Gustachs, wenn die Vormittagssonne durch die ge¬ schlossenen Vorhänge sanft herein blickte, und redeten von allerlei Dingen.
An Nachmittagen, besonders wenn trübes Wet¬ ter war, und die Geschäfte im Freien nicht eine große Ausdehnung hatten, versammelte man sich in dem Arbeitszimmer meines Gastfreundes. Dieses Zimmer war an Nachmittagen, wo es sehr zusammengeräumt, und wo mehr Muße war, der Vereinigungspunkt der kleinen Gesellschaft, wenn sie sich überhaupt verei¬ nigte. Mein alter Gastfreund hatte sich dieses Ge¬ mach sehr wohnlich, wenn auch für Einsamkeit geeig¬ net, herrichten lassen, wie er überhaupt, wenn er nicht eigens Menschen um sich versammelte, die Ein¬ samkeit liebte. Er hatte neben seinem Sessel einen Glockenzug, der durch den Fußboden in die Gesinde¬ zimmer hinab ging, um schnell einen Diener rufen zu können. In dem Schlafzimmer war etwas Ähnliches. Dort befanden sich außer dem gewöhnlichen Glocken¬ zuge an den Seitenbrettern des Bettes zwei Platten, die durch das leiseste Auflegen einer Hand eine laut und lange tönende Glocke in Bewegung setzten, da¬ mit man, wenn dem alten Manne etwas zustieße, schnell zu Hilfe eilen könnte. Zwei Diener hatten im¬
Guſtachs, wenn die Vormittagsſonne durch die ge¬ ſchloſſenen Vorhänge ſanft herein blickte, und redeten von allerlei Dingen.
An Nachmittagen, beſonders wenn trübes Wet¬ ter war, und die Geſchäfte im Freien nicht eine große Ausdehnung hatten, verſammelte man ſich in dem Arbeitszimmer meines Gaſtfreundes. Dieſes Zimmer war an Nachmittagen, wo es ſehr zuſammengeräumt, und wo mehr Muße war, der Vereinigungspunkt der kleinen Geſellſchaft, wenn ſie ſich überhaupt verei¬ nigte. Mein alter Gaſtfreund hatte ſich dieſes Ge¬ mach ſehr wohnlich, wenn auch für Einſamkeit geeig¬ net, herrichten laſſen, wie er überhaupt, wenn er nicht eigens Menſchen um ſich verſammelte, die Ein¬ ſamkeit liebte. Er hatte neben ſeinem Seſſel einen Glockenzug, der durch den Fußboden in die Geſinde¬ zimmer hinab ging, um ſchnell einen Diener rufen zu können. In dem Schlafzimmer war etwas Ähnliches. Dort befanden ſich außer dem gewöhnlichen Glocken¬ zuge an den Seitenbrettern des Bettes zwei Platten, die durch das leiſeſte Auflegen einer Hand eine laut und lange tönende Glocke in Bewegung ſetzten, da¬ mit man, wenn dem alten Manne etwas zuſtieße, ſchnell zu Hilfe eilen könnte. Zwei Diener hatten im¬
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0361"n="347"/>
Guſtachs, wenn die Vormittagsſonne durch die ge¬<lb/>ſchloſſenen Vorhänge ſanft herein blickte, und redeten<lb/>
von allerlei Dingen.</p><lb/><p>An Nachmittagen, beſonders wenn trübes Wet¬<lb/>
ter war, und die Geſchäfte im Freien nicht eine große<lb/>
Ausdehnung hatten, verſammelte man ſich in dem<lb/>
Arbeitszimmer meines Gaſtfreundes. Dieſes Zimmer<lb/>
war an Nachmittagen, wo es ſehr zuſammengeräumt,<lb/>
und wo mehr Muße war, der Vereinigungspunkt der<lb/>
kleinen Geſellſchaft, wenn ſie ſich überhaupt verei¬<lb/>
nigte. Mein alter Gaſtfreund hatte ſich dieſes Ge¬<lb/>
mach ſehr wohnlich, wenn auch für Einſamkeit geeig¬<lb/>
net, herrichten laſſen, wie er überhaupt, wenn er<lb/>
nicht eigens Menſchen um ſich verſammelte, die Ein¬<lb/>ſamkeit liebte. Er hatte neben ſeinem Seſſel einen<lb/>
Glockenzug, der durch den Fußboden in die Geſinde¬<lb/>
zimmer hinab ging, um ſchnell einen Diener rufen zu<lb/>
können. In dem Schlafzimmer war etwas Ähnliches.<lb/>
Dort befanden ſich außer dem gewöhnlichen Glocken¬<lb/>
zuge an den Seitenbrettern des Bettes zwei Platten,<lb/>
die durch das leiſeſte Auflegen einer Hand eine laut<lb/>
und lange tönende Glocke in Bewegung ſetzten, da¬<lb/>
mit man, wenn dem alten Manne etwas zuſtieße,<lb/>ſchnell zu Hilfe eilen könnte. Zwei Diener hatten im¬<lb/></p></div></body></text></TEI>
[347/0361]
Guſtachs, wenn die Vormittagsſonne durch die ge¬
ſchloſſenen Vorhänge ſanft herein blickte, und redeten
von allerlei Dingen.
An Nachmittagen, beſonders wenn trübes Wet¬
ter war, und die Geſchäfte im Freien nicht eine große
Ausdehnung hatten, verſammelte man ſich in dem
Arbeitszimmer meines Gaſtfreundes. Dieſes Zimmer
war an Nachmittagen, wo es ſehr zuſammengeräumt,
und wo mehr Muße war, der Vereinigungspunkt der
kleinen Geſellſchaft, wenn ſie ſich überhaupt verei¬
nigte. Mein alter Gaſtfreund hatte ſich dieſes Ge¬
mach ſehr wohnlich, wenn auch für Einſamkeit geeig¬
net, herrichten laſſen, wie er überhaupt, wenn er
nicht eigens Menſchen um ſich verſammelte, die Ein¬
ſamkeit liebte. Er hatte neben ſeinem Seſſel einen
Glockenzug, der durch den Fußboden in die Geſinde¬
zimmer hinab ging, um ſchnell einen Diener rufen zu
können. In dem Schlafzimmer war etwas Ähnliches.
Dort befanden ſich außer dem gewöhnlichen Glocken¬
zuge an den Seitenbrettern des Bettes zwei Platten,
die durch das leiſeſte Auflegen einer Hand eine laut
und lange tönende Glocke in Bewegung ſetzten, da¬
mit man, wenn dem alten Manne etwas zuſtieße,
ſchnell zu Hilfe eilen könnte. Zwei Diener hatten im¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857, S. 347. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/361>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.