Wir hatten an diesem Tage nicht viel mit ein¬ ander gesprochen und nur die allergewöhnlichsten Dinge.
Der zweite Tag verging wie der erste. Ich hatte die Bilder wieder angesehen, ich war in den Zimmern mit den alterthümlichen Geräthen gewesen, und hatte den Gängen Gemächern und Abbildungen des oberen Stockwerkes einen Besuch gemacht.
Am dritten Tage meines Aufenthaltes in dem Sternenhofe nachmittags, da ich eine Weile in die Zeilen des alten Homer geblickt hatte, wollte ich meine Wohnung, in der ich mich befand, verlassen, und in den Garten gehen. Ich legte die Worte Homers auf den Tisch, begab mich in das Vorzimmer, schloß die Thür meiner Wohnung hinter mir ab, und ging über die kleinere Treppe im hinteren Theile des Hauses in den Garten. Es war ein sehr schöner Tag, keine einzige Wolke stand an dem Himmel, die Sonne schien warm auf die Blumen, daher es stille von Arbeiten und selbst vom Gesange der Vögel war. Nur das einfache Scharren und leise Hämmern der Arbei¬ ter hörte ich, welche mit der Hinwegschaffung der Tünche des Hauses in der Nähe meines Ausganges auf Gerüsten beschäftigt waren. Ich ging neben Ge¬
Wir hatten an dieſem Tage nicht viel mit ein¬ ander geſprochen und nur die allergewöhnlichſten Dinge.
Der zweite Tag verging wie der erſte. Ich hatte die Bilder wieder angeſehen, ich war in den Zimmern mit den alterthümlichen Geräthen geweſen, und hatte den Gängen Gemächern und Abbildungen des oberen Stockwerkes einen Beſuch gemacht.
Am dritten Tage meines Aufenthaltes in dem Sternenhofe nachmittags, da ich eine Weile in die Zeilen des alten Homer geblickt hatte, wollte ich meine Wohnung, in der ich mich befand, verlaſſen, und in den Garten gehen. Ich legte die Worte Homers auf den Tiſch, begab mich in das Vorzimmer, ſchloß die Thür meiner Wohnung hinter mir ab, und ging über die kleinere Treppe im hinteren Theile des Hauſes in den Garten. Es war ein ſehr ſchöner Tag, keine einzige Wolke ſtand an dem Himmel, die Sonne ſchien warm auf die Blumen, daher es ſtille von Arbeiten und ſelbſt vom Geſange der Vögel war. Nur das einfache Scharren und leiſe Hämmern der Arbei¬ ter hörte ich, welche mit der Hinwegſchaffung der Tünche des Hauſes in der Nähe meines Ausganges auf Gerüſten beſchäftigt waren. Ich ging neben Ge¬
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0406"n="392"/><p>Wir hatten an dieſem Tage nicht viel mit ein¬<lb/>
ander geſprochen und nur die allergewöhnlichſten<lb/>
Dinge.</p><lb/><p>Der zweite Tag verging wie der erſte. Ich hatte<lb/>
die Bilder wieder angeſehen, ich war in den Zimmern<lb/>
mit den alterthümlichen Geräthen geweſen, und hatte<lb/>
den Gängen Gemächern und Abbildungen des oberen<lb/>
Stockwerkes einen Beſuch gemacht.</p><lb/><p>Am dritten Tage meines Aufenthaltes in dem<lb/>
Sternenhofe nachmittags, da ich eine Weile in die<lb/>
Zeilen des alten Homer geblickt hatte, wollte ich meine<lb/>
Wohnung, in der ich mich befand, verlaſſen, und in<lb/>
den Garten gehen. Ich legte die Worte Homers auf<lb/>
den Tiſch, begab mich in das Vorzimmer, ſchloß die<lb/>
Thür meiner Wohnung hinter mir ab, und ging über<lb/>
die kleinere Treppe im hinteren Theile des Hauſes in<lb/>
den Garten. Es war ein ſehr ſchöner Tag, keine<lb/>
einzige Wolke ſtand an dem Himmel, die Sonne ſchien<lb/>
warm auf die Blumen, daher es ſtille von Arbeiten<lb/>
und ſelbſt vom Geſange der Vögel war. Nur das<lb/>
einfache Scharren und leiſe Hämmern der Arbei¬<lb/>
ter hörte ich, welche mit der Hinwegſchaffung der<lb/>
Tünche des Hauſes in der Nähe meines Ausganges<lb/>
auf Gerüſten beſchäftigt waren. Ich ging neben Ge¬<lb/></p></div></body></text></TEI>
[392/0406]
Wir hatten an dieſem Tage nicht viel mit ein¬
ander geſprochen und nur die allergewöhnlichſten
Dinge.
Der zweite Tag verging wie der erſte. Ich hatte
die Bilder wieder angeſehen, ich war in den Zimmern
mit den alterthümlichen Geräthen geweſen, und hatte
den Gängen Gemächern und Abbildungen des oberen
Stockwerkes einen Beſuch gemacht.
Am dritten Tage meines Aufenthaltes in dem
Sternenhofe nachmittags, da ich eine Weile in die
Zeilen des alten Homer geblickt hatte, wollte ich meine
Wohnung, in der ich mich befand, verlaſſen, und in
den Garten gehen. Ich legte die Worte Homers auf
den Tiſch, begab mich in das Vorzimmer, ſchloß die
Thür meiner Wohnung hinter mir ab, und ging über
die kleinere Treppe im hinteren Theile des Hauſes in
den Garten. Es war ein ſehr ſchöner Tag, keine
einzige Wolke ſtand an dem Himmel, die Sonne ſchien
warm auf die Blumen, daher es ſtille von Arbeiten
und ſelbſt vom Geſange der Vögel war. Nur das
einfache Scharren und leiſe Hämmern der Arbei¬
ter hörte ich, welche mit der Hinwegſchaffung der
Tünche des Hauſes in der Nähe meines Ausganges
auf Gerüſten beſchäftigt waren. Ich ging neben Ge¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 392. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/406>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.