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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857.

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zen, die ich entweder selbst gezogen oder von Blumen¬
züchtern eingesendet erhalten hatte, in die lockere Erde
gesezt. Da sie wuchsen, wurden sie angebunden, im
Laufe der Jahre versezt, verwechselt, beschnitten und
dergleichen, bis sich die Wand allgemach erfüllte. In
dem Garten sind die Vorrathsbeete angelegt worden,
gleichsam die Schule, in welcher die gezogen werden,
die einmal hieher kommen sollen. Wir haben gegen
die Sonne eine Rolle Leinwand unter dem Dache an¬
bringen lassen, die durch einige leichte Züge mit
Schnüren in ein Dach über die Rosen verwandelt
werden kann, das nur gedämpfte Strahlen durchläßt.
So werden die Pflanzen vor der zu heißen Sommer¬
sonne und die Blumen vor derjenigen Sonne ge¬
schüzt, die ihnen schaden könnte. Die heutige ist ih¬
nen nicht zu heiß, ihr seht, daß sie sie fröhlich aus¬
halten. Was ihr von Thau und Regen sagt, so steht
das Gitter nicht so nahe an dem Hause, daß die Ein¬
flüsse des freien Himmels ganz abgehalten werden.
Thau sammelt sich auf den Rosen und selbst Regen
träufelt auf sie herunter. Damit wir aber doch nach¬
helfen, und zu jener Zeit Wasser geben können, wo
es der Himmel versagt, haben wir eine hohle Walze
unter der Dachrinne, die mit äußerst feinen Löchern

zen, die ich entweder ſelbſt gezogen oder von Blumen¬
züchtern eingeſendet erhalten hatte, in die lockere Erde
geſezt. Da ſie wuchſen, wurden ſie angebunden, im
Laufe der Jahre verſezt, verwechſelt, beſchnitten und
dergleichen, bis ſich die Wand allgemach erfüllte. In
dem Garten ſind die Vorrathsbeete angelegt worden,
gleichſam die Schule, in welcher die gezogen werden,
die einmal hieher kommen ſollen. Wir haben gegen
die Sonne eine Rolle Leinwand unter dem Dache an¬
bringen laſſen, die durch einige leichte Züge mit
Schnüren in ein Dach über die Roſen verwandelt
werden kann, das nur gedämpfte Strahlen durchläßt.
So werden die Pflanzen vor der zu heißen Sommer¬
ſonne und die Blumen vor derjenigen Sonne ge¬
ſchüzt, die ihnen ſchaden könnte. Die heutige iſt ih¬
nen nicht zu heiß, ihr ſeht, daß ſie ſie fröhlich aus¬
halten. Was ihr von Thau und Regen ſagt, ſo ſteht
das Gitter nicht ſo nahe an dem Hauſe, daß die Ein¬
flüſſe des freien Himmels ganz abgehalten werden.
Thau ſammelt ſich auf den Roſen und ſelbſt Regen
träufelt auf ſie herunter. Damit wir aber doch nach¬
helfen, und zu jener Zeit Waſſer geben können, wo
es der Himmel verſagt, haben wir eine hohle Walze
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[217/0231] zen, die ich entweder ſelbſt gezogen oder von Blumen¬ züchtern eingeſendet erhalten hatte, in die lockere Erde geſezt. Da ſie wuchſen, wurden ſie angebunden, im Laufe der Jahre verſezt, verwechſelt, beſchnitten und dergleichen, bis ſich die Wand allgemach erfüllte. In dem Garten ſind die Vorrathsbeete angelegt worden, gleichſam die Schule, in welcher die gezogen werden, die einmal hieher kommen ſollen. Wir haben gegen die Sonne eine Rolle Leinwand unter dem Dache an¬ bringen laſſen, die durch einige leichte Züge mit Schnüren in ein Dach über die Roſen verwandelt werden kann, das nur gedämpfte Strahlen durchläßt. So werden die Pflanzen vor der zu heißen Sommer¬ ſonne und die Blumen vor derjenigen Sonne ge¬ ſchüzt, die ihnen ſchaden könnte. Die heutige iſt ih¬ nen nicht zu heiß, ihr ſeht, daß ſie ſie fröhlich aus¬ halten. Was ihr von Thau und Regen ſagt, ſo ſteht das Gitter nicht ſo nahe an dem Hauſe, daß die Ein¬ flüſſe des freien Himmels ganz abgehalten werden. Thau ſammelt ſich auf den Roſen und ſelbſt Regen träufelt auf ſie herunter. Damit wir aber doch nach¬ helfen, und zu jener Zeit Waſſer geben können, wo es der Himmel verſagt, haben wir eine hohle Walze unter der Dachrinne, die mit äußerſt feinen Löchern

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/231>, abgerufen am 25.11.2024.