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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857.

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es einen ganz anderen Eindruck als damals, da ich
es als weiße Stelle in dem gesättigten und dunkeln
Grün der Felder und Bäume unter einem schwülen
und heißen Himmel gesehen hatte. Die Felder hat¬
ten noch mit Ausnahme der grünen Streifen der
Wintersaat die braunen Schollen der nackten Erde,
die Bäume hatten noch kein Knöspchen, und das
Weiß des Hauses sah zu mir herüber, als sähe ich es
auf einem schwach veilchenblauen Grunde.

Ich ging auf der Straße in der Nähe von Rohr¬
berg vorüber, und kam endlich zu der Stelle, wo der
Feldweg von ihr über den Hügel zu dem Rosenhause
hinaufführt. Ich ging zwischen den Zäunen und nack¬
ten Hecken dahin, ich ging auf der Höhe zwischen den
Feldern, und stand dann vor dem Gitter des Hauses.
Wie anders war es jezt. Die Bäume ragten mit dem
schwarzen oder braunlichen Gezweige nackt in die dun¬
kelblaue Luft. Das einzige Grün waren die Garten¬
gitter. Über die Rosenbäumchen an dem Hause war
eine schöngearbeitete Decke von Stroh herabgelassen.
Ich zog den Glockengriff, ein Mann erschien, der mich
kannte und einließ, und ich wurde zu dem Herrn ge¬
führt, der sich eben in dem Garten befand.

Ich traf ihn in einer Kleidung wie im Sommer,

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es einen ganz anderen Eindruck als damals, da ich
es als weiße Stelle in dem geſättigten und dunkeln
Grün der Felder und Bäume unter einem ſchwülen
und heißen Himmel geſehen hatte. Die Felder hat¬
ten noch mit Ausnahme der grünen Streifen der
Winterſaat die braunen Schollen der nackten Erde,
die Bäume hatten noch kein Knöspchen, und das
Weiß des Hauſes ſah zu mir herüber, als ſähe ich es
auf einem ſchwach veilchenblauen Grunde.

Ich ging auf der Straße in der Nähe von Rohr¬
berg vorüber, und kam endlich zu der Stelle, wo der
Feldweg von ihr über den Hügel zu dem Roſenhauſe
hinaufführt. Ich ging zwiſchen den Zäunen und nack¬
ten Hecken dahin, ich ging auf der Höhe zwiſchen den
Feldern, und ſtand dann vor dem Gitter des Hauſes.
Wie anders war es jezt. Die Bäume ragten mit dem
ſchwarzen oder braunlichen Gezweige nackt in die dun¬
kelblaue Luft. Das einzige Grün waren die Garten¬
gitter. Über die Roſenbäumchen an dem Hauſe war
eine ſchöngearbeitete Decke von Stroh herabgelaſſen.
Ich zog den Glockengriff, ein Mann erſchien, der mich
kannte und einließ, und ich wurde zu dem Herrn ge¬
führt, der ſich eben in dem Garten befand.

Ich traf ihn in einer Kleidung wie im Sommer,

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[323/0337] es einen ganz anderen Eindruck als damals, da ich es als weiße Stelle in dem geſättigten und dunkeln Grün der Felder und Bäume unter einem ſchwülen und heißen Himmel geſehen hatte. Die Felder hat¬ ten noch mit Ausnahme der grünen Streifen der Winterſaat die braunen Schollen der nackten Erde, die Bäume hatten noch kein Knöspchen, und das Weiß des Hauſes ſah zu mir herüber, als ſähe ich es auf einem ſchwach veilchenblauen Grunde. Ich ging auf der Straße in der Nähe von Rohr¬ berg vorüber, und kam endlich zu der Stelle, wo der Feldweg von ihr über den Hügel zu dem Roſenhauſe hinaufführt. Ich ging zwiſchen den Zäunen und nack¬ ten Hecken dahin, ich ging auf der Höhe zwiſchen den Feldern, und ſtand dann vor dem Gitter des Hauſes. Wie anders war es jezt. Die Bäume ragten mit dem ſchwarzen oder braunlichen Gezweige nackt in die dun¬ kelblaue Luft. Das einzige Grün waren die Garten¬ gitter. Über die Roſenbäumchen an dem Hauſe war eine ſchöngearbeitete Decke von Stroh herabgelaſſen. Ich zog den Glockengriff, ein Mann erſchien, der mich kannte und einließ, und ich wurde zu dem Herrn ge¬ führt, der ſich eben in dem Garten befand. Ich traf ihn in einer Kleidung wie im Sommer, 21 *

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857, S. 323. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/337>, abgerufen am 22.07.2024.