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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857.

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Sternenscheine oder bei dem schwachen Lichte der
schmalen Mondessichel, die jezt immer deutlicher in
dem Abendrothe schwamm, über den Hügel in das
Haus hinab, und die schlanken Gestalten der Kinder
gingen an den dunkeln Büschen dahin.

Das alles war so einfach klar und natürlich, daß
es mir immer war, die zwei Leute seien Eheleute und
Besizer dieses Anwesens, Gustav und Natalie seien
ihre Kinder, und ich sei ein Freund, der sie hier in
diesem abgeschiedenen Winkel der Welt besucht habe,
wo sie den stilleren Rest ihres Daseins in Unschein¬
barkeit und Ruhe hinbringen wollten.

Eines Tages wurde eine feierliche Mahlzeit in
dem Speisezimmer gehalten. Es war Eustach dann
der Hausaufseher der alte Gärtner mit seiner Frau
der Verwalter des Meierhofes und die Haushälterin
Katharina geladen worden. Statt Katharinen mußte
ein anderes die Herrschaft in der Küche führen.
Es mußte, wie ich aus allem entnahm, jedes Mal
bei der Anwesenheit Mathildens die Sitte sein, ein
solches Gastmahl abzuhalten; die Leute fanden sich
auf eine natürliche Art in die Sache, und die Ge¬
spräche gingen mit einer Gemäßheit vor sich, welche
auf Übung deutete. Mathilde konnte sie veranlassen,

Stifter, Nachsommer. I. 26

Sternenſcheine oder bei dem ſchwachen Lichte der
ſchmalen Mondesſichel, die jezt immer deutlicher in
dem Abendrothe ſchwamm, über den Hügel in das
Haus hinab, und die ſchlanken Geſtalten der Kinder
gingen an den dunkeln Büſchen dahin.

Das alles war ſo einfach klar und natürlich, daß
es mir immer war, die zwei Leute ſeien Eheleute und
Beſizer dieſes Anweſens, Guſtav und Natalie ſeien
ihre Kinder, und ich ſei ein Freund, der ſie hier in
dieſem abgeſchiedenen Winkel der Welt beſucht habe,
wo ſie den ſtilleren Reſt ihres Daſeins in Unſchein¬
barkeit und Ruhe hinbringen wollten.

Eines Tages wurde eine feierliche Mahlzeit in
dem Speiſezimmer gehalten. Es war Euſtach dann
der Hausaufſeher der alte Gärtner mit ſeiner Frau
der Verwalter des Meierhofes und die Haushälterin
Katharina geladen worden. Statt Katharinen mußte
ein anderes die Herrſchaft in der Küche führen.
Es mußte, wie ich aus allem entnahm, jedes Mal
bei der Anweſenheit Mathildens die Sitte ſein, ein
ſolches Gaſtmahl abzuhalten; die Leute fanden ſich
auf eine natürliche Art in die Sache, und die Ge¬
ſpräche gingen mit einer Gemäßheit vor ſich, welche
auf Übung deutete. Mathilde konnte ſie veranlaſſen,

Stifter, Nachſommer. I. 26
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[401/0415] Sternenſcheine oder bei dem ſchwachen Lichte der ſchmalen Mondesſichel, die jezt immer deutlicher in dem Abendrothe ſchwamm, über den Hügel in das Haus hinab, und die ſchlanken Geſtalten der Kinder gingen an den dunkeln Büſchen dahin. Das alles war ſo einfach klar und natürlich, daß es mir immer war, die zwei Leute ſeien Eheleute und Beſizer dieſes Anweſens, Guſtav und Natalie ſeien ihre Kinder, und ich ſei ein Freund, der ſie hier in dieſem abgeſchiedenen Winkel der Welt beſucht habe, wo ſie den ſtilleren Reſt ihres Daſeins in Unſchein¬ barkeit und Ruhe hinbringen wollten. Eines Tages wurde eine feierliche Mahlzeit in dem Speiſezimmer gehalten. Es war Euſtach dann der Hausaufſeher der alte Gärtner mit ſeiner Frau der Verwalter des Meierhofes und die Haushälterin Katharina geladen worden. Statt Katharinen mußte ein anderes die Herrſchaft in der Küche führen. Es mußte, wie ich aus allem entnahm, jedes Mal bei der Anweſenheit Mathildens die Sitte ſein, ein ſolches Gaſtmahl abzuhalten; die Leute fanden ſich auf eine natürliche Art in die Sache, und die Ge¬ ſpräche gingen mit einer Gemäßheit vor ſich, welche auf Übung deutete. Mathilde konnte ſie veranlaſſen, Stifter, Nachſommer. I. 26

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857, S. 401. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/415>, abgerufen am 22.11.2024.