zeigte, da sie durch die Gewalt des Umbiegens weg¬ gesprungen war. Auch hatte man, da wahrscheinlich die Fläche zum Zwecke einer Umhüllung zu groß ge¬ wesen war, Streifen von ihr weggeschnitten. Man sah die Schnitte noch ganz deutlich, während die an¬ deren Ränder sehr alt waren, und noch die Spuren von den Nägeln zeigten, mit denen sie einst an den Blindrahmen befestigt gewesen waren. Auch war, durch die Mißhandlungen der Zeiten herbeigeführt, an andern Stellen als an denen der Brüche, die Farbe verschwunden, so daß man nicht nur den Grund des Gemäldes sondern hie und da auch die lediglichen nack¬ ten Fäden der alten Leinwand sehen konnte. So kam das Bild auf dem Asperhofe an. Wir breiteten es zu¬ erst auseinander, wuschen es mit reinem Wasser, und mußten dann, um es als Fläche zu erhalten und es betrachten zu können, Gewichte auf seine vier Ecken legen. So lag es auf dem Fußboden des Zimmers vor uns. Wir erkannten, daß es das Werk eines ita¬ lienischen Malers sei, wir erkannten auch, daß es aus älterer Zeit stamme; aber von welchem Künstler es herrühre, oder auch nur aus welcher Zeit es sei, war nach dem Zustande, in welchem die Malerei sich be¬ fand, durchaus nicht zu bestimmen. Theile, welche
zeigte, da ſie durch die Gewalt des Umbiegens weg¬ geſprungen war. Auch hatte man, da wahrſcheinlich die Fläche zum Zwecke einer Umhüllung zu groß ge¬ weſen war, Streifen von ihr weggeſchnitten. Man ſah die Schnitte noch ganz deutlich, während die an¬ deren Ränder ſehr alt waren, und noch die Spuren von den Nägeln zeigten, mit denen ſie einſt an den Blindrahmen befeſtigt geweſen waren. Auch war, durch die Mißhandlungen der Zeiten herbeigeführt, an andern Stellen als an denen der Brüche, die Farbe verſchwunden, ſo daß man nicht nur den Grund des Gemäldes ſondern hie und da auch die lediglichen nack¬ ten Fäden der alten Leinwand ſehen konnte. So kam das Bild auf dem Asperhofe an. Wir breiteten es zu¬ erſt auseinander, wuſchen es mit reinem Waſſer, und mußten dann, um es als Fläche zu erhalten und es betrachten zu können, Gewichte auf ſeine vier Ecken legen. So lag es auf dem Fußboden des Zimmers vor uns. Wir erkannten, daß es das Werk eines ita¬ lieniſchen Malers ſei, wir erkannten auch, daß es aus älterer Zeit ſtamme; aber von welchem Künſtler es herrühre, oder auch nur aus welcher Zeit es ſei, war nach dem Zuſtande, in welchem die Malerei ſich be¬ fand, durchaus nicht zu beſtimmen. Theile, welche
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zeigte, da ſie durch die Gewalt des Umbiegens weg¬
geſprungen war. Auch hatte man, da wahrſcheinlich
die Fläche zum Zwecke einer Umhüllung zu groß ge¬
weſen war, Streifen von ihr weggeſchnitten. Man
ſah die Schnitte noch ganz deutlich, während die an¬
deren Ränder ſehr alt waren, und noch die Spuren
von den Nägeln zeigten, mit denen ſie einſt an den
Blindrahmen befeſtigt geweſen waren. Auch war,
durch die Mißhandlungen der Zeiten herbeigeführt,
an andern Stellen als an denen der Brüche, die Farbe
verſchwunden, ſo daß man nicht nur den Grund des
Gemäldes ſondern hie und da auch die lediglichen nack¬
ten Fäden der alten Leinwand ſehen konnte. So kam
das Bild auf dem Asperhofe an. Wir breiteten es zu¬
erſt auseinander, wuſchen es mit reinem Waſſer, und
mußten dann, um es als Fläche zu erhalten und es
betrachten zu können, Gewichte auf ſeine vier Ecken
legen. So lag es auf dem Fußboden des Zimmers
vor uns. Wir erkannten, daß es das Werk eines ita¬
lieniſchen Malers ſei, wir erkannten auch, daß es aus
älterer Zeit ſtamme; aber von welchem Künſtler es
herrühre, oder auch nur aus welcher Zeit es ſei, war
nach dem Zuſtande, in welchem die Malerei ſich be¬
fand, durchaus nicht zu beſtimmen. Theile, welche
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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/168>, abgerufen am 24.11.2024.
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