Eustach und Roland schwiegen ganz. Von der feuri¬ gen Natur des lezten wunderte es mich am meisten. Ich schloß aus dieser Thatsache, daß meine Freunde ihre Meinung entweder schon gefaßt hatten, oder daß sie dieselbe erst für sich fassen wollten. Diese eben ab¬ gehaltene Beschau erschien mir also als etwas Allge¬ meines Unwesentliches als eine nachbarliche Artigkeit als eine Gelegenheit, zusammen zu kommen, um sich gemeinschaftlich zu sehen und zu sprechen, wie man es bei andern Anlässen auch thut.
Mir erschien die Bloslegung der Steine unbe¬ dingt als das Natürlichste. Wie ich wohl schon er¬ kennen gelernt hatte, ist bei Denkmälern -- und je größer und würdiger sie sein sollen, um desto mehr ist dies der Fall -- der Stoff nicht gleichgültig, und dann darf er aber nicht mit Fremdartigem vermengt werden. Ein Siegesbogen, selbst wenn er unter Dach steht, darf von Marmor sein, weniger schon von Zie¬ geln oder Holz, ganz und gar nicht von gegossenem Eisen oder festgeklebtem Papier. Eine Bildsäule kann von Marmor Metall oder Holz sein, weniger von groben Steinen, ganz und gar nicht von allerlei zu¬ sammengefügten Bestandtheilen. Unsere neuen Häu¬ ser, die nur bestimmt sind, Menschen aufzunehmen,
Euſtach und Roland ſchwiegen ganz. Von der feuri¬ gen Natur des lezten wunderte es mich am meiſten. Ich ſchloß aus dieſer Thatſache, daß meine Freunde ihre Meinung entweder ſchon gefaßt hatten, oder daß ſie dieſelbe erſt für ſich faſſen wollten. Dieſe eben ab¬ gehaltene Beſchau erſchien mir alſo als etwas Allge¬ meines Unweſentliches als eine nachbarliche Artigkeit als eine Gelegenheit, zuſammen zu kommen, um ſich gemeinſchaftlich zu ſehen und zu ſprechen, wie man es bei andern Anläſſen auch thut.
Mir erſchien die Bloslegung der Steine unbe¬ dingt als das Natürlichſte. Wie ich wohl ſchon er¬ kennen gelernt hatte, iſt bei Denkmälern — und je größer und würdiger ſie ſein ſollen, um deſto mehr iſt dies der Fall — der Stoff nicht gleichgültig, und dann darf er aber nicht mit Fremdartigem vermengt werden. Ein Siegesbogen, ſelbſt wenn er unter Dach ſteht, darf von Marmor ſein, weniger ſchon von Zie¬ geln oder Holz, ganz und gar nicht von gegoſſenem Eiſen oder feſtgeklebtem Papier. Eine Bildſäule kann von Marmor Metall oder Holz ſein, weniger von groben Steinen, ganz und gar nicht von allerlei zu¬ ſammengefügten Beſtandtheilen. Unſere neuen Häu¬ ſer, die nur beſtimmt ſind, Menſchen aufzunehmen,
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0358"n="344"/>
Euſtach und Roland ſchwiegen ganz. Von der feuri¬<lb/>
gen Natur des lezten wunderte es mich am meiſten.<lb/>
Ich ſchloß aus dieſer Thatſache, daß meine Freunde<lb/>
ihre Meinung entweder ſchon gefaßt hatten, oder daß<lb/>ſie dieſelbe erſt für ſich faſſen wollten. Dieſe eben ab¬<lb/>
gehaltene Beſchau erſchien mir alſo als etwas Allge¬<lb/>
meines Unweſentliches als eine nachbarliche Artigkeit<lb/>
als eine Gelegenheit, zuſammen zu kommen, um ſich<lb/>
gemeinſchaftlich zu ſehen und zu ſprechen, wie man<lb/>
es bei andern Anläſſen auch thut.</p><lb/><p>Mir erſchien die Bloslegung der Steine unbe¬<lb/>
dingt als das Natürlichſte. Wie ich wohl ſchon er¬<lb/>
kennen gelernt hatte, iſt bei Denkmälern — und je<lb/>
größer und würdiger ſie ſein ſollen, um deſto mehr iſt<lb/>
dies der Fall — der Stoff nicht gleichgültig, und<lb/>
dann darf er aber nicht mit Fremdartigem vermengt<lb/>
werden. Ein Siegesbogen, ſelbſt wenn er unter Dach<lb/>ſteht, darf von Marmor ſein, weniger ſchon von Zie¬<lb/>
geln oder Holz, ganz und gar nicht von gegoſſenem<lb/>
Eiſen oder feſtgeklebtem Papier. Eine Bildſäule kann<lb/>
von Marmor Metall oder Holz ſein, weniger von<lb/>
groben Steinen, ganz und gar nicht von allerlei zu¬<lb/>ſammengefügten Beſtandtheilen. Unſere neuen Häu¬<lb/>ſer, die nur beſtimmt ſind, Menſchen aufzunehmen,<lb/></p></div></body></text></TEI>
[344/0358]
Euſtach und Roland ſchwiegen ganz. Von der feuri¬
gen Natur des lezten wunderte es mich am meiſten.
Ich ſchloß aus dieſer Thatſache, daß meine Freunde
ihre Meinung entweder ſchon gefaßt hatten, oder daß
ſie dieſelbe erſt für ſich faſſen wollten. Dieſe eben ab¬
gehaltene Beſchau erſchien mir alſo als etwas Allge¬
meines Unweſentliches als eine nachbarliche Artigkeit
als eine Gelegenheit, zuſammen zu kommen, um ſich
gemeinſchaftlich zu ſehen und zu ſprechen, wie man
es bei andern Anläſſen auch thut.
Mir erſchien die Bloslegung der Steine unbe¬
dingt als das Natürlichſte. Wie ich wohl ſchon er¬
kennen gelernt hatte, iſt bei Denkmälern — und je
größer und würdiger ſie ſein ſollen, um deſto mehr iſt
dies der Fall — der Stoff nicht gleichgültig, und
dann darf er aber nicht mit Fremdartigem vermengt
werden. Ein Siegesbogen, ſelbſt wenn er unter Dach
ſteht, darf von Marmor ſein, weniger ſchon von Zie¬
geln oder Holz, ganz und gar nicht von gegoſſenem
Eiſen oder feſtgeklebtem Papier. Eine Bildſäule kann
von Marmor Metall oder Holz ſein, weniger von
groben Steinen, ganz und gar nicht von allerlei zu¬
ſammengefügten Beſtandtheilen. Unſere neuen Häu¬
ſer, die nur beſtimmt ſind, Menſchen aufzunehmen,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 344. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/358>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.