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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857.

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tage das andere, um bald die Spizen der Tannen zu
vergolden und zu verschwinden. Ich war in manchen
ähnlichen Herbergen schon gewesen, war daran ge¬
wöhnt, fügte mich, und wurde mit dem Wirthe der
Wirthin und einer rührigen Tochter, einfachen gut¬
müthigen Leuten, die einen kleinen Gedankenkreis
hatten, bald bekannt. Sonst kam noch manches Mal
ein Gebirgsjäger ein seltener Wandersmann oder ein
Hausirer in das Tannwirthshaus. Die größte Zahl
der Gäste bestand außer den Kohlenführern in Holz¬
knechten, welche in den großen Wäldern zerstreut wa¬
ren, und welche gerne an Samstagen oder an Tagen
vor großen Festen heraus kamen, um zu den Ihrigen
zu gehen. Da verweilten sie denn nun nicht selten
gerne ein wenig in dem Tannwirthshause, um sich
ein Gutes zu thun. Die Hauptbeschäftigung aller
Bewohner der Tann war die Holzarbeit und ihr
Hauptreichthum waren Kühe und Ziegen, welche täg¬
lich in die Wälder gingen, und von welchen die jün¬
geren den ganzen Sommer hindurch auf der Höhe der
Waldungen und der Holzschläge blieben.

Von diesem Hause aus fingen wir nun an, un¬
sere Beschäftigungen zu betreiben. Durch die langen
und weithingestreckten Waldungen ging unser Ham¬

tage das andere, um bald die Spizen der Tannen zu
vergolden und zu verſchwinden. Ich war in manchen
ähnlichen Herbergen ſchon geweſen, war daran ge¬
wöhnt, fügte mich, und wurde mit dem Wirthe der
Wirthin und einer rührigen Tochter, einfachen gut¬
müthigen Leuten, die einen kleinen Gedankenkreis
hatten, bald bekannt. Sonſt kam noch manches Mal
ein Gebirgsjäger ein ſeltener Wandersmann oder ein
Hauſirer in das Tannwirthshaus. Die größte Zahl
der Gäſte beſtand außer den Kohlenführern in Holz¬
knechten, welche in den großen Wäldern zerſtreut wa¬
ren, und welche gerne an Samſtagen oder an Tagen
vor großen Feſten heraus kamen, um zu den Ihrigen
zu gehen. Da verweilten ſie denn nun nicht ſelten
gerne ein wenig in dem Tannwirthshauſe, um ſich
ein Gutes zu thun. Die Hauptbeſchäftigung aller
Bewohner der Tann war die Holzarbeit und ihr
Hauptreichthum waren Kühe und Ziegen, welche täg¬
lich in die Wälder gingen, und von welchen die jün¬
geren den ganzen Sommer hindurch auf der Höhe der
Waldungen und der Holzſchläge blieben.

Von dieſem Hauſe aus fingen wir nun an, un¬
ſere Beſchäftigungen zu betreiben. Durch die langen
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[284/0298] tage das andere, um bald die Spizen der Tannen zu vergolden und zu verſchwinden. Ich war in manchen ähnlichen Herbergen ſchon geweſen, war daran ge¬ wöhnt, fügte mich, und wurde mit dem Wirthe der Wirthin und einer rührigen Tochter, einfachen gut¬ müthigen Leuten, die einen kleinen Gedankenkreis hatten, bald bekannt. Sonſt kam noch manches Mal ein Gebirgsjäger ein ſeltener Wandersmann oder ein Hauſirer in das Tannwirthshaus. Die größte Zahl der Gäſte beſtand außer den Kohlenführern in Holz¬ knechten, welche in den großen Wäldern zerſtreut wa¬ ren, und welche gerne an Samſtagen oder an Tagen vor großen Feſten heraus kamen, um zu den Ihrigen zu gehen. Da verweilten ſie denn nun nicht ſelten gerne ein wenig in dem Tannwirthshauſe, um ſich ein Gutes zu thun. Die Hauptbeſchäftigung aller Bewohner der Tann war die Holzarbeit und ihr Hauptreichthum waren Kühe und Ziegen, welche täg¬ lich in die Wälder gingen, und von welchen die jün¬ geren den ganzen Sommer hindurch auf der Höhe der Waldungen und der Holzſchläge blieben. Von dieſem Hauſe aus fingen wir nun an, un¬ ſere Beſchäftigungen zu betreiben. Durch die langen und weithingeſtreckten Waldungen ging unſer Ham¬

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/298>, abgerufen am 22.11.2024.