den, und sie läßt zugleich den nächstkünftigen ahnen, zu dem die Bildungen neigen. Dies ist es, was bei Gewandungen ganz vorzüglich für das beschauende Auge den Begriff der Bewegung gibt und mithin der Lebendigkeit. Dies ist es, da die Alten so gerne nach der Natur arbeiteten, was sie dort, wo sie Gewänder anbringen, so meisterhaft handhaben, daß der Spruch entstanden ist, sie stellten nicht nur dar, was ist, son¬ dern auch, was zunächst war, und sein wird. Darum bilden sie in der Gewandung nicht blos die Haupt¬ theile sondern auch die entsprechenden Unterabthei¬ lungen, und dies mit einer solchen Zartheit und Ge¬ nauigkeit, daß man auf den Stoff des Werkes ver¬ gißt und nur den Stoff der Gewandung sieht, und ihn zusammenlegen und in der Hand ballen zu können vermeint. Solcher Bildung gegenüber legen manche Neuen sogenannte edle Falten zurecht, bilden sie im Erze oder Marmor nach, vermeiden hiebei in sorg¬ lichem Maße zu große Einzelheiten, um nicht unruhig zu werden, und erzielen hiebei, daß man allerdings große edle Massen von Faltungen sieht, daß aber in der Falte der Stoff des Werkes nicht des Gewandes herrscht, daß man die marmorne die erzene Falte sieht, daß das Gemüth erkältet wird, und daß man meint,
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den, und ſie läßt zugleich den nächſtkünftigen ahnen, zu dem die Bildungen neigen. Dies iſt es, was bei Gewandungen ganz vorzüglich für das beſchauende Auge den Begriff der Bewegung gibt und mithin der Lebendigkeit. Dies iſt es, da die Alten ſo gerne nach der Natur arbeiteten, was ſie dort, wo ſie Gewänder anbringen, ſo meiſterhaft handhaben, daß der Spruch entſtanden iſt, ſie ſtellten nicht nur dar, was iſt, ſon¬ dern auch, was zunächſt war, und ſein wird. Darum bilden ſie in der Gewandung nicht blos die Haupt¬ theile ſondern auch die entſprechenden Unterabthei¬ lungen, und dies mit einer ſolchen Zartheit und Ge¬ nauigkeit, daß man auf den Stoff des Werkes ver¬ gißt und nur den Stoff der Gewandung ſieht, und ihn zuſammenlegen und in der Hand ballen zu können vermeint. Solcher Bildung gegenüber legen manche Neuen ſogenannte edle Falten zurecht, bilden ſie im Erze oder Marmor nach, vermeiden hiebei in ſorg¬ lichem Maße zu große Einzelheiten, um nicht unruhig zu werden, und erzielen hiebei, daß man allerdings große edle Maſſen von Faltungen ſieht, daß aber in der Falte der Stoff des Werkes nicht des Gewandes herrſcht, daß man die marmorne die erzene Falte ſieht, daß das Gemüth erkältet wird, und daß man meint,
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den, und ſie läßt zugleich den nächſtkünftigen ahnen,
zu dem die Bildungen neigen. Dies iſt es, was bei
Gewandungen ganz vorzüglich für das beſchauende
Auge den Begriff der Bewegung gibt und mithin der
Lebendigkeit. Dies iſt es, da die Alten ſo gerne nach
der Natur arbeiteten, was ſie dort, wo ſie Gewänder
anbringen, ſo meiſterhaft handhaben, daß der Spruch
entſtanden iſt, ſie ſtellten nicht nur dar, was iſt, ſon¬
dern auch, was zunächſt war, und ſein wird. Darum
bilden ſie in der Gewandung nicht blos die Haupt¬
theile ſondern auch die entſprechenden Unterabthei¬
lungen, und dies mit einer ſolchen Zartheit und Ge¬
nauigkeit, daß man auf den Stoff des Werkes ver¬
gißt und nur den Stoff der Gewandung ſieht, und
ihn zuſammenlegen und in der Hand ballen zu können
vermeint. Solcher Bildung gegenüber legen manche
Neuen ſogenannte edle Falten zurecht, bilden ſie im
Erze oder Marmor nach, vermeiden hiebei in ſorg¬
lichem Maße zu große Einzelheiten, um nicht unruhig
zu werden, und erzielen hiebei, daß man allerdings
große edle Maſſen von Faltungen ſieht, daß aber in
der Falte der Stoff des Werkes nicht des Gewandes
herrſcht, daß man die marmorne die erzene Falte ſieht,
daß das Gemüth erkältet wird, und daß man meint,
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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/145>, abgerufen am 23.11.2024.
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