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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857.

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Eier hervor, der Finke, der gerne in den Nadelbäumen
nistet, weßhalb auch solche Bäume in dem Garten
sind, geht gleichwohl gerne von ihnen herab, und
läuft den Gängen der Käfer und dergleichen nach,
und ihn unterstüzen oder übertreffen vielmehr die Am¬
merlinge die Grasmücken die Rothkehlchen, die auf
der Erde unter Kohlpflanzen und in Hecken ihre Nah¬
rung suchen und finden. Sie beirren sich wechselseitig
nicht, und lassen in ihrer unglaublichen Thätigkeit
nicht nach, ja sie scheinen sich eher darin einander
anzueifern. Ich habe nicht eigens Beobachtungen an¬
gestellt ; aber wenn man mehrere Jahre unter den
Thieren lebt, so gibt sich die Betrachtung von selber."

"Auch einen eigenthümlichen Gedanken," fuhr er
fort, "hat das Walten dieser Thiere in mir erweckt,
oder vielmehr bestärkt; denn ich hatte ihn schon längst.
Allen Thatsachen, die wichtig sind, hat Gott außer
unserem Bewußtsein ihres Werthes auch noch einen
Reiz für uns beigesellt, der sie annehmlich in unser
Wesen gehen läßt. Diesen Thierchen nun, die so nüz¬
lich sind, hat er, ich möchte sagen, die goldene Stimme
mitgegeben, gegen die der verhärtetste Mensch nicht
verhärtet genug ist. Ich habe in unserem Garten
mehr Vergnügen gehabt als manchmal in Sälen, in

Eier hervor, der Finke, der gerne in den Nadelbäumen
niſtet, weßhalb auch ſolche Bäume in dem Garten
ſind, geht gleichwohl gerne von ihnen herab, und
läuft den Gängen der Käfer und dergleichen nach,
und ihn unterſtüzen oder übertreffen vielmehr die Am¬
merlinge die Grasmücken die Rothkehlchen, die auf
der Erde unter Kohlpflanzen und in Hecken ihre Nah¬
rung ſuchen und finden. Sie beirren ſich wechſelſeitig
nicht, und laſſen in ihrer unglaublichen Thätigkeit
nicht nach, ja ſie ſcheinen ſich eher darin einander
anzueifern. Ich habe nicht eigens Beobachtungen an¬
geſtellt ; aber wenn man mehrere Jahre unter den
Thieren lebt, ſo gibt ſich die Betrachtung von ſelber.“

„Auch einen eigenthümlichen Gedanken,“ fuhr er
fort, „hat das Walten dieſer Thiere in mir erweckt,
oder vielmehr beſtärkt; denn ich hatte ihn ſchon längſt.
Allen Thatſachen, die wichtig ſind, hat Gott außer
unſerem Bewußtſein ihres Werthes auch noch einen
Reiz für uns beigeſellt, der ſie annehmlich in unſer
Weſen gehen läßt. Dieſen Thierchen nun, die ſo nüz¬
lich ſind, hat er, ich möchte ſagen, die goldene Stimme
mitgegeben, gegen die der verhärtetſte Menſch nicht
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[244/0258] Eier hervor, der Finke, der gerne in den Nadelbäumen niſtet, weßhalb auch ſolche Bäume in dem Garten ſind, geht gleichwohl gerne von ihnen herab, und läuft den Gängen der Käfer und dergleichen nach, und ihn unterſtüzen oder übertreffen vielmehr die Am¬ merlinge die Grasmücken die Rothkehlchen, die auf der Erde unter Kohlpflanzen und in Hecken ihre Nah¬ rung ſuchen und finden. Sie beirren ſich wechſelſeitig nicht, und laſſen in ihrer unglaublichen Thätigkeit nicht nach, ja ſie ſcheinen ſich eher darin einander anzueifern. Ich habe nicht eigens Beobachtungen an¬ geſtellt ; aber wenn man mehrere Jahre unter den Thieren lebt, ſo gibt ſich die Betrachtung von ſelber.“ „Auch einen eigenthümlichen Gedanken,“ fuhr er fort, „hat das Walten dieſer Thiere in mir erweckt, oder vielmehr beſtärkt; denn ich hatte ihn ſchon längſt. Allen Thatſachen, die wichtig ſind, hat Gott außer unſerem Bewußtſein ihres Werthes auch noch einen Reiz für uns beigeſellt, der ſie annehmlich in unſer Weſen gehen läßt. Dieſen Thierchen nun, die ſo nüz¬ lich ſind, hat er, ich möchte ſagen, die goldene Stimme mitgegeben, gegen die der verhärtetſte Menſch nicht verhärtet genug iſt. Ich habe in unſerem Garten mehr Vergnügen gehabt als manchmal in Sälen, in

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/258>, abgerufen am 22.11.2024.