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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857.

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tes kleines Zimmer mit einem einzigen Fenster. Das
Zimmerchen war sehr schön. Es war ganz in sanft
rosenfarbener Seide ausgeschlagen, welche Zeichnungen
in derselben nur etwas dunkleren Farbe hatte. An die¬
ser schwach rosenrothen Seide lief eine Polsterbank
von lichtgrauer Seide hin, die mit mattgrünen Bän¬
dern gerändert war. Sessel von gleicher Art standen
herum. Die Seide grau in Grau gezeichnet hob sich
licht und lieblich von dem Roth der Wände ab, es
machte fast einen Eindruck, wie wenn weiße Rosen
neben rothen sind. Die grünen Streifen erinnerten
an das grüne Laubblatt der Rosen. In einer der hin¬
teren Ecken des Zimmers war ein Kamin von eben¬
falls grauer nur dunklerer Farbe mit grünen Streifen
in den Simsen und sehr schmalen Goldleisten. Vor
der Polsterbank und den Sesseln stand ein Tisch, des¬
sen Platte grauer Marmor von derselben Farbe wie
der Kamin war. Die Füsse des Tisches und der Ses¬
sel so wie die Fassungen an der Polsterbank und den
anderen Dingen waren von dem schönen veilchen¬
blauen Amarantholze; aber so leicht gearbeitet, daß
dieses Holz nirgends herrschte. An dem mit grauen
Seidenvorhängen gesäumten Fenster, welches zwischen
grünen Baumwölbungen auf die Landschaft und das

tes kleines Zimmer mit einem einzigen Fenſter. Das
Zimmerchen war ſehr ſchön. Es war ganz in ſanft
roſenfarbener Seide ausgeſchlagen, welche Zeichnungen
in derſelben nur etwas dunkleren Farbe hatte. An die¬
ſer ſchwach roſenrothen Seide lief eine Polſterbank
von lichtgrauer Seide hin, die mit mattgrünen Bän¬
dern gerändert war. Seſſel von gleicher Art ſtanden
herum. Die Seide grau in Grau gezeichnet hob ſich
licht und lieblich von dem Roth der Wände ab, es
machte faſt einen Eindruck, wie wenn weiße Roſen
neben rothen ſind. Die grünen Streifen erinnerten
an das grüne Laubblatt der Roſen. In einer der hin¬
teren Ecken des Zimmers war ein Kamin von eben¬
falls grauer nur dunklerer Farbe mit grünen Streifen
in den Simſen und ſehr ſchmalen Goldleiſten. Vor
der Polſterbank und den Seſſeln ſtand ein Tiſch, deſ¬
ſen Platte grauer Marmor von derſelben Farbe wie
der Kamin war. Die Füſſe des Tiſches und der Seſ¬
ſel ſo wie die Faſſungen an der Polſterbank und den
anderen Dingen waren von dem ſchönen veilchen¬
blauen Amarantholze; aber ſo leicht gearbeitet, daß
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[263/0277] tes kleines Zimmer mit einem einzigen Fenſter. Das Zimmerchen war ſehr ſchön. Es war ganz in ſanft roſenfarbener Seide ausgeſchlagen, welche Zeichnungen in derſelben nur etwas dunkleren Farbe hatte. An die¬ ſer ſchwach roſenrothen Seide lief eine Polſterbank von lichtgrauer Seide hin, die mit mattgrünen Bän¬ dern gerändert war. Seſſel von gleicher Art ſtanden herum. Die Seide grau in Grau gezeichnet hob ſich licht und lieblich von dem Roth der Wände ab, es machte faſt einen Eindruck, wie wenn weiße Roſen neben rothen ſind. Die grünen Streifen erinnerten an das grüne Laubblatt der Roſen. In einer der hin¬ teren Ecken des Zimmers war ein Kamin von eben¬ falls grauer nur dunklerer Farbe mit grünen Streifen in den Simſen und ſehr ſchmalen Goldleiſten. Vor der Polſterbank und den Seſſeln ſtand ein Tiſch, deſ¬ ſen Platte grauer Marmor von derſelben Farbe wie der Kamin war. Die Füſſe des Tiſches und der Seſ¬ ſel ſo wie die Faſſungen an der Polſterbank und den anderen Dingen waren von dem ſchönen veilchen¬ blauen Amarantholze; aber ſo leicht gearbeitet, daß dieſes Holz nirgends herrſchte. An dem mit grauen Seidenvorhängen geſäumten Fenſter, welches zwiſchen grünen Baumwölbungen auf die Landſchaft und das

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/277>, abgerufen am 22.07.2024.