Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857.

Bild:
<< vorherige Seite

weichen Marmor stehen zu sehen. Roland und ich
sprachen nichts.

Man entfernte sich wieder von dem Marmor,
ging langsam an der Eppichwand hin, und stieg die
Stufen zu der Aussicht empor. Auf dieser verweilte
man eine Zeit, und ging dann gegen die Linden zu¬
rück. Nach Betrachtung der Linden und des schönen
Plazes unter ihnen begab sich der Zug wieder auf den
Rückweg in das Schloß. Eustach hatte ich beinahe die
ganze Zeit nicht gesehen.

Zugleich mit uns kamen im Schlosse Wägen an,
in denen die von Ingheim und noch einige Gäste
saßen. Nachdem man sich bewillkommt hatte, und
nachdem die Angekommenen sich von den überflüs¬
sigen Reisekleidern befreit hatten, theilte sich, wie
es bei ähnlichen Gelegenheiten stets vorkömmt, die
Gesellschaft in Gruppen, von denen einige vor dem
Hause standen und plauderten, andere auf den Sand¬
wegen im Rasen herumgingen, wieder andere gegen
den Meierhof wandelten. Als die Abendröthe hinter
den Bäumen erschien, die in schönen Zeilen im We¬
sten des Schlosses die Felder säumten, und als ihr
Glühen immer blässer wurde und dem Gelb des
Spätabends Plaz machte, sammelten sich die Leute

weichen Marmor ſtehen zu ſehen. Roland und ich
ſprachen nichts.

Man entfernte ſich wieder von dem Marmor,
ging langſam an der Eppichwand hin, und ſtieg die
Stufen zu der Ausſicht empor. Auf dieſer verweilte
man eine Zeit, und ging dann gegen die Linden zu¬
rück. Nach Betrachtung der Linden und des ſchönen
Plazes unter ihnen begab ſich der Zug wieder auf den
Rückweg in das Schloß. Euſtach hatte ich beinahe die
ganze Zeit nicht geſehen.

Zugleich mit uns kamen im Schloſſe Wägen an,
in denen die von Ingheim und noch einige Gäſte
ſaßen. Nachdem man ſich bewillkommt hatte, und
nachdem die Angekommenen ſich von den überflüſ¬
ſigen Reiſekleidern befreit hatten, theilte ſich, wie
es bei ähnlichen Gelegenheiten ſtets vorkömmt, die
Geſellſchaft in Gruppen, von denen einige vor dem
Hauſe ſtanden und plauderten, andere auf den Sand¬
wegen im Raſen herumgingen, wieder andere gegen
den Meierhof wandelten. Als die Abendröthe hinter
den Bäumen erſchien, die in ſchönen Zeilen im We¬
ſten des Schloſſes die Felder ſäumten, und als ihr
Glühen immer bläſſer wurde und dem Gelb des
Spätabends Plaz machte, ſammelten ſich die Leute

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0352" n="338"/>
weichen Marmor &#x017F;tehen zu &#x017F;ehen. Roland und ich<lb/>
&#x017F;prachen nichts.</p><lb/>
        <p>Man entfernte &#x017F;ich wieder von dem Marmor,<lb/>
ging lang&#x017F;am an der Eppichwand hin, und &#x017F;tieg die<lb/>
Stufen zu der Aus&#x017F;icht empor. Auf die&#x017F;er verweilte<lb/>
man eine Zeit, und ging dann gegen die Linden zu¬<lb/>
rück. Nach Betrachtung der Linden und des &#x017F;chönen<lb/>
Plazes unter ihnen begab &#x017F;ich der Zug wieder auf den<lb/>
Rückweg in das Schloß. Eu&#x017F;tach hatte ich beinahe die<lb/>
ganze Zeit nicht ge&#x017F;ehen.</p><lb/>
        <p>Zugleich mit uns kamen im Schlo&#x017F;&#x017F;e Wägen an,<lb/>
in denen die von Ingheim und noch einige Gä&#x017F;te<lb/>
&#x017F;aßen. Nachdem man &#x017F;ich bewillkommt hatte, und<lb/>
nachdem die Angekommenen &#x017F;ich von den überflü&#x017F;¬<lb/>
&#x017F;igen Rei&#x017F;ekleidern befreit hatten, theilte &#x017F;ich, wie<lb/>
es bei ähnlichen Gelegenheiten &#x017F;tets vorkömmt, die<lb/>
Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft in Gruppen, von denen einige vor dem<lb/>
Hau&#x017F;e &#x017F;tanden und plauderten, andere auf den Sand¬<lb/>
wegen im Ra&#x017F;en herumgingen, wieder andere gegen<lb/>
den Meierhof wandelten. Als die Abendröthe hinter<lb/>
den Bäumen er&#x017F;chien, die in &#x017F;chönen Zeilen im We¬<lb/>
&#x017F;ten des Schlo&#x017F;&#x017F;es die Felder &#x017F;äumten, und als ihr<lb/>
Glühen immer blä&#x017F;&#x017F;er wurde und dem Gelb des<lb/>
Spätabends Plaz machte, &#x017F;ammelten &#x017F;ich die Leute<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[338/0352] weichen Marmor ſtehen zu ſehen. Roland und ich ſprachen nichts. Man entfernte ſich wieder von dem Marmor, ging langſam an der Eppichwand hin, und ſtieg die Stufen zu der Ausſicht empor. Auf dieſer verweilte man eine Zeit, und ging dann gegen die Linden zu¬ rück. Nach Betrachtung der Linden und des ſchönen Plazes unter ihnen begab ſich der Zug wieder auf den Rückweg in das Schloß. Euſtach hatte ich beinahe die ganze Zeit nicht geſehen. Zugleich mit uns kamen im Schloſſe Wägen an, in denen die von Ingheim und noch einige Gäſte ſaßen. Nachdem man ſich bewillkommt hatte, und nachdem die Angekommenen ſich von den überflüſ¬ ſigen Reiſekleidern befreit hatten, theilte ſich, wie es bei ähnlichen Gelegenheiten ſtets vorkömmt, die Geſellſchaft in Gruppen, von denen einige vor dem Hauſe ſtanden und plauderten, andere auf den Sand¬ wegen im Raſen herumgingen, wieder andere gegen den Meierhof wandelten. Als die Abendröthe hinter den Bäumen erſchien, die in ſchönen Zeilen im We¬ ſten des Schloſſes die Felder ſäumten, und als ihr Glühen immer bläſſer wurde und dem Gelb des Spätabends Plaz machte, ſammelten ſich die Leute

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/352
Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 338. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/352>, abgerufen am 22.11.2024.