Gebirge hinaussah, stand ein Tischchen von demsel¬ ben Holze und ein reichgepolsterter Sessel und Schem¬ mel, wie wenn hier der Plaz für eine Frau zum Ruhen wäre. An den Wänden hingen nur vier kleine an Größe und Rahmen vollkommen gleiche Öhlgemälde. Der Fußboden war mit einem feinen grünen Teppiche überspannt, dessen einfache Farbe sich nur ein wenig von dem Grün der Bänder abhob. Es war gleichsam der Rasenteppich, über dem die Farben der Rosen schwebten. Die Schürzange und die anderen Geräthe an dem Kamine hatten vergoldete Griffe, auf dem Tische stand ein goldenes Glöcklein.
Kein Merkmal in dem Gemache zeigte an, daß es bewohnt sei. Kein Geräthe war verrückt, an dem Teppiche zeigte sich keine Falte, und an den Fenster¬ vorhängen keine Verknitterung.
Als ich eine Zeit diese Dinge mit Staunen be¬ trachtet hatte, öffnete mein Begleiter wieder die Tape¬ tenthür, die man auch im Innern dieses Zimmers nicht sehen konnte, und führte mich hinaus. Er hatte in dem Rosenzimmerchen nicht ein Wort gesprochen, und ich auch nicht. Als wir durch die anderen Zimmer gegangen waren, und er sie hinter uns zugeschlossen hatte, sagte er mir ebenfalls über den Zweck dieser
Gebirge hinausſah, ſtand ein Tiſchchen von demſel¬ ben Holze und ein reichgepolſterter Seſſel und Schem¬ mel, wie wenn hier der Plaz für eine Frau zum Ruhen wäre. An den Wänden hingen nur vier kleine an Größe und Rahmen vollkommen gleiche Öhlgemälde. Der Fußboden war mit einem feinen grünen Teppiche überſpannt, deſſen einfache Farbe ſich nur ein wenig von dem Grün der Bänder abhob. Es war gleichſam der Raſenteppich, über dem die Farben der Roſen ſchwebten. Die Schürzange und die anderen Geräthe an dem Kamine hatten vergoldete Griffe, auf dem Tiſche ſtand ein goldenes Glöcklein.
Kein Merkmal in dem Gemache zeigte an, daß es bewohnt ſei. Kein Geräthe war verrückt, an dem Teppiche zeigte ſich keine Falte, und an den Fenſter¬ vorhängen keine Verknitterung.
Als ich eine Zeit dieſe Dinge mit Staunen be¬ trachtet hatte, öffnete mein Begleiter wieder die Tape¬ tenthür, die man auch im Innern dieſes Zimmers nicht ſehen konnte, und führte mich hinaus. Er hatte in dem Roſenzimmerchen nicht ein Wort geſprochen, und ich auch nicht. Als wir durch die anderen Zimmer gegangen waren, und er ſie hinter uns zugeſchloſſen hatte, ſagte er mir ebenfalls über den Zweck dieſer
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0278"n="264"/>
Gebirge hinausſah, ſtand ein Tiſchchen von demſel¬<lb/>
ben Holze und ein reichgepolſterter Seſſel und Schem¬<lb/>
mel, wie wenn hier der Plaz für eine Frau zum Ruhen<lb/>
wäre. An den Wänden hingen nur vier kleine an<lb/>
Größe und Rahmen vollkommen gleiche Öhlgemälde.<lb/>
Der Fußboden war mit einem feinen grünen Teppiche<lb/>
überſpannt, deſſen einfache Farbe ſich nur ein wenig<lb/>
von dem Grün der Bänder abhob. Es war gleichſam<lb/>
der Raſenteppich, über dem die Farben der Roſen<lb/>ſchwebten. Die Schürzange und die anderen Geräthe<lb/>
an dem Kamine hatten vergoldete Griffe, auf dem<lb/>
Tiſche ſtand ein goldenes Glöcklein.</p><lb/><p>Kein Merkmal in dem Gemache zeigte an, daß<lb/>
es bewohnt ſei. Kein Geräthe war verrückt, an dem<lb/>
Teppiche zeigte ſich keine Falte, und an den Fenſter¬<lb/>
vorhängen keine Verknitterung.</p><lb/><p>Als ich eine Zeit dieſe Dinge mit Staunen be¬<lb/>
trachtet hatte, öffnete mein Begleiter wieder die Tape¬<lb/>
tenthür, die man auch im Innern dieſes Zimmers<lb/>
nicht ſehen konnte, und führte mich hinaus. Er hatte<lb/>
in dem Roſenzimmerchen nicht ein Wort geſprochen,<lb/>
und ich auch nicht. Als wir durch die anderen Zimmer<lb/>
gegangen waren, und er ſie hinter uns zugeſchloſſen<lb/>
hatte, ſagte er mir ebenfalls über den Zweck dieſer<lb/></p></div></body></text></TEI>
[264/0278]
Gebirge hinausſah, ſtand ein Tiſchchen von demſel¬
ben Holze und ein reichgepolſterter Seſſel und Schem¬
mel, wie wenn hier der Plaz für eine Frau zum Ruhen
wäre. An den Wänden hingen nur vier kleine an
Größe und Rahmen vollkommen gleiche Öhlgemälde.
Der Fußboden war mit einem feinen grünen Teppiche
überſpannt, deſſen einfache Farbe ſich nur ein wenig
von dem Grün der Bänder abhob. Es war gleichſam
der Raſenteppich, über dem die Farben der Roſen
ſchwebten. Die Schürzange und die anderen Geräthe
an dem Kamine hatten vergoldete Griffe, auf dem
Tiſche ſtand ein goldenes Glöcklein.
Kein Merkmal in dem Gemache zeigte an, daß
es bewohnt ſei. Kein Geräthe war verrückt, an dem
Teppiche zeigte ſich keine Falte, und an den Fenſter¬
vorhängen keine Verknitterung.
Als ich eine Zeit dieſe Dinge mit Staunen be¬
trachtet hatte, öffnete mein Begleiter wieder die Tape¬
tenthür, die man auch im Innern dieſes Zimmers
nicht ſehen konnte, und führte mich hinaus. Er hatte
in dem Roſenzimmerchen nicht ein Wort geſprochen,
und ich auch nicht. Als wir durch die anderen Zimmer
gegangen waren, und er ſie hinter uns zugeſchloſſen
hatte, ſagte er mir ebenfalls über den Zweck dieſer
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/278>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.