neben einem schmalen Pfade, der aus dem Gebüsche auf den Plaz führte, und Natalie trat auf dem Pfade hervor. Sie war erhizt, und trug einen Strauß von Feldblumen in der Hand. Sie mußte nicht gewußt haben, daß ein Fremder bei der Mutter sei; denn sie erschrak sehr, und mir schien, als ginge durch das Roth des erwärmten Angesichtes eine Blässe, die wieder mit einem noch stärkeren Roth wechselte. Ich war eben¬ falls beinahe erschrocken, und stand auf.
Sie war an der Ecke des Gebüsches stehen geblie¬ ben, und ich sagte die Worte: "Mich freut es sehr, mein Fräulein, euch so wohl zu sehen."
"Mich freut es auch, daß ihr wohl seid," erwie¬ derte sie.
"Mein Kind, du bist sehr erhizt," sagte die Mut¬ ter, "du mußt weit gewesen sein, es kömmt schon die Mittagsstunde, und in derselben solltest du nicht so weit gehen. Seze dich ein wenig auf einen dieser Sessel, aber seze dich in die Sonne, damit du nicht zu schnell abkühlest."
Natalie blieb noch ein ganz kleines Weilchen stehen, dann rückte sie folgsam einen von den herum¬ stehenden Sesseln so, daß er ganz von der Sonne beschienen wurde, und sezte sich auf ihn. Sie hatte
neben einem ſchmalen Pfade, der aus dem Gebüſche auf den Plaz führte, und Natalie trat auf dem Pfade hervor. Sie war erhizt, und trug einen Strauß von Feldblumen in der Hand. Sie mußte nicht gewußt haben, daß ein Fremder bei der Mutter ſei; denn ſie erſchrak ſehr, und mir ſchien, als ginge durch das Roth des erwärmten Angeſichtes eine Bläſſe, die wieder mit einem noch ſtärkeren Roth wechſelte. Ich war eben¬ falls beinahe erſchrocken, und ſtand auf.
Sie war an der Ecke des Gebüſches ſtehen geblie¬ ben, und ich ſagte die Worte: „Mich freut es ſehr, mein Fräulein, euch ſo wohl zu ſehen.“
„Mich freut es auch, daß ihr wohl ſeid,“ erwie¬ derte ſie.
„Mein Kind, du biſt ſehr erhizt,“ ſagte die Mut¬ ter, „du mußt weit geweſen ſein, es kömmt ſchon die Mittagsſtunde, und in derſelben ſollteſt du nicht ſo weit gehen. Seze dich ein wenig auf einen dieſer Seſſel, aber ſeze dich in die Sonne, damit du nicht zu ſchnell abkühleſt.“
Natalie blieb noch ein ganz kleines Weilchen ſtehen, dann rückte ſie folgſam einen von den herum¬ ſtehenden Seſſeln ſo, daß er ganz von der Sonne beſchienen wurde, und ſezte ſich auf ihn. Sie hatte
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neben einem ſchmalen Pfade, der aus dem Gebüſche
auf den Plaz führte, und Natalie trat auf dem Pfade
hervor. Sie war erhizt, und trug einen Strauß von
Feldblumen in der Hand. Sie mußte nicht gewußt
haben, daß ein Fremder bei der Mutter ſei; denn ſie
erſchrak ſehr, und mir ſchien, als ginge durch das Roth
des erwärmten Angeſichtes eine Bläſſe, die wieder mit
einem noch ſtärkeren Roth wechſelte. Ich war eben¬
falls beinahe erſchrocken, und ſtand auf.
Sie war an der Ecke des Gebüſches ſtehen geblie¬
ben, und ich ſagte die Worte: „Mich freut es ſehr,
mein Fräulein, euch ſo wohl zu ſehen.“
„Mich freut es auch, daß ihr wohl ſeid,“ erwie¬
derte ſie.
„Mein Kind, du biſt ſehr erhizt,“ ſagte die Mut¬
ter, „du mußt weit geweſen ſein, es kömmt ſchon die
Mittagsſtunde, und in derſelben ſollteſt du nicht ſo
weit gehen. Seze dich ein wenig auf einen dieſer
Seſſel, aber ſeze dich in die Sonne, damit du nicht
zu ſchnell abkühleſt.“
Natalie blieb noch ein ganz kleines Weilchen
ſtehen, dann rückte ſie folgſam einen von den herum¬
ſtehenden Seſſeln ſo, daß er ganz von der Sonne
beſchienen wurde, und ſezte ſich auf ihn. Sie hatte
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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 300. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/314>, abgerufen am 22.11.2024.
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