ich, daß bei der Fütterung in dem Eckzimmer, an des¬ sen Fenstern die Fütterungsbrettchen angebracht wa¬ ren, eine schöne Hand thätig sei, die ich für Nata¬ liens erkannte. Wir besuchten manchmal die Nester, in welchen noch gebrütet wurde oder sich Junge be¬ fanden. Die meisten aber waren schon leer, und die Nachkommenschaft wohnte bereits in den Zweigen der Bäume. Oft befanden wir uns in dem Schreiner¬ hause, sprachen mit den Leuten, betrachteten die Fortschritte der Arbeit, und redeten darüber. Wir be¬ suchten sogar auch Nachbaren, und sahen uns in ihrer Wirthschaftlichkeit um. Wenn wir in dem Hause wa¬ ren, befanden wir uns in dem Arbeitszimmer mei¬ nes Gastfreundes, es wurde etwas gelesen, oder es wurde ein geistansprechender Versuch in dem Zimmer der Naturlehre gemacht, oder wir waren in dem Bil¬ derzimmer oder in dem Marmorsaale. Mein Gast¬ freund mußte oft seine Kunst ausüben, und das Wet¬ ter voraussagen. Immer, wenn er eine bestimmte Aussage machte, traf sie ein. Oft verweigerte er aber diese Aussage, weil, wie er erklärte, die Anzeigen nicht deutlich und verständlich genug für ihn seien.
Zuweilen waren wir auch in den Zimmern der Frauen. Wir kamen dahin, wenn wir dazu geladen
ich, daß bei der Fütterung in dem Eckzimmer, an deſ¬ ſen Fenſtern die Fütterungsbrettchen angebracht wa¬ ren, eine ſchöne Hand thätig ſei, die ich für Nata¬ liens erkannte. Wir beſuchten manchmal die Neſter, in welchen noch gebrütet wurde oder ſich Junge be¬ fanden. Die meiſten aber waren ſchon leer, und die Nachkommenſchaft wohnte bereits in den Zweigen der Bäume. Oft befanden wir uns in dem Schreiner¬ hauſe, ſprachen mit den Leuten, betrachteten die Fortſchritte der Arbeit, und redeten darüber. Wir be¬ ſuchten ſogar auch Nachbaren, und ſahen uns in ihrer Wirthſchaftlichkeit um. Wenn wir in dem Hauſe wa¬ ren, befanden wir uns in dem Arbeitszimmer mei¬ nes Gaſtfreundes, es wurde etwas geleſen, oder es wurde ein geiſtanſprechender Verſuch in dem Zimmer der Naturlehre gemacht, oder wir waren in dem Bil¬ derzimmer oder in dem Marmorſaale. Mein Gaſt¬ freund mußte oft ſeine Kunſt ausüben, und das Wet¬ ter vorausſagen. Immer, wenn er eine beſtimmte Ausſage machte, traf ſie ein. Oft verweigerte er aber dieſe Ausſage, weil, wie er erklärte, die Anzeigen nicht deutlich und verſtändlich genug für ihn ſeien.
Zuweilen waren wir auch in den Zimmern der Frauen. Wir kamen dahin, wenn wir dazu geladen
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ich, daß bei der Fütterung in dem Eckzimmer, an deſ¬
ſen Fenſtern die Fütterungsbrettchen angebracht wa¬
ren, eine ſchöne Hand thätig ſei, die ich für Nata¬
liens erkannte. Wir beſuchten manchmal die Neſter,
in welchen noch gebrütet wurde oder ſich Junge be¬
fanden. Die meiſten aber waren ſchon leer, und die
Nachkommenſchaft wohnte bereits in den Zweigen der
Bäume. Oft befanden wir uns in dem Schreiner¬
hauſe, ſprachen mit den Leuten, betrachteten die
Fortſchritte der Arbeit, und redeten darüber. Wir be¬
ſuchten ſogar auch Nachbaren, und ſahen uns in ihrer
Wirthſchaftlichkeit um. Wenn wir in dem Hauſe wa¬
ren, befanden wir uns in dem Arbeitszimmer mei¬
nes Gaſtfreundes, es wurde etwas geleſen, oder es
wurde ein geiſtanſprechender Verſuch in dem Zimmer
der Naturlehre gemacht, oder wir waren in dem Bil¬
derzimmer oder in dem Marmorſaale. Mein Gaſt¬
freund mußte oft ſeine Kunſt ausüben, und das Wet¬
ter vorausſagen. Immer, wenn er eine beſtimmte
Ausſage machte, traf ſie ein. Oft verweigerte er aber
dieſe Ausſage, weil, wie er erklärte, die Anzeigen
nicht deutlich und verſtändlich genug für ihn ſeien.
Zuweilen waren wir auch in den Zimmern der
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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857, S. 412. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/426>, abgerufen am 25.11.2024.
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