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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857.

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Ton und Klang, die Malerei an die Linien und die
Farbe, die Bildnerkunst an den Stein das Metall
und dergleichen, die Baukunst an die großen Massen
irdischer Bestandtheile, sie müssen mehr oder minder
mit diesem Stoffe ringen; nur die Dichtkunst hat bei¬
nahe gar keinen Stoff mehr, ihr Stoff ist der Ge¬
danke in seiner weitesten Bedeutung, das Wort ist
nicht der Stoff, es ist nur der Träger des Gedankens,
wie etwa die Luft den Klang an unser Ohr führt.
Die Dichtkunst ist daher die reinste und höchste unter
den Künsten. Da ich nun meine, daß es so ist, wie
ich sage, so habe ich die Männer, welche die Stimme
der Zeiten als große in der Kunst des Dichtens be¬
zeichnete, hier zusammengestellt. Ich habe Dichter in
fremden Sprachen, die ich nicht verstand, dazu ge¬
than, wenn ich nur wußte, daß sie in der Geschichte
ihres Volkes vorzüglich genannt werden, und wenn
ich von einem Fachmanne das Zeugniß hatte, daß ich
in dem Buche den Dichter besize, den ich meine. Sie
mögen unverstanden hier stehen, oder es mag wohl
einer oder der andere in diesen Saal kommen, der
manchen versteht und liest. Ich habe wohl auch solche
Bücher hieher gestellt, die mir gefallen, das Urtheil
der Zeit mag anders lauten oder erst festzustellen sein.

Ton und Klang, die Malerei an die Linien und die
Farbe, die Bildnerkunſt an den Stein das Metall
und dergleichen, die Baukunſt an die großen Maſſen
irdiſcher Beſtandtheile, ſie müſſen mehr oder minder
mit dieſem Stoffe ringen; nur die Dichtkunſt hat bei¬
nahe gar keinen Stoff mehr, ihr Stoff iſt der Ge¬
danke in ſeiner weiteſten Bedeutung, das Wort iſt
nicht der Stoff, es iſt nur der Träger des Gedankens,
wie etwa die Luft den Klang an unſer Ohr führt.
Die Dichtkunſt iſt daher die reinſte und höchſte unter
den Künſten. Da ich nun meine, daß es ſo iſt, wie
ich ſage, ſo habe ich die Männer, welche die Stimme
der Zeiten als große in der Kunſt des Dichtens be¬
zeichnete, hier zuſammengeſtellt. Ich habe Dichter in
fremden Sprachen, die ich nicht verſtand, dazu ge¬
than, wenn ich nur wußte, daß ſie in der Geſchichte
ihres Volkes vorzüglich genannt werden, und wenn
ich von einem Fachmanne das Zeugniß hatte, daß ich
in dem Buche den Dichter beſize, den ich meine. Sie
mögen unverſtanden hier ſtehen, oder es mag wohl
einer oder der andere in dieſen Saal kommen, der
manchen verſteht und lieſt. Ich habe wohl auch ſolche
Bücher hieher geſtellt, die mir gefallen, das Urtheil
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[50/0064] Ton und Klang, die Malerei an die Linien und die Farbe, die Bildnerkunſt an den Stein das Metall und dergleichen, die Baukunſt an die großen Maſſen irdiſcher Beſtandtheile, ſie müſſen mehr oder minder mit dieſem Stoffe ringen; nur die Dichtkunſt hat bei¬ nahe gar keinen Stoff mehr, ihr Stoff iſt der Ge¬ danke in ſeiner weiteſten Bedeutung, das Wort iſt nicht der Stoff, es iſt nur der Träger des Gedankens, wie etwa die Luft den Klang an unſer Ohr führt. Die Dichtkunſt iſt daher die reinſte und höchſte unter den Künſten. Da ich nun meine, daß es ſo iſt, wie ich ſage, ſo habe ich die Männer, welche die Stimme der Zeiten als große in der Kunſt des Dichtens be¬ zeichnete, hier zuſammengeſtellt. Ich habe Dichter in fremden Sprachen, die ich nicht verſtand, dazu ge¬ than, wenn ich nur wußte, daß ſie in der Geſchichte ihres Volkes vorzüglich genannt werden, und wenn ich von einem Fachmanne das Zeugniß hatte, daß ich in dem Buche den Dichter beſize, den ich meine. Sie mögen unverſtanden hier ſtehen, oder es mag wohl einer oder der andere in dieſen Saal kommen, der manchen verſteht und lieſt. Ich habe wohl auch ſolche Bücher hieher geſtellt, die mir gefallen, das Urtheil der Zeit mag anders lauten oder erſt feſtzuſtellen ſein.

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/64>, abgerufen am 23.11.2024.