dieses Werk zu sprechen; allein es sei unmöglich gewe¬ sen, da ich selber nie davon geredet habe, und eine Zwiesprache nur dann ersprießlich werde, wenn man beiderseitig von einem Gegenstande durchdrungen sei. Wir betrachteten nun miteinander das Bildwerk, und machten uns wechselseitig auf Dinge aufmerksam, die wir an demselben zu erkennen glaubten. Beson¬ ders war es Eustach, der über das Marmorbild, so sehr es sich in seiner Einfachheit und seiner täglich sich vor mir immer staunenswerther entwickelnden Natür¬ lichkeit jeder Einzelverhandlung zu entziehen schien, doch über sein Entstehen über die Art seiner Verhält¬ nisse über seine Gesezmäßigkeit und über das Geheim¬ niß seiner Wirkung sachkundig zu sprechen wußte. Ich hörte begierig zu, und empfand, daß es wahr sei, was er sprach, obgleich ich ihn nicht immer so genau verstand wie meinen Gastfreund, da er nicht so klar und einfach zu sprechen wußte wie dieser. Ich schritt in der Erkenntniß des Bildes vor, und es war mir, als ob es nach seinen Worten immer näher an mich heran gerückt würde.
Er suchte viele Zeichnungen hervor, auf denen sich Abbildungen von Standbildern oder andern geschniz¬ ten oder auf anderem Wege hervorgebrachten Gestal¬
dieſes Werk zu ſprechen; allein es ſei unmöglich gewe¬ ſen, da ich ſelber nie davon geredet habe, und eine Zwieſprache nur dann erſprießlich werde, wenn man beiderſeitig von einem Gegenſtande durchdrungen ſei. Wir betrachteten nun miteinander das Bildwerk, und machten uns wechſelſeitig auf Dinge aufmerkſam, die wir an demſelben zu erkennen glaubten. Beſon¬ ders war es Euſtach, der über das Marmorbild, ſo ſehr es ſich in ſeiner Einfachheit und ſeiner täglich ſich vor mir immer ſtaunenswerther entwickelnden Natür¬ lichkeit jeder Einzelverhandlung zu entziehen ſchien, doch über ſein Entſtehen über die Art ſeiner Verhält¬ niſſe über ſeine Geſezmäßigkeit und über das Geheim¬ niß ſeiner Wirkung ſachkundig zu ſprechen wußte. Ich hörte begierig zu, und empfand, daß es wahr ſei, was er ſprach, obgleich ich ihn nicht immer ſo genau verſtand wie meinen Gaſtfreund, da er nicht ſo klar und einfach zu ſprechen wußte wie dieſer. Ich ſchritt in der Erkenntniß des Bildes vor, und es war mir, als ob es nach ſeinen Worten immer näher an mich heran gerückt würde.
Er ſuchte viele Zeichnungen hervor, auf denen ſich Abbildungen von Standbildern oder andern geſchniz¬ ten oder auf anderem Wege hervorgebrachten Geſtal¬
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dieſes Werk zu ſprechen; allein es ſei unmöglich gewe¬
ſen, da ich ſelber nie davon geredet habe, und eine
Zwieſprache nur dann erſprießlich werde, wenn man
beiderſeitig von einem Gegenſtande durchdrungen
ſei. Wir betrachteten nun miteinander das Bildwerk,
und machten uns wechſelſeitig auf Dinge aufmerkſam,
die wir an demſelben zu erkennen glaubten. Beſon¬
ders war es Euſtach, der über das Marmorbild, ſo
ſehr es ſich in ſeiner Einfachheit und ſeiner täglich ſich
vor mir immer ſtaunenswerther entwickelnden Natür¬
lichkeit jeder Einzelverhandlung zu entziehen ſchien,
doch über ſein Entſtehen über die Art ſeiner Verhält¬
niſſe über ſeine Geſezmäßigkeit und über das Geheim¬
niß ſeiner Wirkung ſachkundig zu ſprechen wußte.
Ich hörte begierig zu, und empfand, daß es wahr ſei,
was er ſprach, obgleich ich ihn nicht immer ſo genau
verſtand wie meinen Gaſtfreund, da er nicht ſo klar
und einfach zu ſprechen wußte wie dieſer. Ich ſchritt
in der Erkenntniß des Bildes vor, und es war mir,
als ob es nach ſeinen Worten immer näher an mich
heran gerückt würde.
Er ſuchte viele Zeichnungen hervor, auf denen ſich
Abbildungen von Standbildern oder andern geſchniz¬
ten oder auf anderem Wege hervorgebrachten Geſtal¬
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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/154>, abgerufen am 22.11.2024.
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