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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857.

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herab, und ich sehe aus diesen Blättern, wie man die
Sache anfassen muß, wenn man die Zeit die Kennt¬
nisse und die Mittel dazu hat."

Mich freute es jezt recht sehr, daß ich auf den
Gedanken gekommen war, dem Vater diese Dinge
nachzubilden, um ihm eine Vorstellung von ihnen zu
geben, mich freute sein Antheil, den er an ihnen
nahm, und die Freude, die er darüber hatte.

"Es sind nun zwei Wege, die zu gehen sind,"
meinte die Mutter, "entweder kannst du dir nach die¬
sen Gemälden die Dinge, die sie darstellen, machen
lassen, um dich immerwährend daran zu ergözen,
oder du kannst in den Asperhof und Sternenhof
reisen, und sie in Wirklichkeit sehen, um eine Freude
zu haben, so lange du sie siehst, und in der Erinnerung
dich zu laben, wenn du wieder weggereist bist."

Der Vater antwortete: "Die Geräthe, die hier
gezeichnet sind, nachmachen zu lassen, ist eine Unzu¬
kömmlichkeit; denn erstens müßte hiezu die Einwil¬
ligung des Eigenthümers erlangt werden, und wenn
sie auch erlangt worden wäre, so hätten zweitens die
nachgebildeten Gegenstände in meinen Augen nicht
den Werth, den sie haben sollten, weil sie doch nur,
wie die Maler sagen, Copien wären. Es böthe sich

Stifter, Nachsommer. II. 5

herab, und ich ſehe aus dieſen Blättern, wie man die
Sache anfaſſen muß, wenn man die Zeit die Kennt¬
niſſe und die Mittel dazu hat.“

Mich freute es jezt recht ſehr, daß ich auf den
Gedanken gekommen war, dem Vater dieſe Dinge
nachzubilden, um ihm eine Vorſtellung von ihnen zu
geben, mich freute ſein Antheil, den er an ihnen
nahm, und die Freude, die er darüber hatte.

„Es ſind nun zwei Wege, die zu gehen ſind,“
meinte die Mutter, „entweder kannſt du dir nach die¬
ſen Gemälden die Dinge, die ſie darſtellen, machen
laſſen, um dich immerwährend daran zu ergözen,
oder du kannſt in den Asperhof und Sternenhof
reiſen, und ſie in Wirklichkeit ſehen, um eine Freude
zu haben, ſo lange du ſie ſiehſt, und in der Erinnerung
dich zu laben, wenn du wieder weggereiſt biſt.“

Der Vater antwortete: „Die Geräthe, die hier
gezeichnet ſind, nachmachen zu laſſen, iſt eine Unzu¬
kömmlichkeit; denn erſtens müßte hiezu die Einwil¬
ligung des Eigenthümers erlangt werden, und wenn
ſie auch erlangt worden wäre, ſo hätten zweitens die
nachgebildeten Gegenſtände in meinen Augen nicht
den Werth, den ſie haben ſollten, weil ſie doch nur,
wie die Maler ſagen, Copien wären. Es böthe ſich

Stifter, Nachſommer. II. 5
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[65/0079] herab, und ich ſehe aus dieſen Blättern, wie man die Sache anfaſſen muß, wenn man die Zeit die Kennt¬ niſſe und die Mittel dazu hat.“ Mich freute es jezt recht ſehr, daß ich auf den Gedanken gekommen war, dem Vater dieſe Dinge nachzubilden, um ihm eine Vorſtellung von ihnen zu geben, mich freute ſein Antheil, den er an ihnen nahm, und die Freude, die er darüber hatte. „Es ſind nun zwei Wege, die zu gehen ſind,“ meinte die Mutter, „entweder kannſt du dir nach die¬ ſen Gemälden die Dinge, die ſie darſtellen, machen laſſen, um dich immerwährend daran zu ergözen, oder du kannſt in den Asperhof und Sternenhof reiſen, und ſie in Wirklichkeit ſehen, um eine Freude zu haben, ſo lange du ſie ſiehſt, und in der Erinnerung dich zu laben, wenn du wieder weggereiſt biſt.“ Der Vater antwortete: „Die Geräthe, die hier gezeichnet ſind, nachmachen zu laſſen, iſt eine Unzu¬ kömmlichkeit; denn erſtens müßte hiezu die Einwil¬ ligung des Eigenthümers erlangt werden, und wenn ſie auch erlangt worden wäre, ſo hätten zweitens die nachgebildeten Gegenſtände in meinen Augen nicht den Werth, den ſie haben ſollten, weil ſie doch nur, wie die Maler ſagen, Copien wären. Es böthe ſich Stifter, Nachſommer. II. 5

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/79>, abgerufen am 24.11.2024.