Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857.

Bild:
<< vorherige Seite

bestellt, und in der Zeit, bis sie eintrafen, mir Abbilder
von den Köpfen für meine eigene Mappe gemacht
hatte. Ich malte die Hände oder Büsten verschiedener
Leute, die sich in dem Rosenhause oder in dem Meier¬
hofe befanden. Meinen Gastfreund oder Eustach oder
Gustav zu bitten, daß sie mir als Gegenstand meiner
Kunstbestrebungen dienen sollten, hatte ich nicht den
Muth, weil die Erfolge noch gar zu unbedeutend
waren.

Gustav nahm unter allen den größten Antheil an
diesen Dingen. So wie er im vorigen Jahre Geräthe
mit mir gemalt hatte, versuchte er es heuer auch mit
den Landschaften. Sein Ziehvater und sein Zeich¬
nungslehrer hatten nichts dagegen, da nur freie Stun¬
den zu diesen Beschäftigungen verwendet wurden, da
seine Körperübungen nicht darunter zu leiden hatten,
und da sich dadurch das Band zwischen mir und ihm
noch mehr befestigte, was mein Gastfreund nicht un¬
gern zu sehen schien, da doch zulezt der Jüngling nie¬
manden hatte, an wen er das Gefühl der Freund¬
schaft leiten sollte, das in seinen Jahren so gerne er¬
wacht, und das sich in sanftem Zuge an einen Gegen¬
stand richtet. Da unter seiner Hand ein Baum ein
Stein ein Berg ein Wässerchen in lieblichen Farben

7 *

beſtellt, und in der Zeit, bis ſie eintrafen, mir Abbilder
von den Köpfen für meine eigene Mappe gemacht
hatte. Ich malte die Hände oder Büſten verſchiedener
Leute, die ſich in dem Roſenhauſe oder in dem Meier¬
hofe befanden. Meinen Gaſtfreund oder Euſtach oder
Guſtav zu bitten, daß ſie mir als Gegenſtand meiner
Kunſtbeſtrebungen dienen ſollten, hatte ich nicht den
Muth, weil die Erfolge noch gar zu unbedeutend
waren.

Guſtav nahm unter allen den größten Antheil an
dieſen Dingen. So wie er im vorigen Jahre Geräthe
mit mir gemalt hatte, verſuchte er es heuer auch mit
den Landſchaften. Sein Ziehvater und ſein Zeich¬
nungslehrer hatten nichts dagegen, da nur freie Stun¬
den zu dieſen Beſchäftigungen verwendet wurden, da
ſeine Körperübungen nicht darunter zu leiden hatten,
und da ſich dadurch das Band zwiſchen mir und ihm
noch mehr befeſtigte, was mein Gaſtfreund nicht un¬
gern zu ſehen ſchien, da doch zulezt der Jüngling nie¬
manden hatte, an wen er das Gefühl der Freund¬
ſchaft leiten ſollte, das in ſeinen Jahren ſo gerne er¬
wacht, und das ſich in ſanftem Zuge an einen Gegen¬
ſtand richtet. Da unter ſeiner Hand ein Baum ein
Stein ein Berg ein Wäſſerchen in lieblichen Farben

7 *
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0113" n="99"/>
be&#x017F;tellt, und in der Zeit, bis &#x017F;ie eintrafen, mir Abbilder<lb/>
von den Köpfen für meine eigene Mappe gemacht<lb/>
hatte. Ich malte die Hände oder Bü&#x017F;ten ver&#x017F;chiedener<lb/>
Leute, die &#x017F;ich in dem Ro&#x017F;enhau&#x017F;e oder in dem Meier¬<lb/>
hofe befanden. Meinen Ga&#x017F;tfreund oder Eu&#x017F;tach oder<lb/>
Gu&#x017F;tav zu bitten, daß &#x017F;ie mir als Gegen&#x017F;tand meiner<lb/>
Kun&#x017F;tbe&#x017F;trebungen dienen &#x017F;ollten, hatte ich nicht den<lb/>
Muth, weil die Erfolge noch gar zu unbedeutend<lb/>
waren.</p><lb/>
        <p>Gu&#x017F;tav nahm unter allen den größten Antheil an<lb/>
die&#x017F;en Dingen. So wie er im vorigen Jahre Geräthe<lb/>
mit mir gemalt hatte, ver&#x017F;uchte er es heuer auch mit<lb/>
den Land&#x017F;chaften. Sein Ziehvater und &#x017F;ein Zeich¬<lb/>
nungslehrer hatten nichts dagegen, da nur freie Stun¬<lb/>
den zu die&#x017F;en Be&#x017F;chäftigungen verwendet wurden, da<lb/>
&#x017F;eine Körperübungen nicht darunter zu leiden hatten,<lb/>
und da &#x017F;ich dadurch das Band zwi&#x017F;chen mir und ihm<lb/>
noch mehr befe&#x017F;tigte, was mein Ga&#x017F;tfreund nicht un¬<lb/>
gern zu &#x017F;ehen &#x017F;chien, da doch zulezt der Jüngling nie¬<lb/>
manden hatte, an wen er das Gefühl der Freund¬<lb/>
&#x017F;chaft leiten &#x017F;ollte, das in &#x017F;einen Jahren &#x017F;o gerne er¬<lb/>
wacht, und das &#x017F;ich in &#x017F;anftem Zuge an einen Gegen¬<lb/>
&#x017F;tand richtet. Da unter &#x017F;einer Hand ein Baum ein<lb/>
Stein ein Berg ein Wä&#x017F;&#x017F;erchen in lieblichen Farben<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">7 *<lb/></fw>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[99/0113] beſtellt, und in der Zeit, bis ſie eintrafen, mir Abbilder von den Köpfen für meine eigene Mappe gemacht hatte. Ich malte die Hände oder Büſten verſchiedener Leute, die ſich in dem Roſenhauſe oder in dem Meier¬ hofe befanden. Meinen Gaſtfreund oder Euſtach oder Guſtav zu bitten, daß ſie mir als Gegenſtand meiner Kunſtbeſtrebungen dienen ſollten, hatte ich nicht den Muth, weil die Erfolge noch gar zu unbedeutend waren. Guſtav nahm unter allen den größten Antheil an dieſen Dingen. So wie er im vorigen Jahre Geräthe mit mir gemalt hatte, verſuchte er es heuer auch mit den Landſchaften. Sein Ziehvater und ſein Zeich¬ nungslehrer hatten nichts dagegen, da nur freie Stun¬ den zu dieſen Beſchäftigungen verwendet wurden, da ſeine Körperübungen nicht darunter zu leiden hatten, und da ſich dadurch das Band zwiſchen mir und ihm noch mehr befeſtigte, was mein Gaſtfreund nicht un¬ gern zu ſehen ſchien, da doch zulezt der Jüngling nie¬ manden hatte, an wen er das Gefühl der Freund¬ ſchaft leiten ſollte, das in ſeinen Jahren ſo gerne er¬ wacht, und das ſich in ſanftem Zuge an einen Gegen¬ ſtand richtet. Da unter ſeiner Hand ein Baum ein Stein ein Berg ein Wäſſerchen in lieblichen Farben 7 *

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/113
Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/113>, abgerufen am 24.11.2024.