sen. Einige leichte Regen, welche mein Gastfreund vorausgesagt hatte, waren dem Gedeihen bei weitem förderlicher gewesen, als es fortdauernd schönes Wet¬ ter hätte thun können. Sie kühlten die Luft von zu großer Hize zu angenehmer Milde herab, und wu¬ schen Blatt Blume und Stengel viel reiner von dem Staube, der selbst in weit von der Straße entfernten und mitten in Feldern gelegenen Orten doch nach lange andauerndem schönem Wetter sich auf Dächern Mauern Zäunen Blättern und Halmen sammelt, als es die Sprühregen, die mein Gastfreund ein paar Male durch seine Vorrichtung unter dem Dache auf die Rosen hatte ergehen lassen, zu thun im Stande gewesen waren. Unter dem klarsten, schönsten und tiefsten Blau des Himmels standen nun eines Tages Tausende von den Blumen offen, es schien, daß keine einzige Knospe im Rückstande geblieben und nicht aufgegangen ist. In ihrer Farbe von dem reinsten Weiß in gelbliches Weiß in Gelb in blasses Roth in feuriges Rosenroth in Purpur in Veilchenroth in Schwarzroth zogen sie an der Fläche dahin, daß man bei lebendiger Anschauung versucht wurde, jenen al¬ ten Völkern Recht zu geben, die die Rosen fast gött¬ lich verehrten, und bei ihren Freuden und Festen sich
ſen. Einige leichte Regen, welche mein Gaſtfreund vorausgeſagt hatte, waren dem Gedeihen bei weitem förderlicher geweſen, als es fortdauernd ſchönes Wet¬ ter hätte thun können. Sie kühlten die Luft von zu großer Hize zu angenehmer Milde herab, und wu¬ ſchen Blatt Blume und Stengel viel reiner von dem Staube, der ſelbſt in weit von der Straße entfernten und mitten in Feldern gelegenen Orten doch nach lange andauerndem ſchönem Wetter ſich auf Dächern Mauern Zäunen Blättern und Halmen ſammelt, als es die Sprühregen, die mein Gaſtfreund ein paar Male durch ſeine Vorrichtung unter dem Dache auf die Roſen hatte ergehen laſſen, zu thun im Stande geweſen waren. Unter dem klarſten, ſchönſten und tiefſten Blau des Himmels ſtanden nun eines Tages Tauſende von den Blumen offen, es ſchien, daß keine einzige Knospe im Rückſtande geblieben und nicht aufgegangen iſt. In ihrer Farbe von dem reinſten Weiß in gelbliches Weiß in Gelb in blaſſes Roth in feuriges Roſenroth in Purpur in Veilchenroth in Schwarzroth zogen ſie an der Fläche dahin, daß man bei lebendiger Anſchauung verſucht wurde, jenen al¬ ten Völkern Recht zu geben, die die Roſen faſt gött¬ lich verehrten, und bei ihren Freuden und Feſten ſich
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0429"n="415"/>ſen. Einige leichte Regen, welche mein Gaſtfreund<lb/>
vorausgeſagt hatte, waren dem Gedeihen bei weitem<lb/>
förderlicher geweſen, als es fortdauernd ſchönes Wet¬<lb/>
ter hätte thun können. Sie kühlten die Luft von zu<lb/>
großer Hize zu angenehmer Milde herab, und wu¬<lb/>ſchen Blatt Blume und Stengel viel reiner von dem<lb/>
Staube, der ſelbſt in weit von der Straße entfernten<lb/>
und mitten in Feldern gelegenen Orten doch nach<lb/>
lange andauerndem ſchönem Wetter ſich auf Dächern<lb/>
Mauern Zäunen Blättern und Halmen ſammelt, als<lb/>
es die Sprühregen, die mein Gaſtfreund ein paar<lb/>
Male durch ſeine Vorrichtung unter dem Dache auf<lb/>
die Roſen hatte ergehen laſſen, zu thun im Stande<lb/>
geweſen waren. Unter dem klarſten, ſchönſten und<lb/>
tiefſten Blau des Himmels ſtanden nun eines Tages<lb/>
Tauſende von den Blumen offen, es ſchien, daß keine<lb/>
einzige Knospe im Rückſtande geblieben und nicht<lb/>
aufgegangen iſt. In ihrer Farbe von dem reinſten<lb/>
Weiß in gelbliches Weiß in Gelb in blaſſes Roth in<lb/>
feuriges Roſenroth in Purpur in Veilchenroth in<lb/>
Schwarzroth zogen ſie an der Fläche dahin, daß man<lb/>
bei lebendiger Anſchauung verſucht wurde, jenen al¬<lb/>
ten Völkern Recht zu geben, die die Roſen faſt gött¬<lb/>
lich verehrten, und bei ihren Freuden und Feſten ſich<lb/></p></div></body></text></TEI>
[415/0429]
ſen. Einige leichte Regen, welche mein Gaſtfreund
vorausgeſagt hatte, waren dem Gedeihen bei weitem
förderlicher geweſen, als es fortdauernd ſchönes Wet¬
ter hätte thun können. Sie kühlten die Luft von zu
großer Hize zu angenehmer Milde herab, und wu¬
ſchen Blatt Blume und Stengel viel reiner von dem
Staube, der ſelbſt in weit von der Straße entfernten
und mitten in Feldern gelegenen Orten doch nach
lange andauerndem ſchönem Wetter ſich auf Dächern
Mauern Zäunen Blättern und Halmen ſammelt, als
es die Sprühregen, die mein Gaſtfreund ein paar
Male durch ſeine Vorrichtung unter dem Dache auf
die Roſen hatte ergehen laſſen, zu thun im Stande
geweſen waren. Unter dem klarſten, ſchönſten und
tiefſten Blau des Himmels ſtanden nun eines Tages
Tauſende von den Blumen offen, es ſchien, daß keine
einzige Knospe im Rückſtande geblieben und nicht
aufgegangen iſt. In ihrer Farbe von dem reinſten
Weiß in gelbliches Weiß in Gelb in blaſſes Roth in
feuriges Roſenroth in Purpur in Veilchenroth in
Schwarzroth zogen ſie an der Fläche dahin, daß man
bei lebendiger Anſchauung verſucht wurde, jenen al¬
ten Völkern Recht zu geben, die die Roſen faſt gött¬
lich verehrten, und bei ihren Freuden und Feſten ſich
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857, S. 415. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/429>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.