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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857.

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Diener oder eigentlich eine Dienerin; denn es sah
ganz aus wie das Zimmer, in welchem die Mädchen
meiner Mutter wohnten. Es standen große Kleider¬
kästen da, mit grünem Ziz verhängte Betten, und es
lagen Dinge herum, wie in dem Mädchenzimmer
meiner Mutter. Die zwei anderen Gemächer zeigten
zwar nicht solche Dinge, im Gegentheile sie waren in
der musterhaftesten Ordnung; aber sie wiesen doch
eine solche Gestalt, daß man schließen mußte, daß sie
zu Wohnungen für Frauen bestimmt sind. Die Ge¬
räthe des ersten waren von Mahagoniholz die des
zweiten von Cedern. Überall standen weichgepolsterte
Size und schöne Tische herum. Auf dem Fußboden la¬
gen weiche Teppiche, die Pfeiler hatten hohe Spiegel,
außerdem stand in jedem Zimmer noch ein beweglicher
Ankleidespiegel, an den Fenstern waren Arbeitstisch¬
chen, und in der Ecke jedes Zimmers stand von wei¬
ßen Vorhängen dicht und undurchdringlich umgeben
ein Bett. Jedes Gemach hatte ein Blumentischchen,
und an den Wänden hingen einige Gemälde.

Als ich diese Zimmer eine Weile betrachtet hatte,
öffnete mein Begleiter im dritten Zimmer mittelst
eines Drückers eine Tapetenthür, die sich den Blicken
nicht gezeigt hatte, und führte mich noch in ein vier¬

Diener oder eigentlich eine Dienerin; denn es ſah
ganz aus wie das Zimmer, in welchem die Mädchen
meiner Mutter wohnten. Es ſtanden große Kleider¬
käſten da, mit grünem Ziz verhängte Betten, und es
lagen Dinge herum, wie in dem Mädchenzimmer
meiner Mutter. Die zwei anderen Gemächer zeigten
zwar nicht ſolche Dinge, im Gegentheile ſie waren in
der muſterhafteſten Ordnung; aber ſie wieſen doch
eine ſolche Geſtalt, daß man ſchließen mußte, daß ſie
zu Wohnungen für Frauen beſtimmt ſind. Die Ge¬
räthe des erſten waren von Mahagoniholz die des
zweiten von Cedern. Überall ſtanden weichgepolſterte
Size und ſchöne Tiſche herum. Auf dem Fußboden la¬
gen weiche Teppiche, die Pfeiler hatten hohe Spiegel,
außerdem ſtand in jedem Zimmer noch ein beweglicher
Ankleideſpiegel, an den Fenſtern waren Arbeitstiſch¬
chen, und in der Ecke jedes Zimmers ſtand von wei¬
ßen Vorhängen dicht und undurchdringlich umgeben
ein Bett. Jedes Gemach hatte ein Blumentiſchchen,
und an den Wänden hingen einige Gemälde.

Als ich dieſe Zimmer eine Weile betrachtet hatte,
öffnete mein Begleiter im dritten Zimmer mittelſt
eines Drückers eine Tapetenthür, die ſich den Blicken
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[262/0276] Diener oder eigentlich eine Dienerin; denn es ſah ganz aus wie das Zimmer, in welchem die Mädchen meiner Mutter wohnten. Es ſtanden große Kleider¬ käſten da, mit grünem Ziz verhängte Betten, und es lagen Dinge herum, wie in dem Mädchenzimmer meiner Mutter. Die zwei anderen Gemächer zeigten zwar nicht ſolche Dinge, im Gegentheile ſie waren in der muſterhafteſten Ordnung; aber ſie wieſen doch eine ſolche Geſtalt, daß man ſchließen mußte, daß ſie zu Wohnungen für Frauen beſtimmt ſind. Die Ge¬ räthe des erſten waren von Mahagoniholz die des zweiten von Cedern. Überall ſtanden weichgepolſterte Size und ſchöne Tiſche herum. Auf dem Fußboden la¬ gen weiche Teppiche, die Pfeiler hatten hohe Spiegel, außerdem ſtand in jedem Zimmer noch ein beweglicher Ankleideſpiegel, an den Fenſtern waren Arbeitstiſch¬ chen, und in der Ecke jedes Zimmers ſtand von wei¬ ßen Vorhängen dicht und undurchdringlich umgeben ein Bett. Jedes Gemach hatte ein Blumentiſchchen, und an den Wänden hingen einige Gemälde. Als ich dieſe Zimmer eine Weile betrachtet hatte, öffnete mein Begleiter im dritten Zimmer mittelſt eines Drückers eine Tapetenthür, die ſich den Blicken nicht gezeigt hatte, und führte mich noch in ein vier¬

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/276>, abgerufen am 22.07.2024.