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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857.

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und senkte sich auf unsere Häupter und Angesichter
nieder. Weit ab gegen die Tiefe zu lagen die anderen
Berge und die dichter bewohnten und bevölkerten
Länder.

Über das Zitherspiel meines wiedergefundenen
Lehrers war ich wirklich sehr erfreut. Ich hatte in der
Zeit, während welcher ich ihn nicht gesehen hatte,
schon beinahe vergessen, wie vortrefflich er spiele.
Alles, was ich seit dem gehört hatte, erblaßte zur
Unbedeutenheit gegen sein Spiel, von dem ich den
Ausdruck "höchste Herrlichkeit" gebrauchen muß. Er
scheint von diesem seinem Musikgeräthe auch ergriffen
und beherrscht zu sein; wenn er spielt, ist er ein ande¬
rer Mensch, und greift in seine und in die Tiefen
anderer Menschen, und zwar in gute. Auf diesen
Berghöhen war das schöne Spiel fast noch schöner
noch rührender und einsamer.

Wie uns im vorigen Jahre Wälder und Wände
eingeschlossen hatten, und nur wenige Stellen uns
freien Umblick verschafften, so waren wir heuer fast
immer auf freien Höhen, und nur ausnahmsweise
umschlossen uns Wände oder Wälder. Der häufigste
Begleiter unserer Bestrebungen war das Eis.

Als die Kalendertage sagten, daß die Rosenblüthe

und ſenkte ſich auf unſere Häupter und Angeſichter
nieder. Weit ab gegen die Tiefe zu lagen die anderen
Berge und die dichter bewohnten und bevölkerten
Länder.

Über das Zitherſpiel meines wiedergefundenen
Lehrers war ich wirklich ſehr erfreut. Ich hatte in der
Zeit, während welcher ich ihn nicht geſehen hatte,
ſchon beinahe vergeſſen, wie vortrefflich er ſpiele.
Alles, was ich ſeit dem gehört hatte, erblaßte zur
Unbedeutenheit gegen ſein Spiel, von dem ich den
Ausdruck „höchſte Herrlichkeit“ gebrauchen muß. Er
ſcheint von dieſem ſeinem Muſikgeräthe auch ergriffen
und beherrſcht zu ſein; wenn er ſpielt, iſt er ein ande¬
rer Menſch, und greift in ſeine und in die Tiefen
anderer Menſchen, und zwar in gute. Auf dieſen
Berghöhen war das ſchöne Spiel faſt noch ſchöner
noch rührender und einſamer.

Wie uns im vorigen Jahre Wälder und Wände
eingeſchloſſen hatten, und nur wenige Stellen uns
freien Umblick verſchafften, ſo waren wir heuer faſt
immer auf freien Höhen, und nur ausnahmsweiſe
umſchloſſen uns Wände oder Wälder. Der häufigſte
Begleiter unſerer Beſtrebungen war das Eis.

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[381/0395] und ſenkte ſich auf unſere Häupter und Angeſichter nieder. Weit ab gegen die Tiefe zu lagen die anderen Berge und die dichter bewohnten und bevölkerten Länder. Über das Zitherſpiel meines wiedergefundenen Lehrers war ich wirklich ſehr erfreut. Ich hatte in der Zeit, während welcher ich ihn nicht geſehen hatte, ſchon beinahe vergeſſen, wie vortrefflich er ſpiele. Alles, was ich ſeit dem gehört hatte, erblaßte zur Unbedeutenheit gegen ſein Spiel, von dem ich den Ausdruck „höchſte Herrlichkeit“ gebrauchen muß. Er ſcheint von dieſem ſeinem Muſikgeräthe auch ergriffen und beherrſcht zu ſein; wenn er ſpielt, iſt er ein ande¬ rer Menſch, und greift in ſeine und in die Tiefen anderer Menſchen, und zwar in gute. Auf dieſen Berghöhen war das ſchöne Spiel faſt noch ſchöner noch rührender und einſamer. Wie uns im vorigen Jahre Wälder und Wände eingeſchloſſen hatten, und nur wenige Stellen uns freien Umblick verſchafften, ſo waren wir heuer faſt immer auf freien Höhen, und nur ausnahmsweiſe umſchloſſen uns Wände oder Wälder. Der häufigſte Begleiter unſerer Beſtrebungen war das Eis. Als die Kalendertage ſagten, daß die Roſenblüthe

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 381. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/395>, abgerufen am 22.11.2024.