Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857.

Bild:
<< vorherige Seite

mit diesen Blumen bekränzten. Man war täglich theils
einzeln theils zusammen zu dem Rosengitter gekom¬
men, um die Fortschritte zu betrachten, man hatte ge¬
legentlich auch andere Rosentheile und Rosenanlagen
in dem Garten besucht; allein an diesem Tage er¬
klärte man einmüthig, jezt sei die Blüthe am schön¬
sten, schöner vermöge sie nicht mehr zu werden, und
von jezt an müsse sie abzunehmen beginnen. Dies hatte
man zwar auch schon einige Tage früher gesagt; jezt
aber glaubte man sich nicht mehr zu irren, jezt glaubte
man auf dem Gipfel angelangt zu sein. So weit ich
mich auf das vergangene Jahr zu erinnern vermochte,
in welchem ich auch diese Blumen in ihrer Blüthe
angetroffen hatte, waren sie jezt schöner als damals.

Es kamen wiederholt Besuche an, die Rosen zu
sehen. Die Liebe zu diesen Blumen, welche in dem
Rosenhause herrschte, und die zweckmäßige Pflege,
welche sie da erhielten, war in der Nachbarschaft be¬
kannt geworden, und da kamen manche, welche sich
wirklich an dem ungewöhnlichen Ergebnisse dieser
Zucht ergözen wollten, und andere, die dem Besizer
etwas Angenehmes erzeigen wollten, und wieder an¬
dere, die nichts besseres zu thun wußten, als nachzu¬
ahmen, was ihre Umgebung that. Alle diese Arten

mit dieſen Blumen bekränzten. Man war täglich theils
einzeln theils zuſammen zu dem Roſengitter gekom¬
men, um die Fortſchritte zu betrachten, man hatte ge¬
legentlich auch andere Roſentheile und Roſenanlagen
in dem Garten beſucht; allein an dieſem Tage er¬
klärte man einmüthig, jezt ſei die Blüthe am ſchön¬
ſten, ſchöner vermöge ſie nicht mehr zu werden, und
von jezt an müſſe ſie abzunehmen beginnen. Dies hatte
man zwar auch ſchon einige Tage früher geſagt; jezt
aber glaubte man ſich nicht mehr zu irren, jezt glaubte
man auf dem Gipfel angelangt zu ſein. So weit ich
mich auf das vergangene Jahr zu erinnern vermochte,
in welchem ich auch dieſe Blumen in ihrer Blüthe
angetroffen hatte, waren ſie jezt ſchöner als damals.

Es kamen wiederholt Beſuche an, die Roſen zu
ſehen. Die Liebe zu dieſen Blumen, welche in dem
Roſenhauſe herrſchte, und die zweckmäßige Pflege,
welche ſie da erhielten, war in der Nachbarſchaft be¬
kannt geworden, und da kamen manche, welche ſich
wirklich an dem ungewöhnlichen Ergebniſſe dieſer
Zucht ergözen wollten, und andere, die dem Beſizer
etwas Angenehmes erzeigen wollten, und wieder an¬
dere, die nichts beſſeres zu thun wußten, als nachzu¬
ahmen, was ihre Umgebung that. Alle dieſe Arten

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0430" n="416"/>
mit die&#x017F;en Blumen bekränzten. Man war täglich theils<lb/>
einzeln theils zu&#x017F;ammen zu dem Ro&#x017F;engitter gekom¬<lb/>
men, um die Fort&#x017F;chritte zu betrachten, man hatte ge¬<lb/>
legentlich auch andere Ro&#x017F;entheile und Ro&#x017F;enanlagen<lb/>
in dem Garten be&#x017F;ucht; allein an die&#x017F;em Tage er¬<lb/>
klärte man einmüthig, jezt &#x017F;ei die Blüthe am &#x017F;chön¬<lb/>
&#x017F;ten, &#x017F;chöner vermöge &#x017F;ie nicht mehr zu werden, und<lb/>
von jezt an mü&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ie abzunehmen beginnen. Dies hatte<lb/>
man zwar auch &#x017F;chon einige Tage früher ge&#x017F;agt; jezt<lb/>
aber glaubte man &#x017F;ich nicht mehr zu irren, jezt glaubte<lb/>
man auf dem Gipfel angelangt zu &#x017F;ein. So weit ich<lb/>
mich auf das vergangene Jahr zu erinnern vermochte,<lb/>
in welchem ich auch die&#x017F;e Blumen in ihrer Blüthe<lb/>
angetroffen hatte, waren &#x017F;ie jezt &#x017F;chöner als damals.</p><lb/>
        <p>Es kamen wiederholt Be&#x017F;uche an, die Ro&#x017F;en zu<lb/>
&#x017F;ehen. Die Liebe zu die&#x017F;en Blumen, welche in dem<lb/>
Ro&#x017F;enhau&#x017F;e herr&#x017F;chte, und die zweckmäßige Pflege,<lb/>
welche &#x017F;ie da erhielten, war in der Nachbar&#x017F;chaft be¬<lb/>
kannt geworden, und da kamen manche, welche &#x017F;ich<lb/>
wirklich an dem ungewöhnlichen Ergebni&#x017F;&#x017F;e die&#x017F;er<lb/>
Zucht ergözen wollten, und andere, die dem Be&#x017F;izer<lb/>
etwas Angenehmes erzeigen wollten, und wieder an¬<lb/>
dere, die nichts be&#x017F;&#x017F;eres zu thun wußten, als nachzu¬<lb/>
ahmen, was ihre Umgebung that. Alle die&#x017F;e Arten<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[416/0430] mit dieſen Blumen bekränzten. Man war täglich theils einzeln theils zuſammen zu dem Roſengitter gekom¬ men, um die Fortſchritte zu betrachten, man hatte ge¬ legentlich auch andere Roſentheile und Roſenanlagen in dem Garten beſucht; allein an dieſem Tage er¬ klärte man einmüthig, jezt ſei die Blüthe am ſchön¬ ſten, ſchöner vermöge ſie nicht mehr zu werden, und von jezt an müſſe ſie abzunehmen beginnen. Dies hatte man zwar auch ſchon einige Tage früher geſagt; jezt aber glaubte man ſich nicht mehr zu irren, jezt glaubte man auf dem Gipfel angelangt zu ſein. So weit ich mich auf das vergangene Jahr zu erinnern vermochte, in welchem ich auch dieſe Blumen in ihrer Blüthe angetroffen hatte, waren ſie jezt ſchöner als damals. Es kamen wiederholt Beſuche an, die Roſen zu ſehen. Die Liebe zu dieſen Blumen, welche in dem Roſenhauſe herrſchte, und die zweckmäßige Pflege, welche ſie da erhielten, war in der Nachbarſchaft be¬ kannt geworden, und da kamen manche, welche ſich wirklich an dem ungewöhnlichen Ergebniſſe dieſer Zucht ergözen wollten, und andere, die dem Beſizer etwas Angenehmes erzeigen wollten, und wieder an¬ dere, die nichts beſſeres zu thun wußten, als nachzu¬ ahmen, was ihre Umgebung that. Alle dieſe Arten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/430
Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857, S. 416. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/430>, abgerufen am 22.11.2024.