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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857.

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Am ersten Sonntage nach meiner Ankunft war
ein Bewillkommungsmahl. Alle Leute von dem
Handelsgeschäfte meines Vaters waren besonders
eingeladen worden, und es wurden bessere Speisen
und besserer Wein auf den Tisch gesezt. Auch die zwei
alten Leute, die in dem dunkeln Stadthause unsere
Wohnungsnachbaren gewesen waren, sind zu diesem
Mahle geladen worden, weil sie mich sehr lieb hatten,
und weil die Frau gesagt hatte, daß aus mir einmal
große Dinge werden würden. Diese Mahle waren
schon seit ein paar Jahren Sitte, und die alten Leute
waren jedesmal Gäste dabei.

Als ich mit dem Hauptsächlichsten in der Anord¬
nung meiner Zimmer fertig war, besuchte ich auch
meine Freunde in der Stadt, und brachte wieder
manche Abenddämmerung in der Buchhandlung zu,
welche mir ein lieber Aufenthalt geworden war.
Wenn ich durch die Gassen der Stadt ging, war es
mir, als hätte ich das, was ich von dem alten Manne
wußte, in einem Märchenbuche gelesen; wenn ich
aber wieder nach Hause kam, und in die Zimmer
mit den alterthümlichen Gegenständen und mit den
Bildern ging, so war er wieder wirklich, und paßte
hieher als Vergleichsgegenstand.

Am erſten Sonntage nach meiner Ankunft war
ein Bewillkommungsmahl. Alle Leute von dem
Handelsgeſchäfte meines Vaters waren beſonders
eingeladen worden, und es wurden beſſere Speiſen
und beſſerer Wein auf den Tiſch geſezt. Auch die zwei
alten Leute, die in dem dunkeln Stadthauſe unſere
Wohnungsnachbaren geweſen waren, ſind zu dieſem
Mahle geladen worden, weil ſie mich ſehr lieb hatten,
und weil die Frau geſagt hatte, daß aus mir einmal
große Dinge werden würden. Dieſe Mahle waren
ſchon ſeit ein paar Jahren Sitte, und die alten Leute
waren jedesmal Gäſte dabei.

Als ich mit dem Hauptſächlichſten in der Anord¬
nung meiner Zimmer fertig war, beſuchte ich auch
meine Freunde in der Stadt, und brachte wieder
manche Abenddämmerung in der Buchhandlung zu,
welche mir ein lieber Aufenthalt geworden war.
Wenn ich durch die Gaſſen der Stadt ging, war es
mir, als hätte ich das, was ich von dem alten Manne
wußte, in einem Märchenbuche geleſen; wenn ich
aber wieder nach Hauſe kam, und in die Zimmer
mit den alterthümlichen Gegenſtänden und mit den
Bildern ging, ſo war er wieder wirklich, und paßte
hieher als Vergleichsgegenſtand.

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[286/0300] Am erſten Sonntage nach meiner Ankunft war ein Bewillkommungsmahl. Alle Leute von dem Handelsgeſchäfte meines Vaters waren beſonders eingeladen worden, und es wurden beſſere Speiſen und beſſerer Wein auf den Tiſch geſezt. Auch die zwei alten Leute, die in dem dunkeln Stadthauſe unſere Wohnungsnachbaren geweſen waren, ſind zu dieſem Mahle geladen worden, weil ſie mich ſehr lieb hatten, und weil die Frau geſagt hatte, daß aus mir einmal große Dinge werden würden. Dieſe Mahle waren ſchon ſeit ein paar Jahren Sitte, und die alten Leute waren jedesmal Gäſte dabei. Als ich mit dem Hauptſächlichſten in der Anord¬ nung meiner Zimmer fertig war, beſuchte ich auch meine Freunde in der Stadt, und brachte wieder manche Abenddämmerung in der Buchhandlung zu, welche mir ein lieber Aufenthalt geworden war. Wenn ich durch die Gaſſen der Stadt ging, war es mir, als hätte ich das, was ich von dem alten Manne wußte, in einem Märchenbuche geleſen; wenn ich aber wieder nach Hauſe kam, und in die Zimmer mit den alterthümlichen Gegenſtänden und mit den Bildern ging, ſo war er wieder wirklich, und paßte hieher als Vergleichsgegenſtand.

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/300>, abgerufen am 22.07.2024.