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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857.

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und die ihr so gerne anschaut. Ich würde nur etwas
sehr Werthvolles kaufen, in so ferne es meine Kräfte
zuließen. Ich habe oft Jahre lang auf ein Bild war¬
ten müssen, das mir sehr gefiel, und das ich zu haben
wünschte, entweder, weil der Besizer eigensinnig war,
und, obwohl er das Bild weggeben wollte, doch Be¬
dingungen an die Hingabe knüpfte, die nicht zu erfül¬
len waren, oder weil er sich von dem Bilde nicht tren¬
nen wollte, obgleich er es mißhandelte und zu Grunde
gehen ließ. Zuweilen mußte ich schlechtere Bilder
kaufen, die durch Farbenreiz oder andere Eigenschaf¬
ten das Auge ansprachen, um einen Vorrath zum
Tausche zu haben. Es gibt nehmlich Leute, welche
Freude an Bildern haben, welche ältere bedeutende
Bilder nicht weggeben, wenn sie solche besizen, sie
aber doch nicht erkennen und sie durch schlechte Be¬
handlung Schaden leiden lassen. Sie ziehen ein Ge¬
mälde vor, welches sie besser verstehen, welches ihnen
mehr gefällt, wenn es auch im Werthe minder ist,
und sind zu einem Tausche bereit. Dieser macht ihnen
Freude, und wenn ich ihnen darlegte, daß ihr Ge¬
mälde einen höheren Werth habe als das meinige,
und wenn ich diesen Werth nach genauer Schäzung
durch Geld ausglich, so war das Vergnügen noch

und die ihr ſo gerne anſchaut. Ich würde nur etwas
ſehr Werthvolles kaufen, in ſo ferne es meine Kräfte
zuließen. Ich habe oft Jahre lang auf ein Bild war¬
ten müſſen, das mir ſehr gefiel, und das ich zu haben
wünſchte, entweder, weil der Beſizer eigenſinnig war,
und, obwohl er das Bild weggeben wollte, doch Be¬
dingungen an die Hingabe knüpfte, die nicht zu erfül¬
len waren, oder weil er ſich von dem Bilde nicht tren¬
nen wollte, obgleich er es mißhandelte und zu Grunde
gehen ließ. Zuweilen mußte ich ſchlechtere Bilder
kaufen, die durch Farbenreiz oder andere Eigenſchaf¬
ten das Auge anſprachen, um einen Vorrath zum
Tauſche zu haben. Es gibt nehmlich Leute, welche
Freude an Bildern haben, welche ältere bedeutende
Bilder nicht weggeben, wenn ſie ſolche beſizen, ſie
aber doch nicht erkennen und ſie durch ſchlechte Be¬
handlung Schaden leiden laſſen. Sie ziehen ein Ge¬
mälde vor, welches ſie beſſer verſtehen, welches ihnen
mehr gefällt, wenn es auch im Werthe minder iſt,
und ſind zu einem Tauſche bereit. Dieſer macht ihnen
Freude, und wenn ich ihnen darlegte, daß ihr Ge¬
mälde einen höheren Werth habe als das meinige,
und wenn ich dieſen Werth nach genauer Schäzung
durch Geld ausglich, ſo war das Vergnügen noch

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[152/0166] und die ihr ſo gerne anſchaut. Ich würde nur etwas ſehr Werthvolles kaufen, in ſo ferne es meine Kräfte zuließen. Ich habe oft Jahre lang auf ein Bild war¬ ten müſſen, das mir ſehr gefiel, und das ich zu haben wünſchte, entweder, weil der Beſizer eigenſinnig war, und, obwohl er das Bild weggeben wollte, doch Be¬ dingungen an die Hingabe knüpfte, die nicht zu erfül¬ len waren, oder weil er ſich von dem Bilde nicht tren¬ nen wollte, obgleich er es mißhandelte und zu Grunde gehen ließ. Zuweilen mußte ich ſchlechtere Bilder kaufen, die durch Farbenreiz oder andere Eigenſchaf¬ ten das Auge anſprachen, um einen Vorrath zum Tauſche zu haben. Es gibt nehmlich Leute, welche Freude an Bildern haben, welche ältere bedeutende Bilder nicht weggeben, wenn ſie ſolche beſizen, ſie aber doch nicht erkennen und ſie durch ſchlechte Be¬ handlung Schaden leiden laſſen. Sie ziehen ein Ge¬ mälde vor, welches ſie beſſer verſtehen, welches ihnen mehr gefällt, wenn es auch im Werthe minder iſt, und ſind zu einem Tauſche bereit. Dieſer macht ihnen Freude, und wenn ich ihnen darlegte, daß ihr Ge¬ mälde einen höheren Werth habe als das meinige, und wenn ich dieſen Werth nach genauer Schäzung durch Geld ausglich, ſo war das Vergnügen noch

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/166>, abgerufen am 24.11.2024.