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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857.

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oben an, ihr zur Rechten mein Gastfreund und Na¬
talie ihr zur Linken ich Eustach und Gustav. Auch
hier besorgte eine Haushälterin und eine Magd den
Tisch. Der Hergang bei dem Speisen war der nehm¬
liche wie an jenen Abenden bei meinem Gastfreunde,
an denen wir alle beisammen gewesen waren.

Um von der Reise ausruhen zu können, trennte
man sich bald, und suchte seine Zimmer.

Ich entschlief unter Unruhe, sank aber nach und
nach in festeren Schlummer, und erwachte, da die
Sonne schon aufgegangen war.

Jezt war es Zeit herum zu schauen.

Ich kleidete mich so schnell und so sorgfältig an,
als ich konnte, ging an ein Fenster, öffnete es, und
sah hinaus. Ein ganz gleicher sehr schön grüner Ra¬
sen, der durch keine Blumengebüsche oder dergleichen
unterbrochen war, sondern nur den weißen Sandweg
enthielt, breitete sich über die gedehnte Dachung des
Hügels, auf der das Gebäude stand, hinab. Auf dem
Sandwege aber gingen Natalie und Gustav herauf.
Ich sah in die schönen jugendlichen Angesichter, sie
aber konnten mich nicht sehen, weil sie ihre Augen
nicht erhoben. Sie schienen in traulichem Gespräche
begriffen zu sein, und bei ihrer Annäherung -- an

oben an, ihr zur Rechten mein Gaſtfreund und Na¬
talie ihr zur Linken ich Euſtach und Guſtav. Auch
hier beſorgte eine Haushälterin und eine Magd den
Tiſch. Der Hergang bei dem Speiſen war der nehm¬
liche wie an jenen Abenden bei meinem Gaſtfreunde,
an denen wir alle beiſammen geweſen waren.

Um von der Reiſe ausruhen zu können, trennte
man ſich bald, und ſuchte ſeine Zimmer.

Ich entſchlief unter Unruhe, ſank aber nach und
nach in feſteren Schlummer, und erwachte, da die
Sonne ſchon aufgegangen war.

Jezt war es Zeit herum zu ſchauen.

Ich kleidete mich ſo ſchnell und ſo ſorgfältig an,
als ich konnte, ging an ein Fenſter, öffnete es, und
ſah hinaus. Ein ganz gleicher ſehr ſchön grüner Ra¬
ſen, der durch keine Blumengebüſche oder dergleichen
unterbrochen war, ſondern nur den weißen Sandweg
enthielt, breitete ſich über die gedehnte Dachung des
Hügels, auf der das Gebäude ſtand, hinab. Auf dem
Sandwege aber gingen Natalie und Guſtav herauf.
Ich ſah in die ſchönen jugendlichen Angeſichter, ſie
aber konnten mich nicht ſehen, weil ſie ihre Augen
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[455/0469] oben an, ihr zur Rechten mein Gaſtfreund und Na¬ talie ihr zur Linken ich Euſtach und Guſtav. Auch hier beſorgte eine Haushälterin und eine Magd den Tiſch. Der Hergang bei dem Speiſen war der nehm¬ liche wie an jenen Abenden bei meinem Gaſtfreunde, an denen wir alle beiſammen geweſen waren. Um von der Reiſe ausruhen zu können, trennte man ſich bald, und ſuchte ſeine Zimmer. Ich entſchlief unter Unruhe, ſank aber nach und nach in feſteren Schlummer, und erwachte, da die Sonne ſchon aufgegangen war. Jezt war es Zeit herum zu ſchauen. Ich kleidete mich ſo ſchnell und ſo ſorgfältig an, als ich konnte, ging an ein Fenſter, öffnete es, und ſah hinaus. Ein ganz gleicher ſehr ſchön grüner Ra¬ ſen, der durch keine Blumengebüſche oder dergleichen unterbrochen war, ſondern nur den weißen Sandweg enthielt, breitete ſich über die gedehnte Dachung des Hügels, auf der das Gebäude ſtand, hinab. Auf dem Sandwege aber gingen Natalie und Guſtav herauf. Ich ſah in die ſchönen jugendlichen Angeſichter, ſie aber konnten mich nicht ſehen, weil ſie ihre Augen nicht erhoben. Sie ſchienen in traulichem Geſpräche begriffen zu ſein, und bei ihrer Annäherung — an

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857, S. 455. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/469>, abgerufen am 22.11.2024.