſchte, wenn auch nur Spiele zu
körperlicher Bewegung und daneben das Schachſpiel
vorzuherrſchen ſchienen, ſo waren doch auch Geſpräche,
und wie es bei ſolchen Männern zu erwarten war,
Geſpräche ſehr lebhafter Natur im Gange, und waren
doch im Grunde die Hauptſache. Da konnte man in
leichten Worten den tiefen Geiſt des Einen ſehen, oder
den ruhigen, der alles zerſezt, und in ſeine Beſtandtheile
auflöſt, oder den lebhaften, der darüber weggeht, oder
den leichtfertigen, der alles verlacht, oder den, deſſen
Sitten ſelbſt ein wenig bedenklich waren. Oft war
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/96>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.