Blumen sein, da er so viele Arten hege, und da die Pflanzen hier in einer Vollkommenheit zu sehen seien wie sonst nirgends.
"Ich liebe diese Blume allerdings sehr," antwor¬ tete er, "halte sie auch für die schönste, und weiß wirk¬ lich nicht mehr, welche von diesen beiden Empfindun¬ gen aus der andern hervorgegangen ist."
"Ich wäre auch geneigt," sagte ich, "die Rose für die schönste Blume zu halten. Die Camellia steht ihr nahe, dieselbe ist zart klar und rein, oft ist sie voll von Pracht; aber sie hat immer für uns etwas Fremdes, sie steht immer mit einem gewissen vornehmen An¬ stande da: das Weiche, ich möchte den Ausdruck ge¬ brauchen, das Süße der Rose hat sie nicht. Wir wol¬ len von dem Geruche gar nicht einmal reden; denn der gehört nicht hieher."
"Nein," sagte er, "der gehört nicht hieher, wenn wir von der Schönheit sprechen; aber gehen wir über die Schönheit hinaus, und sprechen wir von dem Geruche, so dürfte keiner sein, der dem Rosengeruche an Lieblichkeit gleichkömmt."
"Darüber könnte nach einzelner Vorliebe gestrit¬ ten werden," antwortete ich, "aber gewiß wird die Rose weit mehr Freunde als Gegner haben. Sie wird
Blumen ſein, da er ſo viele Arten hege, und da die Pflanzen hier in einer Vollkommenheit zu ſehen ſeien wie ſonſt nirgends.
„Ich liebe dieſe Blume allerdings ſehr,“ antwor¬ tete er, „halte ſie auch für die ſchönſte, und weiß wirk¬ lich nicht mehr, welche von dieſen beiden Empfindun¬ gen aus der andern hervorgegangen iſt.“
„Ich wäre auch geneigt,“ ſagte ich, „die Roſe für die ſchönſte Blume zu halten. Die Camellia ſteht ihr nahe, dieſelbe iſt zart klar und rein, oft iſt ſie voll von Pracht; aber ſie hat immer für uns etwas Fremdes, ſie ſteht immer mit einem gewiſſen vornehmen An¬ ſtande da: das Weiche, ich möchte den Ausdruck ge¬ brauchen, das Süße der Roſe hat ſie nicht. Wir wol¬ len von dem Geruche gar nicht einmal reden; denn der gehört nicht hieher.“
„Nein,“ ſagte er, „der gehört nicht hieher, wenn wir von der Schönheit ſprechen; aber gehen wir über die Schönheit hinaus, und ſprechen wir von dem Geruche, ſo dürfte keiner ſein, der dem Roſengeruche an Lieblichkeit gleichkömmt.“
„Darüber könnte nach einzelner Vorliebe geſtrit¬ ten werden,“ antwortete ich, „aber gewiß wird die Roſe weit mehr Freunde als Gegner haben. Sie wird
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Blumen ſein, da er ſo viele Arten hege, und da die
Pflanzen hier in einer Vollkommenheit zu ſehen ſeien
wie ſonſt nirgends.
„Ich liebe dieſe Blume allerdings ſehr,“ antwor¬
tete er, „halte ſie auch für die ſchönſte, und weiß wirk¬
lich nicht mehr, welche von dieſen beiden Empfindun¬
gen aus der andern hervorgegangen iſt.“
„Ich wäre auch geneigt,“ ſagte ich, „die Roſe für
die ſchönſte Blume zu halten. Die Camellia ſteht ihr
nahe, dieſelbe iſt zart klar und rein, oft iſt ſie voll von
Pracht; aber ſie hat immer für uns etwas Fremdes,
ſie ſteht immer mit einem gewiſſen vornehmen An¬
ſtande da: das Weiche, ich möchte den Ausdruck ge¬
brauchen, das Süße der Roſe hat ſie nicht. Wir wol¬
len von dem Geruche gar nicht einmal reden; denn
der gehört nicht hieher.“
„Nein,“ ſagte er, „der gehört nicht hieher, wenn
wir von der Schönheit ſprechen; aber gehen wir über
die Schönheit hinaus, und ſprechen wir von dem
Geruche, ſo dürfte keiner ſein, der dem Roſengeruche
an Lieblichkeit gleichkömmt.“
„Darüber könnte nach einzelner Vorliebe geſtrit¬
ten werden,“ antwortete ich, „aber gewiß wird die
Roſe weit mehr Freunde als Gegner haben. Sie wird
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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/228>, abgerufen am 25.11.2024.
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