um dieses Anwesen getroffen hatte, waren auch heuer wogende, und wurden mit jedem Tage schöner dichter und segensreicher, der Garten hüllte sich in die Menge seiner Blätter und der nach und nach schwellenden Früchte, der Gesang der Vögel wurde mir immer noch lieblicher, und schien die Zweige immer mehr zu erfüllen, die scheuen Thiere lernten mich kennen, nah¬ men von mir Futter, und fürchteten mich nicht mehr. Ich lernte nach und nach alle Dienstleute kennen und nennen, sie waren freundlich mit mir, und ich glaube, sie wurden mir gut, weil sie den Herrn mich mit Wohlwollen behandeln sahen. Die Rosen gediehen sehr, tausende harrten des Augenblicks, in dem sie aufbrechen würden. Ich half oft an den Beschäftigun¬ gen, die diesen Blumen gewidmet wurden, und war dabei, wenn die Rosenarbeiten besichtiget wurden, und ausgemittelt ward, ob alles an ihnen in gutem Stande sei. Ebenso ging ich gerne zum Besehen an¬ derer Dinge mit, wenn auf Wiesen oder im Walde gearbeitet wurde, in welch lezterem man jezt daran war, das im Winter geschlagene Holz zu verkleinern, oder zum Baue oder zu Schreinerarbeiten herzurich¬ ten. Ich trug oft meinen Strohhut, wenn der alte Mann und Gustav neben mir barhäuptig gingen, in
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um dieſes Anweſen getroffen hatte, waren auch heuer wogende, und wurden mit jedem Tage ſchöner dichter und ſegensreicher, der Garten hüllte ſich in die Menge ſeiner Blätter und der nach und nach ſchwellenden Früchte, der Geſang der Vögel wurde mir immer noch lieblicher, und ſchien die Zweige immer mehr zu erfüllen, die ſcheuen Thiere lernten mich kennen, nah¬ men von mir Futter, und fürchteten mich nicht mehr. Ich lernte nach und nach alle Dienſtleute kennen und nennen, ſie waren freundlich mit mir, und ich glaube, ſie wurden mir gut, weil ſie den Herrn mich mit Wohlwollen behandeln ſahen. Die Roſen gediehen ſehr, tauſende harrten des Augenblicks, in dem ſie aufbrechen würden. Ich half oft an den Beſchäftigun¬ gen, die dieſen Blumen gewidmet wurden, und war dabei, wenn die Roſenarbeiten beſichtiget wurden, und ausgemittelt ward, ob alles an ihnen in gutem Stande ſei. Ebenſo ging ich gerne zum Beſehen an¬ derer Dinge mit, wenn auf Wieſen oder im Walde gearbeitet wurde, in welch lezterem man jezt daran war, das im Winter geſchlagene Holz zu verkleinern, oder zum Baue oder zu Schreinerarbeiten herzurich¬ ten. Ich trug oft meinen Strohhut, wenn der alte Mann und Guſtav neben mir barhäuptig gingen, in
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um dieſes Anweſen getroffen hatte, waren auch heuer
wogende, und wurden mit jedem Tage ſchöner dichter
und ſegensreicher, der Garten hüllte ſich in die Menge
ſeiner Blätter und der nach und nach ſchwellenden
Früchte, der Geſang der Vögel wurde mir immer
noch lieblicher, und ſchien die Zweige immer mehr zu
erfüllen, die ſcheuen Thiere lernten mich kennen, nah¬
men von mir Futter, und fürchteten mich nicht mehr.
Ich lernte nach und nach alle Dienſtleute kennen und
nennen, ſie waren freundlich mit mir, und ich glaube,
ſie wurden mir gut, weil ſie den Herrn mich mit
Wohlwollen behandeln ſahen. Die Roſen gediehen
ſehr, tauſende harrten des Augenblicks, in dem ſie
aufbrechen würden. Ich half oft an den Beſchäftigun¬
gen, die dieſen Blumen gewidmet wurden, und war
dabei, wenn die Roſenarbeiten beſichtiget wurden,
und ausgemittelt ward, ob alles an ihnen in gutem
Stande ſei. Ebenſo ging ich gerne zum Beſehen an¬
derer Dinge mit, wenn auf Wieſen oder im Walde
gearbeitet wurde, in welch lezterem man jezt daran
war, das im Winter geſchlagene Holz zu verkleinern,
oder zum Baue oder zu Schreinerarbeiten herzurich¬
ten. Ich trug oft meinen Strohhut, wenn der alte
Mann und Guſtav neben mir barhäuptig gingen, in
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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857, S. 371. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/385>, abgerufen am 22.11.2024.
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